Phönix Theater in Steckborn zeigt Stück über Vorurteile

Mit «Chuchichästli – ein Theaterstück über unsere geistigen Schubladen» setzt die Steckbornerin Léonie Moser pfiffig Zeitgeschichte in Szene, die einen imposanten Atem hat. Das Publikum zeigte sich an der Premiere begeistert.

Margrith Pfister-Kübler
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Multi-Media-Projektionen verändern immer wieder das Bühnenbild. (Bild: Donato Caspari)

Multi-Media-Projektionen verändern immer wieder das Bühnenbild. (Bild: Donato Caspari)

Gleich vorweg: Der Swissmade-Erstling der Steckbornerin Léonie Moser wurde im Phönix-Theater am Wochenende mit frenetischem Beifall gefeiert. Beeindruckende Multi-Media-Projektionen verwandeln das Bühnenbild. Auf einem Turm werden gezielt Wikipedia-Inputs losgelassen, um Sachlichkeit in die Emotionen einzuschleusen.

Das Publikum wird gleich mit einbezogen und zur Ja-Nein-Abstimmung aufgefordert. Nein: rot, ja: grün. Ein Radiointerview ertönt. Es wird politisch. Fake News und wahre News. Ein trommelnder Speaker heizt provokant ein, während auf der Bühne das Zusammentreffen von Teens und Twens rund um die dramaturgische Dynamik der Hauptfiguren – den Afrikaner Jean und dessen Freundin Hanna sowie den Albaner Sam, der seine Liebe zu Hanna gegen Jean verteidigen muss – die Schweiz als Einwanderungsland und die Gratwanderung mit der Toleranz sichtbar machen. «Wir haben keine Vorurteile und haben doch Vorurteile», könnte über allem stehen.

Der neue Freund aus Afrika

Hanna kommt nach einem halbjährigen Hilfseinsatz in Afrika mit dem Afrikaner Jean als Freund zurück. Und da zeigt sich bei den Freunden von Hanna, was so alles hervorbrodelt an Vorurteilen. Immer nur gut gemeint. Wie sie sich gegenseitig hochschaukeln, dazwischen quietschvergnügt auf der Suche nach Orientierung so lustig sind, dass man gar nicht merken muss, um wie viel mehr es noch geht.

Thematisch geht es um Ausländer, Herzschmerz, Liebes-Not, Intrigen und immer wieder Vorurteile, meist von feindseligen Gefühlen besetzt, ohne Prüfung der Tatsachen. Die Suche nach Orientierung äussert sich manchmal in deftiger Wortwahl. Die 75 Minuten dauernde Inszenierung zeichnet sich durch gute Durchmischung der spielfreudigen und pfiffigen Schauspieltruppe aus. Was emotional angerichtet wurde, zeigt sich zum Schluss: Hanna zieht es wieder zurück nach Afrika.

«Wild, lebendig, treffend, zum Teil absurd», sagt die Besucherin Ingrid Wagenbreth aus Mammern. «Ich gehöre zur Generation, die diese Szenen gut kennt», sagt Schüler Jonas Wagenbreth. «Vieldeutige Auseinandersetzung», loben andere.

Letzte Vorstellung: Freitag, 2. November, 20.15 Uhr, Phönix Theater Steckborn.

Die Autorin

Die Steckbornerin Léonie Moser (19) hat soeben die Fachmittelschule mit einer Fachmaturität im Theaterprofil abgeschlossen. Sie schreibt Text- und Drehbücher und realisiert Kurzfilme. «A | WAY» und «Ich bin ein Unfall» waren bereits an verschiedenen Schweizer Kurzfilmfestivals zu sehen und wurden insgesamt elfmal ausgezeichnet. Mit «Chuchichästli» inszeniert Moser nun erstmals ein selbst geschriebenes Theaterstück. Alle Rollen des Stücks sind mit Laiendarstellern besetzt. (red)