Kantonsrat
Kanton Zürich kürzt Beiträge für Arbeitsintegration erneut

Die Nachfrage nach Kursen und Programmen für Ausgesteuerte ist seit Jahren tief: Das vom Kanton zur Verfügung gestellte Geld wurde bei weitem nicht ausgeschöpft. Liegt es am Finanzierungsmodell?

Matthias Scharrer
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Digitale Fitness ist laut Regierungsrätin Carmen Walker Späh (FDP) ein wichtiger Punkt bei der Arbeitsintegration.

Digitale Fitness ist laut Regierungsrätin Carmen Walker Späh (FDP) ein wichtiger Punkt bei der Arbeitsintegration.

Keystone

4,4 Millionen Franken will der Kanton Zürich in den Jahren 2022 bis 2025 für Kurse und Beschäftigungsprogramme für Ausgesteuerte ausgeben. Das ist erneut deutlich weniger als in den vorangehenden Vierjahresperioden: Ab 2011 waren es 20,9 Millionen, ab 2014 dann im Zuge eines kantonalen Sparprogramms noch 10 Millionen, ab 2018 sank der Kantonsbeitrag auf 7 Millionen ­– und jetzt auf 4,4 Millionen, wie Birgit Tognella (SP, Zürich) gestern im Kantonsrat sagte. Dabei bestritt von rechts bis links niemand, dass die Kurse und Programme für die Arbeitsintegration von Menschen, die schon länger ihren Job verloren haben, wichtig sind. «Je länger die Arbeitslosigkeit dauert, desto schwieriger wird die Wiedereingliederung ins Berufsleben», sagte Christian Müller (FDP, Steinmaur). Die Kosten von rund 4000 Franken pro Teilnehmer an solchen Weiterbildungsprogrammen seien daher gut investiertes Geld.

Der Grund für die Kürzung ist denn auch weniger in Sparabsichten zu suchen. Vielmehr fehlt es an der Nachfrage, wie der Regierungsrat in seinem nun vom Kantonsrat gutgeheissenen Antrag schrieb.

Nur ein Drittel der Mittel wurde verwendet

So blieben vom Kredit für die Jahre 2018 bis 2021 gemäss Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh (FDP) zwei Drittel übrig. Und von den 10 Millionen, die von 2014 bis 2017 zur Verfügung standen, gab der Kanton lediglich 2,7 Millionen Franken aus, wie Beat Bloch (CSP, Zürich) als Präsident der zuständigen Kantonsratskommission darlegte.

Bloch deutete auch an, woran diese tiefe Auslastung liegen dürfte: Die Arbeitsintegrationskurse und Beschäftigungsprogramme werden zur Hälfte vom Kanton und zur Hälfte von den Gemeinden finanziert. «Seitens des Kantons sind zusätzliche Anstrengungen nötig, damit die Gemeinden diese Weiterbildungsmöglichkeiten noch besser nutzen», sagte er.

Womöglich müsse der Kostenteiler zwischen Kanton und Gemeinden angepasst werden, fügte Melanie Berner (AL, Zürich) an. Zudem solle das Amt für Wirtschaft und Arbeit überprüfen, ob vielleicht die falschen Kurse angeboten werden. «Da das Geld vorhanden ist, muss der Hund woanders begraben sein. Bitte graben Sie ihn aus», sagte Berner.

Corona verhinderte Präsenzangebote

Als weiteren Grund für die zuletzt tiefe Auslastung der Kursangebote für Ausgesteuerte nannte Regierungsrätin Walker Späh die Coronakrise. 2020 sei die Nachfrage regelrecht eingebrochen. Dies lag auch daran, dass wegen der Pandemie viele Kurse nicht mehr als Präsenzkurse angeboten werden konnten, wie die Regierung weiter festhielt. Und da deren Zielpublikum häufig Menschen mit schlechten Deutsch- und Informatikkenntnissen seien, hätten auch Online-Angebote nicht viel gebracht.

Walker Späh rechnet damit, dass die Nachfrage nach Kursen und Beschäftigungsprogrammen für Ausgesteuerte nach der Pandemie steigen wird. «Denn wenn die Corona-Unterstützungsmassnahmen auslaufen, dürfte auch die Zahl der Ausgesteuerten steigen», so die FDP-Regierungsrätin. Sehr wichtig seien Kursangebote, die die digitale Fitness der Teilnehmenden erhöhen, betonte Walker Späh.

Den Rahmenkredit von 4,4 Millionen Franken für die kommenden vier Jahre hiess der Kantonsrat ohne Gegenstimme gut. Neben der Arbeitsintegration von Ausgesteuerten kann damit auch jene von vorläufig Aufgenommenen und anerkannten Flüchtlingen finanziert werden, wie die Regierung schrieb. «Es ist davon auszugehen, dass dieser Kredit gut ausgeschöpft wird», meinte Jasmin Pokerschnig (Grüne, Zürich). Das wäre dann eine Trendwende gegenüber den vorangehenden Jahren.