Nach einer Schiesserei in einer Industriehalle an der Alten Landstrasse in Altstätten, bei der ein damals 36-jähriger und ein 44-jähriger Schweizer schwer verletzt wurden, erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage gegen die Beteiligten des Überfalls. Der mutmassliche Schütze - der Posträuber vom Fraumünster - soll für elf Jahre in Haft.
In der Nacht auf den 16. Februar 2015 drangen sechs Männer im Alter von 23 bis 40 Jahren gewaltsam in eine Hanfproduktionsanlage in Altstätten ein. Die Angreifer trugen teilweise Westen mit der Aufschrift "Polizei" und setzten einen Störsender ein, damit die Aufpasser der Hanfproduktionsanlage keine Verstärkung herbeirufen konnten. Einer der Täter schoss mehrmals mit einer kurzläufigen Schrotflinte auf die beiden Aufpasser, einen 37-jährigen und einen 45-jährigen Schweizer.
Die Angreifer fesselten die beiden Aufpasser, und forderten sie auf, Geld und Marihuana herauszugeben. Die Angreifer verliessen die Halle, nachdem sie realisiert hatten, dass sich einer der Angeschossenen in Lebensgefahr befand. Sie flohen unerkannt. Einer der Täter alarmierte die Rettungsdienste.
Die beiden Opfer wurden schwer verletzt, eines schwebte gar in Lebensgefahr. Wie Roman Dobler, Mediensprecher der Staatsanwaltschaft, auf Anfrage von Tagblatt Online sagte, ist der Mann nicht mehr in Lebensgefahr. Beide Opfer würden sich aber nie mehr vollständig erholen.
Beim mutmasslichen Schützen handelt es sich um den Mann, der als Posträuber bekannt wurde, als er 1997 einen Überfall auf die Fraumünsterpost in Zürich verübt hatte, wie Roman Dobler sagte. Er wurde unter anderem wegen mehrfacher versuchter Tötung, qualifizierten Raubes, mehrfacher Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz, mehrfacher Freiheitsberaubung, mehrfacher Nötigung, unrechtmässiger Aneignung, Amtsanmassung, Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen und Vergehens gegen das Waffengesetz angeklagt. Die Staatsanwaltschaft fordert für ihn eine unbedingte Freiheitstrafe von 11 Jahren, wie sie in einer Mitteilung schreibt. Der Mann sitzt laut Dobler im vorzeitigen Strafvollzug.
Die übrigen Angreifer werden unter anderem wegen qualifizierten Raubes, mehrfacher versuchter Körperverletzung, mehrfacher Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz, mehrfacher Freiheitsberaubung, mehrfacher Nötigung, unrechtmässiger Aneignung, Amtsanmassung und Störung von Betrieben, die der Allgemeinheit dienen, angeklagt. Die Staatsanwaltschaft fordert für diese Angreifer Freiheitsstrafen zwischen 2,5 und 4 Jahren und teilweise zusätzliche Geldstrafen. Einer dieser Angreifer sitzt laut Roman Dobler im vollzeitigen Strafvollzug. Gegen zwei weitere Männer erliess das Zwangsmassnahmengericht eine Passsperre und eine Kaution.
Für die Ermittlungen bildete die Kantonspolizei St.Gallen eine Sonderkommission, in der bis zu 15 Polizisten mitwirkten. Die Ermittlungen erstreckten sich laut Mitteilung auf fünf weitere Kantone. 24 Schweizer sowie je ein Tunesier, Italiener, Türke und Dominikaner wurden verhaftet. Insgesamt vollzog die Polizei 38 Hausdurchsuchungen und hob dabei sechs weitere Hanfproduktionsanlagen aus. Zudem konnten weitere Delikte geklärt werden.
Die professionell aufgebaute Hanfproduktionsanlage in Altstätten erstreckte sich über zwei Ebenen. Rund 10'000 Hanfpflanzen wurden sichergestellt. Es handelt sich um eine der grössten Hanfanlagen, welche die St.Galler Kantonspolizei je ausgehoben hat. Die Polizei sicherte in der Halle und auf dem Vorplatz auf einer Gesamtfläche von rund 8'000 m2 zahlreiche Spuren - sowohl im Hinblick auf das Gewaltverbrechen als auch den Hanfanbau. Sie setzte dazu auch einen Quadrocopter und einen 3-D-Scanner ein.
Die Untersuchung gegen die Betreiber der Hanfproduktionsanlage läuft noch. Wie viele Personen davon betroffen sind, konnte Roman Dobler nicht sagen. (pd/maw)