Zürich
Betrieb der Sexboxen in Altstetten soll bis 2026 verlängert werden – danach braucht die Stadt Alternativen

Die Stadt Zürich zeigt sich zufrieden mit dem bisherigen Betrieb des Strichplatzes Depotweg in Altstetten. Während der vergangenen neun Jahre hat sich einiges getan.

Sven Hoti
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Insgesamt zehn solcher Sexboxen stehen den Prostituierten mit ihren Freiern für die sexuellen Dienste zur Verfügung.

Insgesamt zehn solcher Sexboxen stehen den Prostituierten mit ihren Freiern für die sexuellen Dienste zur Verfügung.

Archivbild: Ennio Leanza/Keystone

Mit dem Bau des Strichplatzes Depotweg in Altstetten im Jahr 2013 sorgte die Stadt Zürich schweizweit für Aufsehen. Auch internationale Medien berichteten über den etwas anderen «Drive-in». Es war der landesweit erste Strichplatz dieser Art. Die Stadt wollte damit das Problem der überbordenden Strassenprostitution in den Griff kriegen und gleichzeitig den Sexarbeiterinnen einen sicheren Arbeitsplatz bieten. Nach knapp neun Jahren Betrieb ziehen die Verantwortlichen ein positives Fazit.

«Die damaligen Ziele des Stadtrats sind vollumfänglich erreicht», schreibt Nadeen Schuster, Kommunikationsverantwortliche der zuständigen städtischen Abteilung Soziale Einrichtungen und Betriebe auf Anfrage. Sie führt aus:

«Die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Sexarbeitenden haben sich massiv verbessert, und die Bevölkerung ist vor den negativen Auswirkungen der Strassenprostitution geschützt.»

Trotz des für die Stadt grossen Erfolges muss der Strichplatz aber weichen. Weil die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) auf dem Areal nämlich ein Tramdepot bauen wollen, war eine Laufzeit von rund zehn Jahren eingeplant. 2023 wäre also Schicht im Schacht. Wäre, denn wie Schuster sagt, sei es seitens der VBZ zu «terminlichen Verschiebungen» gekommen. Geplant sei nun, den Betrieb des Strichplatzes auf dem Gebiet bis 2026 zu verlängern.

Wie es danach weitergeht mit den Sexboxen, ist noch offen. Man wolle das Angebot auf alle Fälle weiterführen, betont die Kommunikationsverantwortliche. Die Stadt werde sich nach Ablauf der Frist nach einem neuen Standort umsehen müssen. Für zusätzliche Strichplätze sieht die Stadt hingegen kein Bedürfnis. Dazu Schuster: «Die aktuell definierten drei Zonen in der Stadt Zürich für den Strassenstrich (Niederdorf/Häringstrasse, Strichplatz Depotweg sowie Ersatzzone Brunau) decken den Bedarf vollständig ab.»

Die Lockdowns machten dem Betrieb zu schaffen

Das Ziel der Stadt mit dem Strichplatz in Altstetten war, den Strassenstrich in eine abgegrenzte, sichere Umgebung zu verlagern. Erreicht wurde dies unter anderem mit der für die Prostituierten auf dem Areal eingerichteten städtischen Beratungsstelle Flora Dora, welche psychologische und medizinische Hilfe anbietet. Für den Betrieb des Platzes sind das Platzteam Depotweg sowie Sozialarbeiterinnen und -arbeiter von «sip» (Sicherheit Intervention Prävention) der Stadt Zürich zuständig. Die Polizei ist punktuell auf dem Areal präsent.

Das Stadtzürcher Volk hatte dem Strichplatz Depotweg im März 2012 seinen Segen erteilt. Vor allem das Altstetter Stimmvolk hatte sich aber wuchtig dagegen ausgesprochen. Und so kam es noch zu mehreren Rekursen, bevor der Platz am 26. August 2013 mit über einem Jahr Verspätung offiziell seinen Betrieb aufnehmen konnte. Der städtische Betriebsaufwand beläuft sich seither auf jährlich rund 800’000 Franken.

Während des zeitweiligen Prostitutionsverbotes im letzten Jahr war der Strichplatz zu einer provisorischen Kontakt- und Anlaufstelle für Drogenabhängige umfunktioniert worden.

Während des zeitweiligen Prostitutionsverbotes im letzten Jahr war der Strichplatz zu einer provisorischen Kontakt- und Anlaufstelle für Drogenabhängige umfunktioniert worden.

Alexandra Wey/Keystone

In den vergangenen Jahren hat sich einiges getan auf dem Areal. Seit 2018 sind zur Anfahrt neben Autos auch Motorräder und Velos gestattet. Zwei der zehn Sexboxen seien hierfür zu vier «Stehboxen» umfunktioniert worden, erklärt Schuster. Zudem habe man die Beleuchtung sowie die Fahrzeugführung (neu Einbahn) sicherheitstechnisch angepasst. Darüber hinaus wurden bedarfsgerechte Öffnungszeiten eingeführt. Gemäss Schuster ist nach vier vor während der gesamten Öffnungszeit Personal vor Ort.

Jüngst machte dem Betrieb das zweimal wegen der Coronapandemie ausgesprochene Prostitutionsverbot zu schaffen. Der Strichplatz blieb während dieser Zeit geschlossen. Die Stadt hatte darauf zwei Monate lang eine provisorische Kontakt- und Anlaufstelle für Drogenabhängige betrieben. Aufgrund des grossen finanziellen Drucks hätten die Sexarbeitenden trotz Verbot aber illegal weitergearbeitet, sagt Schuster. «Für Flora Dora hat dies die Präventions- und Betreuungsarbeit deutlich erschwert.»