Neuer Vorstand
Gewerbeverband steht vor Umbruch – Wahl entscheidet über künftigen Kurs

Acht Kandidaten wollen einen der drei Sitze im Vorstand. Die Wahl entscheidet über den künftigen Kurs.

Roger Braun
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Der Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes Hans-Ulrich Bigler.

Der Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes Hans-Ulrich Bigler.

KEYSTONE/LUKAS LEHMANN

Er ist die wohl umstrittenste Lobbyorganisation: der Schweizerische Gewerbeverband. Mit der aggressiven Kampagne gegen die SRG hat sich die Führung um Direktor Hans-Ulrich Bigler (FDP) und Präsident Jean-François Rime (SVP) viele Feinde geschaffen – nicht nur bei politischen Gegnern, sondern auch im Verband selber. Angesichts des Rechtsdralls des Verbands überlege er sich einen Austritt, sagte beispielsweise der Schwyzer CVP-Nationalrat und Bierbrauer Alois Gmür.

Unter diesen Vorzeichen wählen die gegen 100 Mitglieder der Gewerbekammer am 4. Juli einen neuen Vorstand. Es ist auch eine Entscheidung darüber, ob der Verband seinen kompromisslosen Kurs weiterführt.

Bereits im Vorfeld ging es drunter und drüber. Eigentlich wollte der Verband die zwei freien Sitze bereits im Mai ersetzen, doch unerwartet – und gegen den Willen des Vorstands – sprach sich die Vollversammlung des Gewerbes für eine Alterslimite und für eine Amtszeitbeschränkung für Vorstandsmitglieder aus. Die Wahl musste darauf verschoben werden.

Offiziell begründen die Befürworter der Altersguillotine die Statutenänderung mit der Digitalisierung, die eine Verjüngung nötig mache. Allerdings ist es ein offenes Geheimnis, dass viele Gewerbler auch zugestimmt haben, um die Führungsriege elegant auswechseln zu können. Im Hinblick auf die kommende Wahl fällt einzig der Kommunikationsberater Robert Gubler der Alterslimite von 68 Jahren zum Opfer. In zwei Jahren gesellen sich dann aber auch Präsident Rime, Alt-Nationalrat Ruedi Lustenberger und Personalvermittler Georg Staub dazu. Weiter ist der Abgang Sylvia Flückigers absehbar, nachdem die 66-jährige Aargauerin angekündigt hat, nicht mehr für den Nationalrat zu kandidieren.

Damit wechselt der Verband innerhalb von zwei Jahren die Hälfte der 15 Vorstandsmitglieder aus. Mit Blick auf diesen Umbruch drängen nicht weniger als acht Kandidaten auf die drei freien Sitze. Je nach Wahlausgang könnte sich der Kurs des Verbands bereits in naher Zukunft mässigen. Mitentscheidend dürfte sein, ob es die CVP schafft, ihre zwei Sitze zu halten. Zur Wahl steht der Innerrhoder CVP-Ständerat Ivo Bischofberger (für Ratskollege Jean-René Fournier). Auch wenn Bischofberger kein Unternehmer ist: Seine Chancen stehen gut, da er als einziger Kandidat Zugang zum Ständerat hat. Aus dem Nationalrat stellen sich Hansjörg Brunner (FDP/TG) und David Zuberbühler (SVP/AR) zur Wahl. Brunner präsidiert als Druckereiunternehmer den Thurgauer Gewerbeverband und kann auf die traditionell gute Verankerung der FDP im Gewerbe zählen. Zuberbühler würde als Schuhhändler neu die Anliegen des Detailhandels einbringen.

Wer von den Bundesparlamentariern die Wahl schafft, der dürfte in zwei Jahren auch ein Wort beim Kampf um das Präsidium mitreden. Nach den absehbaren Rücktritten von Rime und Flückiger verbleibt FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger als einzige Parlamentarierin im Vorstand. Und da beim Gewerbeverband ein Parlamentsmandat traditionell Voraussetzung ist für das Präsidium, dürften Bischofberger, Brunner und Zuberbühler im Falle einer Wahl automatisch zu aussichtsreichen Nachfolgern von Rime werden.

Ob alle drei die Wahl schaffen, ist allerdings zweifelhaft. Gute Chancen räumen Insider dem Präsidenten des Zürcher Gewerbeverbands, Werner Scherrer, ein. Er soll nach Gublers Abgang den Wirtschaftsstandort Zürich vertreten. Auch dem Zentralpräsidenten der Schweizer Elektroinstallationsfirmen, Michael Tschirky, werden intakte Chancen eingeräumt. Wie Gmür gilt auch Tschirky als Kritiker der aktuellen Führungsriege.