Zwei Frauen wurde am Dienstagmittag die Mitfahrt im Regiobus verwehrt, weil sie Pizzakartons dabei hatten. Der Vorfall löste in den sozialen Medien hitzige Diskussionen aus. Der Regiobus-Geschäftsführer verteidigt das Vorgehen seines Chauffeurs, bekräftigt aber, dass es sich um einen Grenzfall handle. Andere Transportunternehmen sind kulanter.
Kurz und bündig ist er, der Post auf der in der Facebook-Gruppe «Du bisch vo St.Gallen wenn…»: Eine junge Frau beschreibt einen Vorfall, der sich am Dienstagmittag abgespielt hat. Sie habe beobachtet, wie ein Chauffeur der Buslinie 151 zwei junge Frauen mit Pizzakartons nicht einsteigen liess. Dies, obwohl die beiden Frauen versichert hätten, während der Fahrt nicht zu essen. Ihre anschliessende Frage, was die übrigen Gruppenmitglieder davon halten, löste rege Diskussionen aus. Dabei gingen die Meinungen weit auseinander.
Ein Nutzer wirft dem Buschauffeur «asoziales Verhalten» vor, ein anderer findet dessen Entscheidung aber berechtigt: «Wieso asozial? Ich habe keine Lust auf Pizzaduft. Alles richtig gemacht.» Dieser Meinung schliessen sich viele an. Ein Nutzer schreibt ironisch:
«Danke an alle, die im Bus ihr Bier oder sonst was ausleeren oder alles verschmieren.»
Andere wiederum finden das Verhalten des Chauffeurs völlig übertrieben und werfen ein, dass sie in dem Fall wohl nicht einmal ihren Wocheneinkauf im Bus transportieren dürfen. «Das könnte man ja auch alles konsumieren», so die Begründung.
Bruno Huber, Geschäftsführer von Regiobus, hat beim betreffenden Buschauffeur nachgefragt: «Laut Fahrer, haben die beiden Frauen an der Haltestelle noch Pizza gegessen und den Karton erst geschlossen, als sie darauf angesprochen wurden.» Sie hätten ihm zwar versichert, im Bus nicht zu essen, der Chauffeur habe dennoch entschieden, sie nicht einsteigen zu lassen.
«Ich selbst kann natürlich nur weitergeben, was mir der Fahrer erzählt hat», sagt Huber. «Grundsätzlich weisen wir unsere Fahrgäste aber darauf hin, dass Essen und Trinken im Bus nicht erwünscht ist.» Denn niemand habe Lust sich auf Essensreste zu setzen. Huber sagt:
«Das Ereignis mit den Pizzakartons ist aber ein Grenzfall. Geht es um das Mitführen von geschlossenen Getränken oder Esswaren, entscheidet jeder Fahrer selbst wie er das handhabt. Eine feste Regel gibt es nicht»
Am Ende des Tages müsse schliesslich jeder Chauffeur sein Fahrzeug selber grob reinigen.
Huber bestätigt jedoch, dass es viele Fahrgäste gibt, die sich vom Geruch gewisser Speisen gestört fühlen. «In diesem Fall könnte ein Fahrer den Fahrgast bitten, mit den Esswaren nicht in den Bus zu steigen.» Einkaufstaschen stünden hingegen gar nicht zur Debatte. «Diese kann man selbstverständlich mit in den Bus nehmen.»
Obwohl der Entscheid über das Mitführen von Esswaren eine Ermessenssache des jeweiligen Fahrers sei, will Huber das Thema an der nächsten Chauffeur-Sitzung zur Sprache bringen.
Auch bei den Verkehrsbetrieben St.Gallen (VBSG) wird in den Fahrzeugen jeweils darauf hingewiesen, dass Essen und Trinken in den Bussen nicht erwünscht ist. «Wir schreiben jeweils auch dazu, weshalb es nicht erwünscht ist», sagt Ralf Eigenmann, Unternehmensleiter der VBSG.
«Verschüttet man sein Getränk oder fallen Essensreste auf die Sitze, ist das unangenehm für den nächsten Fahrgast, der sich dann draufsetzt.» Im Grunde gelte das gleiche Prinzip, wie wenn ein Kunde mit einem Softeis in ein Kleidergeschäft geht.
«Verboten ist es nicht, aber umso ärgerlicher wenn die Kleider dann schmutzig werden. Das gleiche gilt für unsere Busse. Mit dem Unterschied, dass die Fahrzeuge in Bewegung sind – was das Risiko für Missgeschicke erhöht.»
Es sei nicht Aufgabe der Buschauffeure zu entscheiden, wer einsteigen darf und wer nicht. «Wenn jemand einsteigt, der gerade ein Glace oder etwas anderes isst, kann der Fahrer die Person darauf hinweisen, dass das nicht erwünscht ist.»
Anders sieht es bei der Postauto AG aus. Bei ihr ist das Essen in den Fahrzeugen erlaubt. «Das hat einen einfachen Grund», sagt Urs Bloch, Mediensprecher der Postauto AG. «Unsere Busse sind teils auf relativ langen Strecken unterwegs, deshalb sollten sich unsere Fahrgäste unterwegs auch verpflegen dürfen.» Diese Regeln gelten, daher liege die Entscheidung auch nicht bei den Chauffeuren jemanden wegzuweisen, der zum Beispiel stark riechende Speisen mit sich führt.
«Wir setzen auf die Selbstverantwortung unserer Fahrgäste», sagt Bloch. «Darauf, dass sie Rücksicht auf andere nehmen und auf Speisen, die stark riechen verzichten, oder diese vor dem Einsteigen konsumieren.» Mit diesem Kurs seien sie bisher sehr gut gefahren.
Die Basler Verkehrs-Betriebe und Baselland Transport haben vor mehr als 15 Jahren ein Konsumationsverbot in ihren Fahrzeugen eingeführt. Vor rund 10 Jahren kam der Entscheid, zusätzlich Bussen zu verteilen, sollte ein Fahrgast beim Konsumieren von Essen und Getränken erwischt werden. Gegen dieses Vorgehen wehrte sich ein Fahrgast, woraufhin das Bundesamt für Verkehr (BAV) einschritt. Laut BAV kann lediglich eine Busse ausgestellt werden, wenn tatsächlich eine Verunreinigung durch das Konsumieren von Speisen oder Getränken vorliegt. Die Höhe des Betrags hängt von den Reinigungskosten ab und darf diese nicht übersteigen. (vat)