Spektakuläre Wende im Zwist um das Frauenteam: Der EC Wil macht den Rückzug rückgängig – doch der Teamgründer muss gehen

Der Vorstand des EC Wil hat dem Frauenteam das Angebot gemacht, den Rückzug rückgängig zu machen. Die Equipe dürfe also wieder für den EC Wil spielen – unter der Bedingung, dass Teamgründer Marcel Herzog und Teamleiter Sandro Brasi nicht mehr dabei sind. Die Frauen haben dem zugestimmt. Das letzte Wort liegt nun beim Schweizer Eishockeyverband.

Tim Frei
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Sofern der Verband sein Einverständnis gibt, spielt das Frauenteam des EC Wil (in schwarzen Trikots) auch in der nächsten Saison in der zweithöchsten Frauenliga. (Bild: Tim Frei)

Sofern der Verband sein Einverständnis gibt, spielt das Frauenteam des EC Wil (in schwarzen Trikots) auch in der nächsten Saison in der zweithöchsten Frauenliga.
(Bild: Tim Frei)

Es ist eine Wende in der Geschichte um das Frauenteam, die vor ein paar Tagen noch nicht für möglich gehalten wurde: Am Donnerstagnachmittag hat der Gesamtvorstand des EC Wil entschieden, dass der Teamrückzug vom Meisterschaftsbetrieb der bevorstehenden Saison rückgängig gemacht wird. Wie kam es einen Tag vor der Hauptversammlung zu dieser Kehrtwende?

Am Dienstag informierten die vier Spielerinnen, die in der vergangenen Woche an die Sitzung des Vorstands eingeladen waren, in einer Teamsitzung über ein Angebot der Vereinsführung. Sein Inhalt: Der Rückzug werde rückgängig gemacht, die Equipe dürfe also wieder für den EC Wil spielen – unter der Bedingung, dass Teamgründer Marcel Herzog und Teamleiter Sandro Brasi nicht mehr dabei sind.

«Zum Wohl der Spielerinnen gehandelt»

Präsident Roger Dietschweiler bestätigt: «Der Gesamtvorstand hat den Spielerinnen an der Sitzung dieses Angebot unterbreitet. Aus dem Grund, weil das Frauenteam in eine Sackgasse geraten ist – also zum Wohl der Spielerinnen und des Sports.» Weshalb er Herzog und Brasi nicht mehr dabei haben will, sagt er vorerst nicht.

Als Herzog an der Teamsitzung vom Angebot erfährt, fordert er von den Spielerinnen die Vertrauensfrage. Herzog sagt:

«Sie sollten darüber abstimmen, ob sie für den Vorschlag des Präsidenten oder für meinen Antrag sind.»

Herzog und Brasi machen Weg zu Gunsten der Frauen frei

Sein Antrag sieht ebenfalls vor, dass der Rückzug zurückgezogen wird. «Mit dem Unterschied, dass wir den Grossteil selber finanziert hätten», so Herzog. Die Abstimmung fällt zu Gunsten des Angebots des Vorstands aus.

Am Mittwochnachmittag teilen die Spielerinnen dem Vorstand mit, dass sie wieder für den EC Wil spielen möchten. Herzog sagt: «Wir machen den Weg frei, damit die Frauen spielen können.»

Erleichterung bei Spielerinnen

Am Donnerstagmittag trifft der Vorstand den Entscheid zu Gunsten des Frauenteams. Dem geht ein Statement der Spielerin Nadja Dierauer voraus, das den Präsidenten am Vormittag erreichte. Sie bedankt sich beim Vorstand:

«Wir sind überglücklich, dass wir die nächste Saison unter dem EC Wil spielen dürfen.»

Was passiert sei, müsste das Team so schnell wie möglich auf die Seite legen und vergessen. Der Fokus liege jetzt eindeutig wieder auf dem Sportlichen. «Wir verfügen in dieser Saison über ein sehr motiviertes Team, mit dem wir vorne mitmischen wollen», so Dierauer weiter.

Verband hat das letzte Wort

Weil die Meldefrist für den Meisterschaftsbetrieb bereits am 30. April abgelaufen ist, stellt sich nun die Frage, ob das Frauenteam nach dem Rückzug vom Rückzug überhaupt an der bevorstehenden Meisterschaft teilnehmen darf. «Wir wurden am Donnerstagnachmittag vom EC Wil über das Rückgängigmachen des Rückzugs informiert», sagt Manuela Hess, Medienchefin des Schweizerischen Eishockeyverbands SIHF.

«Ob das Team am Meisterschaftsbetrieb der SWHL-B teilnehmen darf, wird von Seiten des Verbands entschieden.» Es sieht jedoch gut aus, hat der EC Wil doch die Zustimmung aller NLB-Vereine, also auch jene vom EHC Kreuzlingen-Konstanz.

Kaderzusammensetzung noch unklar

Wie das Kader konkret aussehen wird, ist noch offen. «Sowohl was den Trainerposten als auch die Spielerinnen betrifft», sagt Dietschweiler. Klar ist jedoch, dass das Team aus nur zwölf Spielerinnen bestehen wird.

Auslöser der Unruhe der vergangenen Tage und Woche um den EC Wil war der vom Vorstand beschlossene Rückzug. «Es hatte keine finanziellen Gründe», sagt Dietschweiler und fügt an:

«Der Staff des Frauenteams hat uns keine Teamlisten gegeben, so bestand aus unserer Sicht gar keine Frauenequipe. Deshalb haben wir damals den Rückzug vom Meisterschaftsbetrieb beschlossen.»

Präsident dementiert Maulkorb

Weil jetzt ein Team da sei, habe man den Rückzug rückgängig gemacht. Dietschweiler bedauert die Geschehnisse der vergangenen Wochen.

«Das wäre alles nicht nötig gewesen. Nun begrüssen wir die Frauen aber zurück in unserem Verein.»

Zum verhängten Maulkorb, über den die Spielerinnen laut Aussagen des Frauenstaffs berichtet hätten, sagt Dietschweiler: «Einen solchen gab es nie.» Der Vorstand habe die Spielerinnen lediglich darüber informiert, dass er einen Anwalt beigezogen habe zur eigenen Unterstützung und für rechtliche Aspekte im Verein, die aber nichts mit dem Frauenteam zu tun hätten.

Die 138. Hauptversammlung des EC Wil findet am Freitagabend um 19.30 Uhr in der Aula Lindenhof statt.