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Urs Martin, SVP, hat schon mit allen Regierungsräten Sträusse ausgefochten. Nach seiner Meinung könnte er trotzdem mit ihnen zusammenarbeiten.
In Ihrer Wahlwerbung heisst es, Urs Martin «passt ins Gremium des Regierungsrats». Wollen Sie allfällige Zweifler beruhigen?
Nein. Das ist nur eine Feststellung.
Auf dem zugehörigen Bild sieht man Sie und SVP-Regierungsrätin Monika Knill, mit der Sie diverse Auseinandersetzungen hatten.
Ich habe mit allen bisherigen Regierungsräten meine Sträusse ausgefochten. Ein Kantonsrat hat eine andere Aufgabe als ein Regierungsrat. Aber schlimm finden die Bisherigen meine Kandidatur nicht, wie man in Ihrer Zeitung lesen konnte.
Sie spielen auf die Wahlempfehlung an, die auf der Kantonswebsite zu finden war.
Meine wohlüberlegten Vorstösse scheinen nicht nachhaltig zu schaden.
Mit Knill hatten Sie eine sehr heftige Auseinandersetzung wegen des Kunstmuseums.
Das erste Mal habe ich den damaligen Baudirektor Jakob Stark 2012 für den Neubau des Kunstmuseums kritisiert. Es wäre etwas unfair, das allein an ihr aufzuhängen.
Als Sie die Kulturstiftung als Selbstbedienungsladen kritisierten, war wiederum Knill Ihr Gegenpart.
Es gibt auch mit allen anderen Bisherigen solche Themen. Carmen Haag habe ich bei der Expo 2027 gestoppt, Walter Schönholzer beim Agrofood Innovation Park und bei Cornelia Komposch habe ich bezüglich der Staatsanwaltschaft ziemlich Gas gegeben.
Komposch hat Ihnen einmal vorgeworfen, mit einem Vorstoss gehe es Ihnen nur um Ihre Imagepflege.
Sie war da noch neu im Amt. Aber eben, als Kantonsrat hat man eine andere Rolle als ein Regierungsrat.
Kunstmuseum und Stiftung Kartause Ittingen bleiben ein Thema für den Regierungsrat. Sie haben 2016 Stiftungsrat Robert Fürer vorgeworfen, er habe die Stiftung geschaffen, um die politische Kontrolle auszuschalten. Könnten Sie mit ihm zusammenarbeiten?
Problemlos. Grundsätzlich würde ich mit allen Leuten zusammenarbeiten. Ich würde eine Analyse machen und Vorgaben vereinbaren. Wenn die Leute diese einhalten, würde ich mit ihnen weiter zusammenarbeiten. Wenn ich merke, dass die Leute nicht loyal sind, würde ich andere Wege suchen. Ich würde die Zusammenarbeit mit niemanden beenden, nur weil er oder sie in einer andern Partei ist.
Den Stiftungsrat könnten Sie nicht ersetzen; er wählt seine Mitglieder selber aus.
Ich habe keine Patentrezepte für irgendwelche Fälle, die ich noch nicht ins allerletzte Detail kenne, weil ich nicht Zugang zu allen Akten habe. Man muss zunächst eine gründliche Analyse machen und dann handeln. Als grosser Kunstfreund ist es mir ein Anliegen, dass wir den Neubau des Kunstmuseums bewerkstelligen, und zwar mit einer Volksabstimmung. Wenn das Volk Ja gesagt hat dazu, dann trägt es das Volk auch.
Würden Sie sich als Finanzdirektor weiterhin dafür einsetzen, dass der Grosse Rat bei der Wahl der Bankräte der Kantonalbank nicht an die Vorschläge des Regierungsrats gebunden ist?
Ja, das ist ein Thema. Die jetzige Lösung ist nicht geschickt: die einen schlagen vor, die andern mäkeln herum, können aber selber keine Vorschläge machen.
Käme dann nicht wieder der Parteienfilz zum Tragen?
