2000-Franken-Spende
Nach Kritik von FDP-Kantonsrat Walter Locher an politisch aktiven St.Galler Kirchen: Anonymer Spender greift ein

Nach der Abstimmung über die Konzernverantwortungsinitiative mussten sich diverse Kirchgemeinden vor Bundesgericht rechtfertigen. FDP-Politiker Walter Locher kritisiert, die Kirchgemeinde Straubenzell beispielsweise habe 2000 Franken Anwaltskosten bezahlt. Ein Leser unserer Zeitung ärgert sich über diesen Vorwurf – und übernimmt die Kosten gleich selber.

Adrian Vögele
Drucken
Portal der Kirche St.Gallen-Bruggen vor der Abstimmung über die Konzernverantwortungsinitiative: Im Streit um ihr politisches Engagement erhält die Kirchgemeinde unerwartete Unterstützung.

Portal der Kirche St.Gallen-Bruggen vor der Abstimmung über die Konzernverantwortungsinitiative: Im Streit um ihr politisches Engagement erhält die Kirchgemeinde unerwartete Unterstützung.

Bild: Ralph Ribi
Walter Locher, St.Galler FDP-Kantonsrat.

Walter Locher, St.Galler FDP-Kantonsrat.

Bild: Benjamin Manser

«Heikel» sei es, wenn sich die Landeskirchen an Abstimmungskämpfen beteiligen würden, sagte der St.Galler FDP-Kantonsrat Walter Locher vor kurzem gegenüber unserer Zeitung. Ein Beispiel dafür sei die Tatsache, dass die evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Straubenzell (Stadt St.Gallen) nach der Abstimmung über die Konzernverantwortungsinitiative 2000 Franken Anwaltskosten für ein Gerichtsverfahren habe bezahlen müssen.

Die Jungfreisinnigen hatten eine Stimmrechtsbeschwerde gegen diverse Kirchgemeinden und Kantonalkirchen in der ganzen Schweiz eingereicht. Die Beschwerde ist inzwischen zwar vom Tisch. Doch Locher und weitere bürgerliche Kantonsräte wollen solches künftig nicht mehr sehen – zumindest nicht im Kanton St.Gallen: Hier soll den staatlich anerkannten Kirchen weitgehende politische Neutralität vorgeschrieben werden. Demnächst diskutiert das Kantonsparlament darüber.

Anonymer Spender von auswärts

Rita Dätwyler, Präsidentin Kirchgemeinde Straubenzell, Stadt St.Gallen.

Rita Dätwyler, Präsidentin Kirchgemeinde Straubenzell, Stadt St.Gallen.

Bild: PD

Einstweilen erhält Straubenzell unerwartete Unterstützung: «Eine Person hat sich bei uns gemeldet, die nicht namentlich genannt werden will», sagt Rita Dätwyler, Präsidentin der Kirchenvorsteherschaft.

«Herr S. hat sich darüber geärgert, dass wir als Kirchgemeinde wegen der Zahlung des Anteils an den Anwaltskosten kritisiert werden.»

Er unterstütze das Engagement der Kirchen bei der politischen Meinungsbildung und sei überhaupt nicht damit einverstanden, dass die Kirchen dabei eingeschränkt werden sollen. «Darum hat er sich bereit erklärt, die Anwaltskosten von 2000 Franken zu übernehmen.» Herr S. habe weder einen konkreten Bezug zur Kirchgemeinde Straubenzell noch wohne er in der Stadt St.Gallen. Dätwyler sagt weiter:

«Als Kirchgemeinde waren wir überrascht von dieser grosszügigen Geste. Es berührt uns sehr, dass eine aussenstehende Person sich so stark mit uns solidarisiert.»

Das sei eine wertvolle Unterstützung, sowohl in ideeller wie auch finanzieller Hinsicht.

Grundsätzlich sei die Diskussion über den Betrag von 2000 Franken «unverhältnismässig», sagt Dätwyler. Dieser entspreche nicht einmal 0,1 Prozent der Gesamtausgaben der Kirchgemeinde. «Der Grossteil unserer Steuergelder fliesst über Personalkosten in die persönliche Betreuung und Begleitung von Menschen.»