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Statt in homöopathischen Dosen sollen die Zigarettenpreise künftig sprunghaft steigen, damit die Erhöhung eine abschreckende Wirkung für die Raucher hat. Dieser Vorschlag der Kommission für Tabakprävention stösst nicht überall auf Begeisterung.
Die Eidgenössische Kommission für Tabakprävention drängt den Bundesrat zur Abkehr von «moderaten» Preissprüngen bei Zigaretten. «Aus präventiver Optik macht es Sinn, die bisherige Politik zu verlassen und Steuerhöhungen in relevantem Ausmass anzustreben», heisst es im Jahresbericht der Kommission.
Als relevant bezeichnen die Mediziner und Präventionsexperten Steueraufschläge in der Grössenordnung von rund zehn Prozent des Preises der gängigsten Zigarettenmarke. Dieser liegt aktuell bei Fr. 8.20. Eine Schachtel würde also rund 80 Rappen teurer. «Kleine Steuererhöhungen von zehn Rappen pro Schachtel haben keine spürbare Auswirkung auf den Tabakkonsum in der Bevölkerung», sagt Kommissionspräsident Bruno Meili.
Preiserhöhung ein effektives Instrument
Der Zeitpunkt für eine Neuausrichtung der bundesrätlichen Preispolitik bei Tabakprodukten wäre günstig: Denn mit der letzten Aufstockung der Tabaksteuer um zehn Rappen Anfang April hat die Landesregierung ihren Spielraum für Erhöhungen ausgeschöpft. Vor weiteren Aufschlägen muss das Parlament grünes Licht für eine Erweiterung des Steuerrahmens geben.
Die Kommission für Tabakprävention möchte den Spielraum für Erhöhungen um 20 Prozent ausdehnen. Beim aktuellen Referenz-Verkaufspreis entspräche dies etwa Fr. 1.60 – damit wären zwei Preissprünge in der Höhe von 80 Rappen möglich.
Seine Forderung stützt das Gremium auf eine Studie von Weltbank und Weltgesundheitsorganisation (WHO), wonach Tabaksteuererhöhungen das effektivste Instrument sind, um die Nachfrage nach Zigaretten und anderen gesundheitsschädigenden Nikotinprodukten zu reduzieren. Eine Preiserhöhung von zehn Prozent führt laut der Studie in Ländern mit hohem Einkommensniveau zu einem Rückgang des Zigarettenkonsums von vier Prozent.
Aus Sicht der Kommission ist es damit erwiesen, dass markante Steueraufschläge «eine wirksame und kostengünstige Präventionsmassnahme» sind. Damit die Schweiz nicht zum Mekka für Zigarettenschmuggler wird, solle der Bundesrat «gleichzeitig flankierende Massnahmen planen».
Im Finanzdepartement stösst der geforderte Systemwechsel zu sprunghaften Steuererhöhungen nicht überall auf Begeisterung. Michael Bigler, stellvertretender Chef der Sektion Tabak bei der Oberzolldirektion, äussert sich auf Anfrage skeptisch: «Mit steigenden Preisen erhöht sich für den Raucher der Anreiz, die Tabakfabrikate kostengünstiger im Ausland zu besorgen oder auf Drehtabak umzusteigen.» Für die Hersteller und Händler, aber auch die Tabaksteuereinnahmen generell sei dies keine wünschenswerte Entwicklung.
Kommissionspräsident Meili erklärt: «Rein finanzpolitisch betrachtet, sind in erster Linie jene Preiserhöhungen interessant, die die Erträge steigern, ohne den Absatz zu schmälern.» Die Zahlen stützen diese These: Während der Zigarettenkonsum in den letzten zwanzig Jahren deutlich gesunken ist, haben sich die Einnahmen aus der Tabaksteuer auf annähernd 2,5 Milliarden Franken erhöht und damit mehr als verdoppelt. Trotzdem will Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf das Anliegen der Kommission bei der anstehenden Revision des Tabaksteuergesetzes dem Vernehmen nach mittragen.
Nicht nur an der Preisfront, auch beim Sponsoring und bei den Werbevorschriften brechen für die Zigarettenhersteller härtere Zeiten an. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) brütet über einem Entwurf für ein komplett neues Tabakproduktgesetz. Dieses soll die Grundlage für die Ratifizierung des WHO-Abkommens zur Eindämmung des Tabakgebrauchs bilden. Der völkerrechtliche Vertrag beinhaltet Massnahmen von der Einschränkung des Tabaklobbyings bis zu einem Werbeverbot. Neben Bosnien, Kolumbien, El Salvador, den USA und Haiti ist die Schweiz eines von wenigen Ländern, die das Abkommen noch nicht ratifiziert haben.