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Sie wurde erst zweieinhalb Monate nach ihrem Tod gefunden: Isabela T. aus dem Aargau. Die Leiche war in einen Teppich gewickelt und lag in einem Waldtobel bei Zezikon. Drei Männer müssen sich vor Gericht unter anderem wegen Störung des Totenfriedens verantworten.
Ihr Tod hat die Schweiz berührt. Isabela T. war erst 20 Jahre alt, als sie starb. Die letzten Stunden ihres Lebens verbrachte sie in Thundorf in der Wohnung eines Drogendealers. Zweieinhalb Monate suchte ihre Familie nach Isabela T., bis der Besitzer eines Waldstücks bei Zezikon zufällig auf den Leichnam stiess, eingerollt in einen Teppich.
Der Dealer ist ein 40-jähriger Holländer, der in Venezuela geboren ist. Er ist der Hauptbeschuldigte im Prozess vor dem Bezirksgericht Frauenfeld, der am heutigen Montag beginnt. Mit auf der Anklagebank sitzen zwei Männer, die ihm geholfen haben, die Leiche wegzuschaffen. Allen drei Beschuldigten wird Störung des Totenfriedens vorgeworfen.
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Woran genau Isabela T. gestorben ist, liess sich nicht mehr zweifelsfrei klären. Zu lange hat es gedauert, bis ihre Leiche entdeckt wurde. Die Rechtsmedizin fand aber keine Hinweise auf Fremdeinwirkung. Die anfänglichen Vorwürfe der vorsätzlichen Tötung und der Unterlassung der Nothilfe musste die Staatsanwaltschaft deshalb fallen lassen.
In Isabela T.s Körper fanden sich Spuren verschiedener Drogen, unter anderem Kokain, Pillen und Alkohol. Marco Breu, Sprecher der Thurgauer Staatsanwaltschaft, schloss bei der Anklageerhebung im Februar nicht aus, dass der Drogenmix schuld an ihrem Tod sein könnte.
Die Ermittler haben ein ziemlich genaues Bild davon, was sich in der Thundorfer Wohnung unmittelbar nach Isabela T.s Tod abgespielt hat. Gemäss Anklageschrift hat der Hauptbeschuldigte einen Freund angerufen. Der kam auch sofort und brachte noch einen Kollegen mit. Nachdem für die Männer klar war, dass Isabela T. tot ist, banden sie ihr die Füsse zusammen, umwickelten den Leichnam mit einem Bettbezug, dann mit einer Decke und rollten ihn in einen Teppich. Das Ganze fixierten sie mit einer Paketschnur.
Dann luden die Komplizen die tote Isabela T. in ihren Range Rover, fuhren zum Wald bei Zezikon und legten sie am Bachbord ab. Die Leiche rollte das Bord hinunter und blieb vor dem Bachbett liegen. In der Zwischenzeit hatte der Hauptbeschuldigte Kleider, Handys und alle sonstigen Habseligkeiten von Isabela T. in einen Kehrichtsack gepackt und in einen Abfallcontainer geworfen.
Allen drei Männern wird Störung des Totenfriedens vorgeworfen. Der Hauptbeschuldigte ist dazu noch wegen anderer Straftaten angeklagt, die nichts mit Isabela T. zu tun haben, unter anderem Vergewaltigung, einfache Körperverletzung, Drohung und Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz. Die Staatsanwältin sieht für ihn eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und vier Monaten vor. Er soll für sieben Jahre des Landes verwiesen werden. Für die beiden Mitbeschuldigten hat sie bedingte Geldstrafen und Bussen beantragt.
Der Hauptangeklagte soll laut Anklageschrift im August 2019 eine damals 19-Jährige in einem Hotelzimmer in Chur zuerst massiv bedroht und dann vergewaltigt haben. Die junge Frau hatte er zwei Tage zuvor in einer Bar kennen gelernt, sie hatten das Wochenende miteinander gefeiert. Auch dabei war Kokain im Spiel.
Er hegte den Verdacht, dass sie ihm Geld gestohlen habe. Besonders perfide: Um sein Opfer einzuschüchtern, soll er ihr Artikel über Isabela T. gezeigt und dazu gesagt haben, er habe dieses Mädchen umgebracht. Und wenn sie laut sei, werde er sie schon «zum Schlafen» bringen.
Die Verhandlung gegen die drei Angeklagten beginnt am Montag, 10. Mai, um 8.30 Uhr vor dem Bezirksgericht Frauenfeld. Zuerst wird die junge Frau befragt, die den Hauptbeschuldigten der Vergewaltigung bezichtigt. Danach kommen die Beschuldigten selbst zu Wort. Die Befragung des Hauptbeschuldigten wird von einem Dolmetscher ins Englische übersetzt. Bei einem der Mittäter ist eine teilweise Übersetzung ins Italienische nötig. Danach folgt das Plädoyer der Staatsanwältin. Anschliessend sind die Anwälte der Privatkläger, das sind unter anderem die Eltern von Isabela T., an der Reihe. Zwei der drei Verteidiger sollen ebenfalls noch gehört werden. Für den Prozess hat das Bezirksgericht einen ganzen Tag angesetzt, doch das wird nicht reichen. Die Verhandlung wird am Freitag, 27. Mai, fortgesetzt mit dem Plädoyer des dritten Verteidigers. Gegen 17 Uhr am Freitag will das Gericht das Urteil verkünden.