Eigentlich ist Josef Handschin Pfarrer in der Kirchgemeinde Bubendorf, Kanton Baselland. Doch einmal im Jahr zieht es ihn ins Toggenburg, wo er bereits zum 15. Mal die Predigt am Alpgottesdienst hält. Er sei beliebt, heisst es. Der Pfarrer selbst verweist darauf, dass er nur Teil des Ganzen ist.
ALT ST. JOHANN. Dieses Jahr findet auf der Alp Sellamatt die Älplerchilbi bereits zum 66. Mal statt. Zum 15. Mal wird Josef Handschin, sonst Jugendpfarrer in der Kirchgemeinde Bubendorf, am zur Chilbi gehörenden Alpgottesdienst predigen. Seine Predigt kommt bei den Besucherinnen und Besuchern gut an. Darauf angesprochen, meint Pfarrer Josef Handschin: «Der Alpgottesdienst ist tatsächlich sehr beliebt. Das hat aber damit zu tun, dass wir ein gutes Team sind mit dem Alphorntrio Mühlrüti, dem Jodlerklub Säntisgruess und dem Fahnenschwinger Hanspeter Schmid.» Ausserdem sei die Atmosphäre des Gottesdienstes, draussen unter freien Himmel auch etwas, was derart viele Leute Jahr für Jahr an den Alpgottesdienst zieht. Gottesdienste im Freien böten einen ungezwungeneren Rahmen als ein Gottesdienst in einer Kirche. Man könne sich so hinsetzen wie es einem wohl ist, die Beine in eine Wolldecke gehüllt, auf einer Bank sitzen oder stehen. Die wunderbare Aussicht auf den Säntis und die Churfirsten mache die Schönheit der Schöpfung direkt erlebbar.
Aber predigt der reformierte Pfarrer aus Bubendorf vielleicht anders als seine Kolleginnen und Kollegen? «Also, ich verstelle mich nicht, um irgendeinen Stil zu treffen. Mein Stil ist, dass ich das predige, woran ich glaube und wovon ich selbst überzeugt bin», sagt Josef Handschin. Das Schlimmste, was man als Pfarrer tun könne, sei etwas zu predigen, wovon man selbst nicht überzeugt ist. Auch die Fragen, ob er als Jugendpfarrer denn einen besonderen Stil pflege, verneint er. Jugendpfarrer bedeute, dass er schwerpunktmässig für die Jugend zuständig ist, etwa in Form von Konfirmationsunterricht. Gerade Jugendliche, aber auch Erwachsene würden es schnell merken, wenn sich jemand verstellt, um möglichst ihrem Geschmack zu entsprechen, ist sich Josef Handschin sicher. «Viel wichtiger ist es, dass man sich selbst ist. Dann sagt sich manch einer vielleicht <das entspricht zwar nicht meinem Glauben, aber ich nehme es dem da vorne ab, dass er davon überzeugt ist, was er sagt>», betont er. Das Geheimnis eines jeden Pfarrers und einer jeden Pfarrerin sei, dass sie das, woran sie glauben auch in Worte fassen können und dass sie es leben.
Seine Gottesdienste gestaltet Josef Handschin gerne gemeinsam mit Musikern und anderen Menschen, die etwas von sich erzählen. «Ich finde es wichtig, dass die Leute an einem Gottesdienst auf vielfältige Weise angesprochen werden, wie das auch bei einem Alpgottesdienst der Fall ist. Gottesdienste sollten nicht nur aus der Predigt des Pfarrers bestehen», sagt er. Wenn mehr Leute in den Gottesdienst eingebunden sind, hätten die Besucherinnen und Besucher einen vielfältigeren Zugang zu dieser Feier. So habe ihm ein Kirchgänger gesagt: «Deine Predigt habe ich nicht mehr präsent, aber was die Frau aus ihrem Leben erzählt hat, hat mich berührt.»
Zum Stamm-Prediger am Alpgottesdienst auf der Alp Sellamatt ist der Jugendpfarrer durch ein Gespräch mit dem Sellamatt-Wirt Valentin Lötscher gekommen. «Ich war in Alt St. Johann in den Skiferien und erzählte ihm, dass ich Pfarrer bin. Darauf sagte er mir, dass sie noch einen Pfarrer für den Alpgottesdienst suchen», erzählt Josef Handschin. Valentin Lötscher habe ihn gefragt, ob er nicht an der Älplerchilbi den Gottesdienst halten wolle. Er habe zuvor noch keinen Alpgottesdienst gehalten und zugesagt.
Heute möchte er diesen nicht mehr missen. Er freue sich jedes Jahr riesig darauf und führe gemeinsam mit den Alphornbläsern, dem Fahnenschwinger und dem Jodlerklub durch den Gottesdienst. Mittlerweile hätten sich daraus vielfältige Beziehungen ergeben. «So hängt in meinem Studierzimmer beispielsweise ein Bild von der Lukaskapelle mit dem Säntis im Hintergrund», erzählt Josef Handschin, der diese Kapelle einweihen durfte. Die Familie Lötscher habe ihn beeindruckt, dass sie aus Dankbarkeit dafür, dass es ihnen so gut geht, diese Kapelle gebaut haben. Überhaupt, die Toggenburger seien sehr herzliche und gastfreundliche Menschen. Von Besuchern des Gottesdienstes erhalte er immer wieder Briefe und SMS. Man habe ihn auch schon angefragt, ob er nicht eine Taufe oder Hochzeit machen würde. «Ich sage jeweils Nein. Das soll der Ortspfarrer machen. Denn das stärkt den Bezug zur Kirchgemeinde», sagt Josef Handschin.
Älplerchilbi Alp Sellamatt: Sonntag, 22. Juli, ab 10 Uhr Frühschoppenkonzert, ab 11 Uhr Alpgottesdienst bei der Lukaskapelle begleitet von Jodlermesse, Alphornbläser und Fahnenschwinger, anschliessend Sennenfest. Verschiebedatum Sonntag, 29. Juli.