Unfälle, Mord und Totschlag
«Der Druck ist enorm»: St.Galler Kantonspolizei spielt in Sachen Medienarbeit in einer Liga mit Flughafen Zürich, Post und SBB

Über 200 Journalistinnen und Journalisten haben entschieden: Keine Polizei in der Schweiz macht ihre Medienarbeit so gut wie die Kantonspolizei St.Gallen. Hanspeter Krüsi, Chef Kommunikation, über seinen Job, die aggressive Online-Welt und das Problem der Leserreporterinnen und Leserreporter.

Interview: Daniel Walt
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Hanspeter Krüsi ist seit 2009 Chef Kommunikation der St.Galler Kantonspolizei.

Hanspeter Krüsi ist seit 2009 Chef Kommunikation der St.Galler Kantonspolizei.

Bild: Raphael Rohner (Schwägalp, 18. Mai 2022)

Sie leiten die beste Polizei-Medienstelle der Schweiz und die fünftbeste überhaupt im Land. Wie fühlt es sich an, in einer Liga zu spielen mit dem Flughafen Zürich, der Post, dem Bundesamt für Gesundheit und den SBB, welche die ersten vier Plätze im Ranking belegen?

Unser gutes Abschneiden freut uns natürlich sehr – insbesondere, dass wir es unter die Top 5 aller Medienstellen geschafft haben. Das zeigt, dass unsere Bereitschaft geschätzt wird, an sieben Tagen die Woche und während 24 Stunden für die Journalistinnen und Journalisten da zu sein.

Die St.Galler Kantonspolizei punktet – anders als andere Medienstellen – durch eine sehr aktive Kommunikation. Zudem liefert sie zu praktisch jeder Polizeimeldung Bildmaterial.

Vielen Dank! Wir verstehen uns als Dienstleistungsabteilung für die Journalistinnen und Journalisten. Sie tragen unsere Botschaften in die Bevölkerung und dürfen von uns somit auch einen Topservice erwarten.

Sie sind seit 2009 Medienchef der St.Galler Kantonspolizei. Was hat sich seither in Ihrem Job verändert?

Das Informationsbedürfnis, aber auch das Tempo. Früher gab es einen fixen Redaktionsschluss: Man wusste, dass man diese oder jene Information oder ein Bild beispielsweise bis 20 Uhr übermittelt haben musste. Heute ist der Redaktionsschluss genau jetzt – in dem Moment, wo etwas passiert ist. Das ist sicherlich belastend, macht aber auch Spass.

Medienstelle mit sechs Personen

Hanspeter Krüsi trat als neuer Chef Kommunikation im Jahr 2009 in die Kantonspolizei St.Gallen ein. Sein Team, welches für die gesamte interne und externe Kommunikation zuständig ist, umfasst 560 Stellenprozente, die sich auf sechs Personen verteilen. Ein Teil des Pikettdienstes besteht auch im Durchforsten von Kommentaren, die auf den sozialen Medien zu Postings der Kantonspolizei eingehen. «Dabei müssen auch immer wieder Beiträge gelöscht oder Leute blockiert werden», sagt Krüsi. Dies betrifft insbesondere Polizeimeldungen, die sich um ein fehlbares Verhalten von Ausländerinnen oder Ausländern drehen. (dwa)

Die Online-Welt tickt immer schneller und aggressiver. Welche Folgen hat das für Ihre Arbeit?

Der Druck ist enorm. Manchmal hat man fast den Eindruck, dass wir uns äussern müssen, bevor überhaupt etwas passiert ist ... (schmunzelt). Wir können diesbezüglich nur um Verständnis dafür bitten, dass es manchmal etwas länger dauert, bis wir etwas sagen können. Für mich persönlich ist nämlich die oberste Devise: Was wir sagen, muss wahr sein. Wir können es uns nicht leisten, etwas zu kommunizieren, das wir nachträglich dann wieder korrigieren müssen.

Glücklich über die Auszeichnung: Hanspeter Krüsi (Mitte). Links im Bild Patrick Céréda, Medienchef der Kapo Zürich, die in der Kategorie «Kantonspolizei» auf Platz 2 landete. Rechts Marcus Hebein, Chefredaktor der Publikation «Schweizer Journalist:in».

Glücklich über die Auszeichnung: Hanspeter Krüsi (Mitte). Links im Bild Patrick Céréda, Medienchef der Kapo Zürich, die in der Kategorie «Kantonspolizei» auf Platz 2 landete. Rechts Marcus Hebein, Chefredaktor der Publikation «Schweizer Journalist:in».

Bild: PD

Insbesondere Leserreporterinnen und Leserreporter dürften Ihre Arbeit massiv erschweren, indem sie die Newsportale blitzartig mit Informationen, Bildern und Videos beliefern, sobald etwas passiert ist.

Ja – insbesondere dann, wenn Informationen oder Bild- beziehungsweise Videomaterial zu Themen kursieren, die wir aus ermittlungstaktischen Gründen eigentlich noch gar nicht kommunizieren wollten. Teilweise stimmen gewisse Dinge auch schlicht nicht, oder es wird ein falsches Bild erweckt. Dies richtigzustellen, erfordert viel Zeit und ist schwierig.

Gibt es Momente, wo Sie mit Ihrem Job und den Medien hadern?

Nein. Ich bin seit mittlerweile über 20 Jahren in der Medienarbeit tätig. Ich kann die Fälle an einer Hand abzählen, in denen ich mit einer Journalistin oder einem Journalisten hart ins Gericht gehen musste. Sie machen ihren Job gut, wir unseren. Wenn ihn beide Seiten künftig noch besser machen, haben wir weiterhin keine Probleme.

Noch ein kurzer Blick in die Zukunft: Wie wird sich die Medienarbeit der St.Galler Kantonspolizei in den nächsten Jahren verändern?

Gefragt sind mehr und mehr auch bewegte Bilder. Ich könnte mir vorstellen, dass wir damit ebenfalls beginnen werden. Auch daran sehen Sie, wie sich das Ganze verändert hat: Als wir bei der St.Galler Kantonspolizei anfingen, Bilder zur Verfügung zu stellen, gab es Kritik von Pressefotografen, die fanden, dass wir ihnen ihr Business kaputtmachen. Und heute reden wir bereits über Bewegtbilder.

Die Resultate der Umfrage, an der 227 Journalistinnen und Journalisten teilnahmen, sind nachzulesen in der Publikation «Schweizer Journalist:in» (Ausgabe 4/22).