Leitartikel
Mit staubigem Projekt auf die Strasse: Frauenfeld kann mit Ja zum Kredit über die Strassenaufwertung in der Innenstadt endlich sein Zentrum à jour bringen

Nach jahrelangen Planungen zu den Agglomerationsprogrammen ist die Zeit mehr als reif, erste Massnahmen zur Verbesserung der Verkehrssituation in der Frauenfelder Innenstadt umzusetzen. Mit einem Ja an der Urne am 15. Mai gelangt Frauenfeld endlich an die Millionen aus den Honigtöpfen, die seit Jahren bereitliegen.

Samuel Koch
Samuel Koch
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Der Mohn blüht beim Rathausplatz, auf welchem nebst Tausenden von Autos täglich auch das Wiler-Bähnli drüberfährt.

Der Mohn blüht beim Rathausplatz, auf welchem nebst Tausenden von Autos täglich auch das Wiler-Bähnli drüberfährt.

Bild: Donato Caspari

Die Frauenfelder Stimmbevölkerung ist am 15. Mai doppelt gefragt. Nebst der kontrovers diskutierten Grundsatzfrage über eine autofreie Altstadt muss sie sich kommunal ebenso bezüglich des weniger umstrittenen Bruttorahmenkredits von 11,3 Millionen Franken für die Aufwertung der Strassenräume der Innenstadt positionieren, worüber es in diesen Zeilen geht.

Die Zeit ist mehr als reif, um die Massnahmen aus den Agglomerationsprogrammen (AP) der ersten beiden Generationen an die Hand zu nehmen. Das erste AP reichte die regionale Planungsgruppe (heute Regio Frauenfeld) im Jahr 2005 ein. Seither ist viel Wasser die Murg runter. Seither ist auch viel Geld in Planungen geflossen.

Die Zeit ist mehr als reif, ja sie drängt sogar. Die politischen Mühlen mahlen bekanntlich langsam, selbst nach einem allfällig positiven Volksentscheid. Will die Stadt Frauenfeld die Verkehrsprojekte in der Vorstadt, auf dem Rathausplatz, auf Promenaden-, Freie-, Ring- und Rheinstrasse auf die Strasse bringen, bedarf es bis Ende 2027 bewilligte Pläne, etwa für die Markierung zur multifunktionalen Nutzung beim Rathausplatz oder einer neuen Baumallee an der Promenade. Nur so beteiligt sich nebst dem Kanton (1,5 Millionen Franken) auch der Bund mit drei Millionen Franken, womit die Stadt ihre Innenstadt mit Geld aus den Berner Honigtöpfen verkehrstechnisch endlich à jour bringen kann.

Die schmerzliche Erfahrung, dass Bern nicht für jedwede Region willkürlich die monetären Schleusen öffnet, musste die Agglo Frauenfeld vor knapp zehn Jahren machen, als das AP der dritten Generation angesichts der ungenügenden Umsetzung aus den ersten beiden Phasen abgelehnt wurde. Der Honig steht auf dem Tisch, die Stadt muss nur noch zugreifen und ihn verzehren. So erhöht sie auch die Chance, um eines Tages für grössere Pläne wieder in den süssen Genuss zu kommen. Stichwort: zentrumsnahe Stadtentlastung.

Der Gemeinderat erkannte Ende Februar die Zeichen der jetzigen Dringlichkeit und winkte den Rahmenkredit mit nur einer Gegenstimme durch. Kritische Stimmen bleiben, wie die Existenz eines Doppel-Nein-Komitees beweist. Dessen Vertreter monieren unter anderem Salamitaktik, überstürzte Schnellschüsse und ein Übergewicht für den Langsamverkehr. Zu Unrecht. Denn die jetzige Abstimmungsvorlage zielt vielmehr darauf, einen bunten Strauss an längst überfälligen Massnahmen umzusetzen. Notabene aus einem bisherigen Schubladenprojekt, das seit vielen Jahren verstaubt. Mit Millionen, die in Bern längst bereitliegen, kann es endlich auf der Strasse landen. Und der Stadtrat fokussiert darauf, «alle Verkehrsmittel als gleichwertige Säulen des Gesamtverkehrs» zu sehen.

Gewiss, mit einem Ja zum Bruttorahmenkredit gewährt das Volk dem Stadtrat einen finanziellen Vertrauensvorschuss. Sämtliche demokratischen Hürden reisst er damit aber nicht ein, zumal er jedes einzelne Vorhaben öffentlich auflegen muss, womit die betroffene Bevölkerung wieder Einfluss nehmen kann. Trotz Mitwirkung aber verliert die Stadt für die Kreditfreigaben nicht unnötig Zeit.

Agglomerationsprogramme tönen abstrakt, deren Planungen schweben teils in astronomischen Sphären, die für die Bevölkerung kaum greifbar sind. Jetzt hingegen geht es um einen bunten Strauss an Massnahmen mitsamt konkretem Preisschild. Die Berner Honigtöpfe mit Steuergeldern sind dazu da, sie abzuschöpfen und zumindest einen Teil davon zurück nach Frauenfeld zu bringen. In die Kantonshauptstadt. Auf deren Strassen. Die Chance ist da, das Stimmvolk braucht nur noch zu nicken.

Der Leitartikel zur Grundsatzfrage autofreie Altstadt folgt zu einem späteren Zeitpunkt.