Mit der von Kantonsrätin Irene Froelicher vorgeschlagenen Abkehr von der Kopfsteuer könnte Breitenbach 240 000 Franken im Jahr sparen. Trotzdem ist der Gemeinderat dagegen.
Roland Bürki
Seit Jahren ächzen vor allem kleinere, finanzschwache Gemeinden im Kanton Solothurn unter der drückenden Last der jährlich ansteigenden Sozialkosten, welche ihren Handlungsspielraum massiv einschränken. Dies hat auch die Lommiswiler Kantonsrätin Irene Froelicher (FdP) erkannt und den Regierungsrat aufgefordert, «die Gesetzgebung, insbesondere die Sozialgesetzgebung, so abzuändern, dass der Lastenausgleich Soziales unter den Einwohnergemeinden nach deren Leistungsfähigkeit, das heisst entsprechend dem Staatsteueraufkommen der jeweiligen Gemeinde erfolgt».
Problem nicht an der Wurzel gepackt
«Heute kommen die Aufwendungen für Ergänzungsleistungen, Alimentenbevorschussung, Arbeitslosen-, Sucht- und Sozialhilfe aller Gemeinden in einen Topf, den Lastenausgleich Soziales», führte an der Sitzung des Breitenbacher Gemeinderats der Finanzchef und Kantonsrat Christian Thalmann (FdP) das Gremium an das «Meccano» des Lastenausgleichs heran.
Der Gesamtaufwand werde dann durch die Anzahl Kantonseinwohner geteilt und ein pro Kopf-Betrag ermittelt. «Ich finde das gerecht», urteilte Thalmann. Grössere Gemeinden zahlten ihrer Einwohnerzahl entsprechend mehr, kleinere weniger. «Eigentlich müsste ich als Schwarzbube den angestrebten Wechsel von der Belastung nach Einwohnern zur einer solchen nach Leistungsfähigkeit aber unterstützen, weil fast alle Gemeinden im Thierstein davon profitieren», bekannte Thalmann, warnte aber gleichzeitig: «Damit wird das Problem nur verlagert und nicht an der Wurzel gepackt.»
Trotz der für Breitenbach prognostizierten Senkung der Sozialausgaben um rund 240 000 Franken pro Jahr wollte der Rat vom Systemwechsel erstaunlicherweise nichts wissen. Die galoppierende Kostenexplosion im Sozialbereich werde dadurch nicht gestoppt, sondern noch gefördert, und nötige Strukturänderungen würden aufgeschoben, lautete der Tenor. Mit dem Hinweis auf mehr Selbstverantwortung waren auch Stimmen für eine Rückkehr des seinerzeitigen Selbstbehalts von 30 Prozent zu hören. Zudem sei es einfach noch zu früh für Korrekturen am neuen Sozialgesetz. Breitenbach wird dies der Kantonsrätin noch mitteilen.
Mehrzahl der Dörfer würde profitieren
Anders urteilt Edith Hänggi (CVP), Finanzverwalterin in Meltingen und ehemalige Präsidentin der Finanzkommission des Kantonsrats: «Die Lösung ‹Froelicher› ist die gerechtere.» Alle Gemeinden rundum drohten auszubluten, denn Bildung und Soziales liessen sie nicht aus den roten Zahlen kommen. Dieser kleine, schnelle Schritt sei deshalb für die Gemeinden existenziell, eine Strukturänderung, die Revision des Finanzausgleichs, daure erfahrungsgemäss Jahre.
Den Vorwurf der ungebremsten Kostenexplosion will sie nicht gelten lassen: «Der Kanton kontrolliert jede Kostengutsprache gründlich.» Noch zweifelt Hänggi aber, ob Froelichers Vorstoss im Parlament eine Mehrheit findet. Auch für Werner Hartung (FdP), Gemeindepräsident von Büsserach, ist dieser Vorstoss seiner Meinung nach exakt richtig: «Er würde viele Gemeinden sofort entlasten.» Er werde das Thema an der nächsten Ammännerkonferenz zur Sprache bringen. Gemäss der Modellrechnung entlastet die vorgeschlagene Lösung 101 und belastet 24 Gemeinden, vor allem die Städte.
Der Dornacher Gemeindepräsident Kurt Henzi (FdP) hat vom Vorstoss gehört, ist aber alles andere als begeistert: «Die Zentrumsgemeinden kommen überall zur Kasse.» Nach den höheren Lehrerbesoldungen müsste Dornach nun auch massiv mehr Soziallasten von gegen 700 000 Franken tragen. Dabei weise Dornachs Budget 2010 in der Laufenden Rechnung trotz gestrichener 800 000 Franken noch immer ein Defizit von 600 000 Franken auf, betont Henzi die nicht mehr so rosigen Zeiten.