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Schweiz
In Aarau diskutierte am Donnerstagabend eine prominent besetzte Runde die Rolle der Medien in der direkten Demokratie. Zentrale Frage: Was müssen Medien in einer direkten Demokratie leisten?
Es war ein Gespräch unter umgekehrten Vorzeichen: Die Aargauer Ständerätin Pascale Bruderer begrüsste als Moderatorin (und studierte Politologin) auf dem Podium die SRF-Journalistin Susanne Wille, den Kommunikationsberater Iwan Rickenbacher, den Medienunternehmer Roger Schawinski und AZ-Medien-Verleger Peter Wanner.
Zum neunten Mal führt das Zentrum für Demokratie Aarau die Demokratietage durch. In Zeiten von Fake News und «alternativen Fakten» drängt sich mehr denn je die Frage auf, was für eine Rolle die Medien im demokratischen Staat spielen – und spielen sollen. Der Aargauer Bildungs- und Kulturdirektor Alex Hürzeler sagte in seiner Begrüssungsrede, es sei eine grosse Herausforderung für die Schulen, politische Bildung und die Vermittlung von Medienkompetenz angemessen zu unterrichten.
Das Einstiegsreferat hielt Katharina Kleinen-von Königslöw. Sie ist Professorin für Kommunikationswissenschaften an der Uni Hamburg und Expertin für digitalisierte Kommunikation. Sie hat die Nutzung der Schweizer Medienlandschaft und deren Veränderungen untersucht. Es gebe heute unter anderem eine zunehmende Individualisierung der klassischen Mediennutzung, sagte Kleinen-von Königslöw. Es werde immer schwieriger, online zwischen klassischen Qualitätsmedien und Angeboten auf Plattformen wie Facebook oder Bluewin zu unterscheiden, die nur möglichst viele Klicks und damit Werbeeinnahmen generieren wollten. Die traditionellen Medien hätten die dringende Aufgabe, ihren Qualitätsanspruch und ihren guten Ruf zu bewahren.
Dem stimmten auch die Podiumsteilnehmer zu. Schawinski forderte etwa von den Medien selbstkritisch mehr Ernsthaftigkeit, aber auch eine Haltung. Es sei eine Erbsünde des Journalismus, Medieninhalte gratis zu verteilen. Wille sagte mit Blick auf die Kommentarspalten der Online-Medien, Journalisten seien heute angreifbarer, müssten aber auch vom hohen Ross herunterkommen und sich der direkten Kritik des Publikums stellen. Das wiederum sei positiv.
Rickenbacher sagte, eine der Hauptaufgaben des Journalismus sei es nach wie vor, Dinge hinter dem Ofen hervorzuziehen, die manche gerne dahinter verstecken würden. Die traditionellen Medien könnten Facebook nur durch bessere Qualität übertreffen. Wanner forderte, das soziale Netzwerk müsse seine Inhalte nicht zensurieren, sondern vielmehr kuratieren. Und die klassischen Medien müssten auch komplexe, seriöse Geschichten «gut verständlich und appetitlich» verkaufen. Das sei für eine lebendige Demokratie heute «wichtiger denn je».
Pascale Bruderer kam, auch als Politikerin, zum Schluss, dass es nicht zuletzt Raum, Zeit und Tiefe brauche, um in einer direkten Demokratie komplexe Sachverhalte qualitätvoll darzustellen.
Die Aarauer Demokratietage gehen heute weiter mit verschiedenen Diskussionsrunden, ab 9.15 Uhr im Kultur- und Kongresshaus Aarau. Die Teilnahme ist kostenlos.