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Margrit Zürcher ist das Samariterwesen richtig ans Herz gewachsen. Sie hat eine First Responder Gruppe in Ebnat-Kappel aufgebaut, eine Help-Jugend auf die Beine gestellt und steht zur Wahl als Samariterin des Jahres.
Der Samariterverband St.Gallen-Fürstentum Liechtenstein organisiert zum dritten Mal in Folge die Wahl zum Samariter des Jahres. Eine Fachjury wird am Samstag, 7.März, aus den fünf Finalistinnen und Finalisten die Siegerin oder den Sieger erküren. Die ursprünglich vorgesehene öffentliche Feier musste hingegen wegen des Corona-Virus abgesagt werden.
Die Idee zur Nominierung von Margrit Zürcher hatten Ursula Forrer, Präsidentin des Samariterverbandes St.Gallen-Fürstentum Liechtenstein, und ihr Team. Sie empfahlen die Toggenburgerin, weil sie im Juli vor einem Jahr in Ebnat-Kappel eine First-Responder-Gruppe aufgebaut und in Zusammenarbeit mit der lokalen Feuerwehr realisiert hatte.
«Allein in Ebnat Kappel sind wir 17 First Responder und wir wurden schon dreimal aufgeboten, meist in der Nacht. Es ist schön für uns, mit der Feuerwehr zusammenzuarbeiten», sagt Margrit Zürcher und schwärmt von der Situation. Sie sagt:
«Das veraltete Image, Samariterinnen und Samariter hätten Wolldecken zu verteilen und Tee zu kochen, stimmt längst nicht mehr.»
Margrit Zürcher betont weiter: «Wir First Responder schliessen die Lücke zur Rettungskette.»
Seit 25 Jahren ist sie im Samariterverein Ebnat-Kappel aktiv und leitete den Verein 19 Jahre lang. Am 21.Februar gab sie ihren Rücktritt als Präsidentin bekannt. «Zahlen sagen mir nichts. Klar hätte ich das 20. Präsidentenjahr noch machen können, aber ich wollte früher schon nach 15 Jahren abgeben.» Nun hätten sie eine Nachfolgerin gefunden. Margrit Zürcher wird die neue Präsidentin bei ihrem Einstieg begleiten. Denn:
«Mir ist der Samariterverein richtig ans Herz gewachsen.»
Und nicht nur dies, Margrit Zürcher engagiert sich auch für den Samariternachwuchs. «Zusammen mit drei jungen Müttern aus dem Vorstand haben wir die Help-Jugend Toggenburg auf die Beine gestellt. Die 8 bis 16-jährigen Jugendlichen werden auf spielerische Weise in das Samariterwesen eingeführt. Ich unterstütze sie dabei. Nachwuchsprobleme haben wir in unserem Verein keine».
Samariter wissen, was im Notfall zu tun ist. Sei dies bei Unfällen zu Hause, im Verkehr, im Beruf oder wo auch immer. «Wir werden anhand identisch dargestellten Unfällen geschult und sind daher in der Lage, in einem Notfall das Wichtigste schnellstens zu überblicken und dementsprechend zu handeln».
Wird Margrit Zürcher zu einem Einsatz gerufen, ist sie sofort ruhig und konzentriert. Als ihr vor Jahren eines ihrer Kinder verzweifelt telefonierte, sie müsse ganz schnell nach Hause kommen, der Kleinste hätte sich aufs übelste geschnitten und blute wie verrückt, gab sie die Anweisung, auch für den Vater ein Kissen parat zu legen; falls er denn ohnmächtig würde.
Ihre Abgeklärtheit in Extremsituationen ist Gold wert. «Auch schon habe ich dem Güggel auf dem Hof Erste Hilfe geleistet, ihm einen Druckverband angelegt und sein Beinchen geschient. Spontanes handeln in Notsituationen, auch ohne das richtige Werkzeug zur Verfügung zu haben, darauf werden wir auch ausgebildet», erzählt sie.
Muss die Ersthelferin nach einem Einsatz mal etwas loswerden, tauscht sie sich mit ihrer ältesten Tochter aus. Diese ist diplomierte Pflegefachfrau. Für beide ist klar, dass sie unter Schweigepflicht stehen und beide reden sie dann vom Patienten XY. Helfen tut es trotzdem und die Verarbeitung eines Einsatzes geht so leichter.
Geht bei der kantonalen Notrufzentrale in ihrer Region ein Alarm mit Verdacht auf Herzstillstand ein, werden nebst dem Rettungswagen auch die First Responder über eine App alarmiert. «Wir bekommen sämtliche Koordinaten auf unser Smartphone und alle First Responder, die sich in der Nähe des Notfalls befinden, wissen dann genau, wo ihre Hilfe benötigt wird. Innerhalb von drei Minuten müssen wir vor Ort sein. Wenn uns das nicht möglich ist, dürfen wir auch ablehnen», sagt die engagierte Ersthelferin.
Gerade in ländlichen Gebieten kann dieser Dienst Leben retten, schliessen doch die First Responder die Lücke zur Rettungskette und betreuen den Patienten bis zum Eintreffen der Rettungsdienste. Aber auch in Kooperation mit den lokalen Rettungsdiensten leisten die First Responder an diversen Anlässen Sanitätsdienst. So stehen sie an Grümpel-Turnieren und Dorfanlässen zur Verfügung und werden bei Grosseinsätzen oder Unfällen zur Unterstützung gerufen.
First Responder haben eine höhere Kompetenz als Samariter, sie sind aber demselben Verein angeschlossen. «Wir können zum Beispiel einen Tubus anlegen, also dem Patienten eine Hohlsonde zur Beatmung über Mund oder Nase einführen. Samariter dürfen nur herkömmlich beatmen. Im Gegensatz zu den Samaritern absolvieren wir alle zwei Jahre einen Repetitionskurs und dürfen den Rettungswagen der Feuerwehr mit dem Defibrillator als Ersthelfer bei Herzstillstand fahren», klärt Margrit Zürcher über die Unterschiede auf.
Die 56-jährige, gelernte Detailhandelsfachfrau mit eigenem Eisenwaren- und Haushaltgeschäft in Nesslau, zieht die Fäden lieber im Hintergrund. An der Wahlfeier in der Micarna hätte sie im Rampenlicht stehen müssen. «So richtig geheuer ist es mir nicht, aber es wird mir schon etwas einfallen, wenn ich etwas sagen muss», erzählte sie, als die Absage noch nicht bekannt war.