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Ostschweiz
Arbon, Kreuzlingen, Weinfelden
Anfangs hat ihm der Lockdown Angst eingejagt. Jetzt nimmt es Robert Fischer gelassener. Und schaut aus dem Fenster.
Die Dorfbewohner kennen das Bild. Sie bekommen es jeden Morgen zu Gesicht. Ein älterer Herr schaut aus dem Fenster des Hauses an der Bahnhofstrasse. Neben sich ein belgischer Schäfer, die Pfoten auf dem Sims, nicht minder interessiert am Geschehen in der Aussenwelt.
Robert Fischer heisst der Mann mit dem weissen Bart und dem sympathischen Lachen. Sein treuer Begleiter hört auf den Namen Zorro. «Weil er so eine schön schwarze Schnauze hat.»
Wenn jemand für einen kurzen Schwatz stehen bleibt, dann freut dies das Duo. «Die meisten beachten mich allerdings kaum. Sie schauen lieber aufs Handy», bemerkt der 70-Jährige. Als vor fünf Wochen die Nachricht vom Lockdown kam, da habe er Mühe gehabt, erzählt der Rentner. Die Stammbeiz «Seemöwe» plötzlich zu. Die Gemeinderätin ruft an und sagt, dass man für ihn posten würde. «Verruckti Sach», meint Robert Fischer kopfschüttelnd.
Ja, damals habe er erst einmal Angst bekommen. Mittlerweile hat er sich mit der Situation arrangiert, ziemlich gut sogar. Dass andere für ihn einkaufen gehen, empfindet er als Erleichterung. Den warmen Zmittag bringt täglich der Mahlzeitendienst. Und langweilig sei ihm trotz allem auch nicht. «Ich habe mir gedacht: Dann räume ich halt das Puff im Schopf auf.»
Das Projekt ist mittlerweile fast abgeschlossen. Der alte Traktor hat wieder Platz. Es ist nicht so, dass der gschaffige Mann vorher nur herum gesessen wäre, ganz im Gegenteil. Ein Stück Landwirtschaftsland hat er noch bewirtschaftet, bis letztes Jahr. Rebstöcke waren drauf. «Ist zuletzt aber nicht mehr viel Gescheites geworden.»
Im «Abendfrieden» hat er sich um die Sittiche in den Volieren gekümmert, drei Mal wöchentlich, und dafür im Heim essen dürfen. Das Virus hat diesem Job den Riegel geschoben. Fehlen tut ihm die Aufgabe «erstaunlich wenig».
Herr Fischer wundert sich oft über die Welt. Die Bauerei im Dorf ist ihm ein Graus. Gerne erinnert er sich an die Zeiten zurück, wo er noch jedes Haus und jeden Bewohner kannte.
«Die Kinder lernen heute in der Schule nicht einmal mehr, wie unsere Weiler und Höfe heissen.»
Einmal in seinem Leben hat der Güttinger drei Wochen Ferien gemacht, in Teneriffa. Die Reise stand allerdings in Verbindung mit einem Lieferauftrag. Er habe damals auf der Insel Leute kennen gelernt und hätte jederzeit wieder hinfahren können, erzählt der Alleinstehende. «Aber wofür? Wir haben hier ja auch ein Meer», sagt er und zeigt Richtung See.
Vielleicht werde das den Menschen jetzt ja etwas bewusster, dass man gar nicht immer überall hin müsse. «Mir jedenfalls fehlt der ganze Rummel nicht. Mir fehlt es überhaupt an nichts.»