In Südbaden ist sie beliebt – doch bundesweit kann sich das Schweizer Nationalgetränk nicht behaupten: Der Rivella-Konzern gibt den Versuch auf, seine Milchsäurebrause im deutschen Handel zu vertreiben.
"Nein, Rivella führen wir nicht mehr." Diese Auskunft erhalten Fans des Schweizer Erfrischungsgetränks auf Milchsäurebasis dieser Tage in regionalen Lebensmittelgeschäften. Dabei handelt es sich um keinen temporären Lieferengpass.
Das Aus für das eidgenössische Kultgetränk kommt von ganz oben. Die Rivella-Konzernleitung im schweizerischen Rothrist hat Anfang des Jahres entschieden, die Milchsäurebrause vom deutschen Markt zu nehmen. Der Versuch, sich hierzulande zu etablieren, sei gescheitert, erklärt Thomas Warring, Leiter der internationalen Geschäfte.
Wir haben uns auf dem stark umkämpften Getränkemarkt in Deutschland als Schweizer Produkt nicht durchsetzen können.
(Quelle: Thomas Warring, Leiter der internationalen Geschäfte von Rivella)
"Wir haben uns auf dem stark umkämpften Getränkemarkt in Deutschland als Schweizer Produkt nicht durchsetzen können und wir sehen keine Entwicklungsperspektiven", fasst Warring die Entscheidung nüchtern zusammen. Da habe man, auch wenn es schwer gefallen sei, einen Schlussstrich unter eine Jahrzehnte dauernde Offensive ziehen müssen.
Immerhin müsse man berücksichtigen, dass der Aufwand, den Rivella als Hersteller aus einem Nicht-EU-Land betreiben müsse, um nach Deutschland liefern zu dürfen, hoch sei. Nicht nur, dass die Margen im Handel für das Getränk ausschließlich in der Schweiz produziert wird, wegen der in der Schweiz verhältnismäßig hohen Lohn und Herstellungskosten sehr gering ausfallen. Zu einem wesentlichen Hemmnis habe sich das deutsche Pfandsystem entwickelt.
"Wir bedauern das sehr", erklärt Karsten Pabst, Mitgeschäftsführer bei der Binzener Firma Hieber, als einem der größten Lebensmitteleinzelhändler in der Region. Die Schweizer Getränkespezialität erfreute sich hier nämlich, so wie im gesamten Getränkehandel in der Region, großer Beliebtheit – so groß, dass man bei Hieber selbstbewusst davon spricht, dass in den verschiedenen Filialen rund zehn Prozent des Deutschlandgeschäfts von Rivella gemacht wurde.
Dass man die Flaschen mit den markanten einfarbigen Banderolen – rot steht für den Klassiker, blau für die kalorienarme Variante und grün für einen Grünteezusatz, wozu in den vergangenen Jahren weitere Geschmacksrichtungen etwa mit Pfirsich, Rhabarber, lokal begrenzt auch Cranberry oder Mango hinzukamen – nicht mehr anbieten könne, sei ärgerlich, lege aber ein Dilemma der Marke offen: Während sie im süddeutschen Raum, speziell im Grenzgebiet zur Schweiz bekannt und recht beliebt sei, habe sie sich in Norddeutschland nicht durchsetzen können.
"Da gibt es ein echtes Gefälle, aber das haben wir in den vergangenen Jahrzehnten trotz vielerlei Anstrengungen nicht beseitigen können", räumt Warring ein. Für den süddeutschen Raum alleine würde sich aber der Aufwand beim Abfüllen und im Vertrieb nicht lohnen. "Wir brauchen für Deutschland etwa eigene Etiketten, die speziell auf die Anforderungen der DPG gedruckt werden müssen. Dazu kommen weitere Auflagen der DPG, die für uns als Hersteller in einem Land, das nicht zur EU gehört, einfach einen zu großen Aufwand bedeuten".
Dabei wäre Rivella nach wie vor interessiert, den süddeutschen Markt zu beliefern, räumt Warring ein – und stellt es den Einzelhändlern frei, sich selbst um die EU-Einführung und die DPG-Lables zu kümmern. Doch dieses Angebot entlockt Karsten Pabst kaum mehr als ein Schulterzucken. Es sei ein "No-Go", als Einzelhändler für ein Produkt solch einen Aufwand zu betreiben. Schließlich gehe es bei der Einführung auch um Frage der Produkthaftung.
"Da ist ein Verkauf von Rivella aufgrund der hohen gesetzlichen Vorgaben einfach nicht realisierbar", fasst er die Situation in Bezug auf die klassische PET-Flasche zusammen. Spannend so Pabst, sei diese Entwicklung im Übrigen auch vor dem Hintergrund des Brexits. Er hoffe allerdings, dass sich die britischen Lebensmittelhersteller selbst anstrengen, um gegebenenfalls die Zugangsbedingungen zur EU erfüllen zu können.
Auch die Kölner Rewe-Gruppe, die ihre regionale Stellung durch die Übernahme der früheren Migros-Märkte in Lörrach oder Freiburg 2013 ausgebaut hatte, hat sich von der Kultbrause verabschiedet. Nach dem Rückzug des Herstellers aus dem deutschen Markt mangels Nachfrage bräuchte es einen Importeur, erklärt Rewe-Sprecher Thomas Bonrath auf Anfrage. Diese Rolle werde der Konzern aber nicht übernehmen – zumal sich seine Erfahrungen mit denen des Herstellers deckten und es das Produkt ohnehin nur in Rewe-Märkten im Südwesten gegeben habe. Insofern werde Rivella nun auch in den grenznahen Rewe-Märkten nicht mehr angeboten.
Ganz auf das Getränk verzichten müssen die Rivella-Liebhaber in der Region aber nicht. Die im Marcher Ortsteil Hugstetten ansässige Firma Südstar, die vor allem die Gastronomie beliefert, hat sich den Deutschlandvertrieb von Rivella gesichert – allerdings nur in der 0,33-Liter Glasflasche, die Südstar über Frankreich bezieht. Damit seien alle EU-Vorgaben erfüllt, erklärt Sylvester Sartorius, der bei Südstar den Einkauf leitet. Für die im Einzelhandel beliebte PET-Flaschen gebe es auch für den Getränkegroßhändler keine Möglichkeit, sie wieder auf den deutschen Markt bringen zu können.