Dietikon
«­Wenigstens mit der Stadt hätte man das absprechen können» – Politik ist unzufrieden mit Bundesamt

Dietiker Gemeinderäte fordern einen regeren Austausch mit den übergeordneten Behörden, nachdem das Bundesamt für Strassen in Dietikon kurzerhand ein Wäldchen fällen liess, in dem Igel gelebt hatten.

Sven Hoti
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So sieht das ehemalige Wäldchen am Dienstag nach dem Kahlschlag aus.
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Weg mit dem Holz: So präsentierte sich die Situation am Montagmittag.
Anwohnerin Katja Hamburger: Sie und ihre Nachbarn wurden nicht vorab informiert.
Dieses kleine Igelchen stammt aus dem nun gefällten Wäldchen.
Arbeiter einer Thurgauer Firma entfernten die Bäume mithilfe dieses speziellen Baggers.
Das Bundesamt für Strassen spricht von einem «Grünstreifen», den es habe «pflegen» müssen.
Während der Arbeiten war das Trottoir unter der Autobahnbrücke für Fussgänger gesperrt.

So sieht das ehemalige Wäldchen am Dienstag nach dem Kahlschlag aus.

Leserbild: Katja Hamburger

Es sehe jetzt noch schlimmer aus als am Montagmittag, sagt Katja Hamburger. Die Dietikerin wohnt an der Luberzenstrasse. Dort hatten Arbeiter im Auftrag des Bundesamtes für Strassen (Astra) am Montag zahlreiche Bäume gefällt. Vom einst dichten Wildwuchs zeugen lediglich noch ein paar einsame Baumstümpfe und Ästchen.

Das Bundesamt für Strassen hatte die Baumfällung aus Sicherheitsgründen in Auftrag gegeben. Der Dietiker Stadtrat wusste im Vorfeld nichts von der Aktion. «Natürlich wäre eine kurze Information schön gewesen», schreibt die Kommunikationsbeauftragte Esther Pioppini auf Anfrage. «Diese hätte an der Unterhaltsmassnahme jedoch nichts geändert.»

Eine bessere Kommunikation wünschen sich auch Ver­treter aus dem Dietiker Stadtparlament. «Die Stadt hätte im Voraus informiert werden sollen», meint Gemeinderat Andreas Wolf (Grüne). «Dann hätte man rechtzeitig reagieren ­können.»

«­Wenigstens mit der Stadt hätte man das absprechen können»

Auch SVP-Fraktionschef Konrad Lips würde einen besseren Informationsaustausch mit den übergeordneten Behörden begrüssen. «Die Schnittstelle zwischen Bund und Kantonen sowie zwischen Kantonen und Gemeinden ist zwar lang. ­Wenigstens mit der Stadt hätte man das aber schon absprechen können», sagt Lips auf Anfrage.

Als Eigentümerin des Grundstücks sowie der Autobahn ist das Bundesamt für Strassen jedoch grundsätzlich nicht verpflichtet, über Unterhaltsarbeiten zu informieren. Die Werkeigentümerhaftung liege beim Amt, sagt Pioppini. «Wir gehen davon aus, dass das Astra vor den Unterhaltsarbeiten die Situation genau geprüft und entsprechend entschieden hat», fügt sie an.

Das Astra ist zuständig für die Schweizer Nationalstrassen und sorgt für deren Sicherheit. Im Zuge dessen wurden auch die Bäume in der Luberzen gefällt. Das Amt begründete die Aktion mit dem Risiko, dass alte Bäume auf die Autobahn fallen.

«Ökologisch gesehen das Schlimmste, was man hat machen können»

Für Gemeinderat Wolf ist diese Begründung allerdings nicht zufriedenstellend: «Das Astra hat als Institution vom Bund auch die Aufgabe, andere Sachen zu berücksichtigen», sagt er.

Er habe die Erfahrung gemacht, dass oftmals Kosten­effizienz im Vordergrund stehe, jedoch keine Überlegungen zu «ökologisch sinnvolleren» Alternativen gemacht würden. Von einer engeren Zusammenarbeit zwischen den Behörden erhofft sich Wolf auch mehr Rücksichtnahme auf die Bio­diversität. Den Kahlschlag in der Luberzen bezeichnet er als das «ökologisch gesehen Schlimmste, was man hat machen können». Statt dieses ­abzutransportieren, hätte man mit dem abgeholzten Material Strukturen für die Tiere schaffen können, findet er.

Grüne und Pro Natura beraten Massnahmen

Wolf möchte den Vorfall nun an der nächsten Fraktionssitzung beraten und gegebenenfalls Massnahmen vorschlagen. Auch mit Pro Natura, wo Wolf im Vorstand sitzt, sei etwas geplant. Konkret will er sich jedoch noch nicht dazu äussern.

Auch Anwohnerin Katja Hamburger würde eine baumfreundlichere Politik begrüssen. Sie wünscht sich, dass die Stadt das Gespräch mit dem Bundesamt für Strassen sucht und die Möglichkeit einer Wiederaufforstung zumindest in Erwägung gezogen wird.

Derweil habe sie Vögel in ihrem Garten, die vorher nicht da gewesen seien, erzählt Hamburger. Sie vermutet, dass diese vorher in den Bäumen im Wäldchen gelebt haben.