Forschende der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW wollen Menschen, die unter der Sprachstörung Aphasie leiden, helfen, ihr Sprechvermögen zurückzuerlangen. Mit einer App soll künftig Training auf digitalem Weg möglich sein.
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«Blume!» – Gefühl und Verstand haben die duftende gelbe Grünpflanze richtig erkannt, doch beim Sprechversuch kommt statt «Blume» das Wort «Milch» über die Lippen oder das Wort «Bluse» oder ein Satz wie «Fisch arbeiten gehen» – oder gar kein Wort. Falsche Wörter, Wortfindungsstörungen oder eine verkehrte Grammatik sind nur einige Beispiele für Sprachstörungen, die Fachleute unter dem Begriff Aphasie zusammenfassen. Allein in der Schweiz erleiden jedes Jahr mehrere tausend Menschen eine Aphasie. Die Ursache ist stets eine Schädigung des Gehirns, verursacht durch einen Schlaganfall, einen Tumor oder eine Verletzung. Die Betroffenen können klar denken, sich aber nicht mehr verständigen. «Diese fehlende Kommunikationsfähigkeit mit ihren Mitmenschen belastet die Betroffenen und erschwert ihren Alltag sehr, viele fühlen sich isoliert und unverstanden», erklärt Simone Hemm, Wissenschafterin der Neurotechnik an der Hochschule für Life Sciences FHNW.
Deshalb hat ein interdisziplinäres Team aus drei Hochschulen der FHNW einen Prototyp einer App für Tablet-Computer entwickelt, die künftig das analoge Therapieangebot zur Behandlung von Aphasie ergänzen soll. Das interdisziplinäre Projekt heisst E-Inclusion (digitale Teilhabe). «Unser Ziel ist es, dass die Betroffenen nach einem Einführungstraining in der Logopädie mithilfe der App allein zu Hause weiterüben können», sagt Anja Blechschmidt, Spezialistin für Sprachtherapie an der Pädagogischen Hochschule (PH) FHNW. Zudem unterstützt die App auch die logopädischen Fachpersonen während der Therapie mit ihren Patientinnen und Patienten. Gemeinsam können sie am Tablet verschiedene Aufgaben lösen.
Wie in der klassischen Sprachtherapie wird auch bei der digitalen Therapie mit Bildern gearbeitet, auf denen Alltagsgegenstände oder Handlungen zu sehen sind. Dazu gehören beispielsweise ein Bohrer, ein Tiger oder die Abbildung der Tätigkeit «schwimmen». Die von Aphasie Betroffenen müssen die Bilder erkennen und die dazugehörigen Begriffe nennen, worauf sie in der App eine visuelle Rückmeldung bekommen.
«Die Entwicklung der App war nur dank der Zusammenarbeit mit über zwanzig Spitälern, Reha-Einrichtungen und Logopädiepraxen möglich», betont Hemm. «Wir haben viele wertvolle Anregungen aus der Praxis erhalten.» Für die App, die derzeit bei den Praxispartnern in Studien getestet wird, haben Forschende der PH FHNW 130 Begriffe ausgewählt, die einem alltagsrelevanten Wortschatz entsprechen und aus Verben und Nomen bestehen. Neben der Wortart war es den Forschenden wichtig, auch schweizerdeutsche Wörter zu untersuchen: «Wir wollten mit unserer App auch eine Übungsmöglichkeit für Personen entwickeln, denen Schweizerdeutsch vertrauter ist als Hochdeutsch», sagt Sandra Widmer von der Pädagogischen Hochschule FHNW. «Sie sollen die Wörter, wenn sie möchten, in Mundart nennen können.»
Für all die Begriffe haben Claire Reymond und ihr Team von der Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW jeweils identische Abbildungen als Farbfotografie und als farbige Illustration erstellt. «Aktuell ist nicht klar, welche Art von Bildern für Menschen mit Aphasie am einfachsten verständlich sind und somit den Wortabruf erleichtern» sagt die Bildspezialistin. Deshalb untersuchen die Forschenden, welche von diesen beiden Bildarten sich für die Therapie und Diagnostik von Sprachstörungen am besten eignet.
Hemm und ihr Team haben die App und eigens dafür Algorithmen auf der Basis von maschinellem Lernen entwickelt, welche die gesprochenen Wörter erkennen und die Geschwindigkeit messen, mit der jemand ein gezeigtes Bild korrekt benennt – und wie schnell dies im Vergleich zur letzten Therapie geht. Damit können Menschen mit Aphasie künftig nicht nur digital trainieren, sondern sie sehen auch gleich, welche Fortschritte sie machen. Es zählt jedes zurückgewonnene Wort.
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