Früher beförderte man irgendwelche verdiente Parteikader auf Pöstli, nicht nur bei der TKB. Jetzt haben wir aber eine unbefriedigende Situation. Wenn wir als Kantonsräte einen anderen Namen auf den Wahlzettel schreiben, wäre die Wahl ungültig. Das macht das Wahlverfahren zu einem Witz. Das muss man nochmals analysieren.
Sie gelten als Anti-EU-Hardliner. Andererseits ist Ihnen gemäss Smartvote der Erhalt der bilateralen Verträge eher wichtiger als die Begrenzung der Einwanderung.
Mein Ziel ist es, dass Unternehmen wie Spitäler oder Stadler in der EU Arbeitskräfte rekrutieren können. Gleichzeitig müssen wir sicherstellen, dass nur die Leute kommen, die wir tatsächlich brauchen, und wir unsere Souveränität bewahren können. Und ja, ich lehne einen EU-Beitritt ab.
Der jetzt nicht zur Debatte steht. Am 17. Mai kommt jedoch die Begrenzungsinitiative an die Urne, welche die Bilateralen gefährdet.
Mit der Masseneinwanderungsinitiative ist ein Zeichen gesetzt worden von der Bevölkerung. Das Bundesparlament hat sie umgesetzt, ohne wirklich etwas zu machen – daraus ist die Begrenzungsinitiative entstanden. Ich gebe ihr nicht grosse Chancen. Ich glaube nicht, dass es der richtige Zeitpunkt ist, nochmals ein Zeichen zu setzen.
Das klingt fast staatsmännisch. Nach Ihrer Wahl in den Grossen Rat war es noch anders. 2008 provozierten Sie einen Eclat, weil Sie die Öffentlichkeit ausschliessen wollten, um über ein Einbürgerungsgesuch diskutieren zu können. Drei Parteien verliessen den Saal unter Protest.
Gemäss einer Aktennotiz bestand Verdacht auf islamistischen Terror. Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass es falsch war, die betreffende Person einzubürgern. Mittlerweile bin ich seit acht Jahren Mitglied der Justizkommission und präsidiere sie seit letztem Jahr. Heute würde ein solches Gesuch nicht durchkommen.
Sie sind Mitbegründer des Bunds der Steuerzahler. Anders als die Frauenfelder Stadtratslöhnen hat er die Regierungsratslöhne nicht aufs Korn genommen. Das trifft sich jetzt ja gut, da Sie beste Wahlchancen haben.
Man kann auch über die Regierungsratslöhne diskutieren. Ich mache diesen Job, sollte ich denn gewählt werden, nicht wegen des Lohns. Ich habe jetzt schon einen sehr guten Lohn.
Urs Martin rühmt sich für sein scharfes politisches Profil. Sozial- und umweltpolitisch hält er sich stets am rechten Rand auf, wie der Vergleich der Smartvote-Spinnen 2011 und 2020 zeigt. Bei der Ausländerpolitik hat er sich jedoch stark gemässigt. Dabei spielte mit, dass er beruflich eine Privatklinik vertritt, die ihr Personal zu 40 Prozent im Ausland rekrutiert. Seine politische Karriere im Thurgau startete Martin bei der SVP-Vollgas-Fraktion. Heute gehört er zum Wirtschaftsflügel seiner Partei. (wu)
Der Regierungsratskandidat der SVP Thurgau ist am 6. Februar 1979 in Arbon geboren worden. Aufgewachsen ist er in Oberaach. Heute lebt er in Romanshorn, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Der Sohn eines Malermeisters hat an der Hochschule St. Gallen internationale Beziehungen studiert. 2004 bis 2010 arbeitete er als Sekretär der SVP-Nationalratsfraktion, seither vertritt er beruflich die politischen Interessen der Privatklink-Gruppe Hirslanden. Seit 2008 ist Martin Mitglied des Grossen Rats, wo er sich für gute Regierungsführung engagierte und als Kritiker von Filz und Verschwendung profilierte. (wu)