Zum Jubiläum: Windbläss zeigt sich in Bestform

Zu seinem 10-jährigen Bestehen präsentierte sich Windbläss mit einem besonderen Konzert in der Webstube Bühl. Das ständige Ensemble des Vereins Hausorgel Toggenburg intonierte neue Kirchenmusik im Volkston, für einmal ohne Wolfgang Sieber.

Peter Küpfer
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Das Ensemble: Markus Meier, Heidi Preisig, Darina Spinnler, und Heltin Guraziu (von links). (Bild: Peter Küpfer)

Das Ensemble: Markus Meier, Heidi Preisig, Darina Spinnler, und Heltin Guraziu (von links). (Bild: Peter Küpfer)

Die Konzerte nach der jährlichen Hauptversammlung in der heimeligen Webstube Bühl hoch über Nesslau gehören zur Tradition. Wie in den Programmen der vergangenen zehn Jahre kombinierte Windbläss auch zu seinem Jubiläumskonzert volkstümliches Erbe mit Offenheit gegenüber der Moderne, meistens gepaart mit einem Schuss Humor. Diese Ingredienzien kamen auch beim ganz unpathetischen, dafür umso attraktiveren Jubiläumskonzert zum Tragen: Exponenten der windblässigen Hausmusik (Darina Spinnler, Violine; Markus Meier, Blockflöte; Heidi Preisig-Bollhalder, Hausorgel) und als Gast Heltin Guraziu (Kontrabass) spielten die «Neue Kirchenmusik im Volkston in 7 Teilen» von Fabian Müller (geb. 1964).

Besinnlich-lüpfig mit Tanzfreude

Das zeitgenössische Werk des gefragten Zürcher Komponisten wurde im Vorjahr komponiert und war eine Auftragsarbeit für die Zürcher Kunst-Klang-Kirche. Geschrieben für Orgel oder Harmonium und weitere Instrumente, wurde Müllers Komposition der Windbläss-Formation angepasst. Und noch ein Kunststück vollbrachten die wendigen Windblässe: Erst kurze Zeit vor dem Konzert erhielten sie die Nachricht, Wolfgang Sieber habe sich an der Schulter verletzt und könne nicht teilnehmen. Natürlich wären Cembaloklänge, gespielt vom Toggenburger Meister, wohl noch das Sahnetüpfchen gewesen − die Windblässe kompensierten den Ausfall jedoch spielend, im Doppelsinn des Wortes.

Wie viel Arbeit und Engagement hinter dem Konzert stand, konnte man ahnen. Die Windblässe musizierten mit Hingabe, gewohnter Präzision und sichtlicher Freude. Fabian Müllers Musik war zwar nicht widerstandslos eingängig, aber auch nicht modernistisch-experimentell. Das Besinnliche an ihr atmete Licht, Luft und Leichtigkeit. Lüpfiges intonierte das gut aufeinander eingespielte Team besinnlich und Besinnliches durchwoben mit Tanzfreude.

Dies nicht nur in dem vom Komponisten als «Humoreske» bezeichneten Stück, auch bei anderen, hin und wieder auch ernst-wehmütigeren Klängen. Liedhaftes erinnerte in warmen Molltönen an «Simmelibärg», in anderen Teilen vermeinte man wie von ferne ein Zäuerli zu vernehmen oder die Dorfmusik ihr «Zoge n am Boge, de Landamma tanzäd» spielen zu hören.

Orgelschicksale neu entdeckt

Jost Kirchgraber. (Bild: Peter Küpfer)

Jost Kirchgraber. (Bild: Peter Küpfer)

Jost Kirchgraber steuerte zwischen den einzelnen Sätzen von Müllers neuer Kirchenmusik sechs Anekdoten aus den Schicksalen von Toggenburger Hausorgeln bei. Er konnte sich dabei nicht nur auf sein immenses kunst- und musikhistorisches Wissen abstützen, sondern auch auf viel Selbsterlebtes im Zuge seiner eigenen Forschungstätigkeit. Nicht immer waren sich Erben alter Hausorgeln bewusst, was für Schätze sich in ihren Firstkammern erhalten hatten (siehe Zweittext). Die pointiert im schönsten Dialekt vorgetragenen Hausorgelschicksale gingen unter die Haut − es wurde deutlich, wie eng sie auch mit den menschlichen zusammenhingen.

Wenn Studenten mit Orgelpfeifen fechten

Jost Kirchgraber erwähnte in seinen «Orgelschicksalen» auch den Fall einer Hausorgel aus der Hand von Hans Melchior Grob, die er vor 40 Jahren in der unbenutzten Firstkammer im Altbau eines Wildhauser Hotels angetroffen hatte − es sei nur noch eine Ruine mit schadhaften Pfeifen gewesen, von denen einige beschädigt am Boden lagen. Ja, sagte die Wirtin, vor Zeiten habe das Hotel im Altbau halt auch weniger betuchte Gäste beherbergt, unter anderem Studenten.
Die hätten mit den Orgelpfeifen Fechtübungen abgehalten. Die wertvolle Orgel mit Baujahr 1794 wurde später mithilfe von Sponsoren fachmännisch restauriert. Der damalige Restaurator war niemand anderer als Markus Meier, der sich zu dieser Zeit in seiner Ausbildung bei Orgelbauer Manfred Mathis in Näfels befand.