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Limmattal
Noch ist sie Zukunftsmusik, wird aber allmählich konkreter: Die Raupengruppe im Wassergarten.
«Mit meiner Drachengruppe und dem Tempel der Wandlung (die Raupengruppe) überwinde ich die anorganische Baustruktur von Tragen und Getragenwerden durch das übergangslose Verschmelzen von statischen, tektonischen und plastischen Elementen. (...) Die Raupe verkörpert das Symbol der Metamorphose und soll in meinem Garten weit mehr als nur ein dekoratives Element sein. Das begehbare Objekt soll dem Besucher auf Schritt und Tritt die unablässige Verwandlung der Welt und der eigenen Person durch alle Sinne bewusst werden lassen.»
Bruno Weber, 1996
Noch ist sie überschaubar, die Gesamtvision des Dietiker Künstlers Bruno Weber für seinen Wassergarten im Skulpturenpark – zumindest, was die Grösse betrifft. Die beiden längeren der drei Raupen, die bis in rund 15 Jahren in gigantischer Ausführung über dem Park thronen sollen, messen hier, auf dem Tisch im zum Büro und Atelier umgewandelten Wassergartensaal, weniger als einen Meter Länge. Noch warten die Miniaturen zusammen mit anderen Einzelelementen darauf, wieder zum vier Mal sechs Meter grossen Parkmodell zusammengesetzt zu werden, das Bruno Weber für die Ausstellung «Visionäre Schweiz» vor 21 Jahren von Peter Bissegger herstellen liess.
Das Herzstück des Modells sucht man im Park oberhalb von Dietikon noch vergebens: Vom «Haus der Wandlung» gibt es heute erst das Sockelgebäude, den Wassergartensaal. Bruno Weber, der morgen 85 Jahre alt geworden wäre, starb, bevor er sich an den Bau der dazugehörigen Raupen machen konnte. Die Vollendung seines Skulpturenparks, in dem er zusammen mit seiner Frau Maria Anna seit 1969 auch wohnte, durfte er also nicht mehr miterleben. Und bis vor kurzem sah es danach aus, als würde sie auch der Nachwelt vorenthalten bleiben: Noch vor eineinhalb Jahren stand der Park vor dem Aus, bis ein neuer Stiftungsrat mit einem umfangreichen Sanierungsprogramm die Zügel in die Hand nahm.
Neue unterirdische Verbindung
Dieser will über die nächsten zwei Jahrzehnte nicht nur das über die Jahre entstandene Chaos in Struktur- und Finanzangelegenheiten aufräumen und in die Jahre gekommene Skulpturen und Liegenschaften sanieren, sondern eben auch an Webers Lebenswerk weiterarbeiten. Damit dies im Sinne des Schaffers geschieht, erforscht der Stiftungsrat zurzeit unzählige Studien und Skizzen Webers. «Wir prüfen jedes Dokument eingehend», sagt Stiftungsratspräsidentin und Kunstwissenschafterin Isabelle Cart. Nur so könne man verhindern, dass eine blosse Momentaufnahme im Schaffensprozess zur einen, geltenden Quelle für die Umsetzung erhöht wird.
Der Plan des Stiftungsrats ist ehrgeizig: So sollen innert rund 15 Jahren neben den laufenden Sanierungen die Raupen sowie eine breite Treppe, die zu ihnen hoch führt, gebaut werden. Dafür müssen zudem die beiden zinkblechverkleideten Pyramiden, die heute die Ostseite des Wassergartensaals säumen, in den Eingangsbereich verschoben werden. Um den Park endlich behindertenfreundlich zu machen und mehr Platz für Ausstellungsobjekte und Werkarbeiten zu schaffen, soll ausserdem ein unterirdischer Tunnel das «Haus der Wandlung» mit einem neuen Gebäudekomplex hinter der heutigen Atelierbaracke verbinden (siehe Grafik).
Die 35 Meter langen, 15 Meter tiefen und 7 bis 8 Meter hohen Raupen alleine stellen eine riesige Herausforderung dar. In ihnen sollen Ausstellungen stattfinden; auch von einer Bar sprach Weber damals. Architekt und Stiftungsrat Eric Maier sieht dafür eine Spritzbetonkonstruktion vor, die «das Voluminös-Monolithische», das Weber mit den Figuren betonen wollte, zur Geltung bringen soll, aber einfacher zu realiseren wäre als mit der von Weber üblicherweise angewendeten Gussformtechnik.
Die Zeugen dieser typisch Weberschen Konstruktionsweise wiederum sollen in den neuen Anlagen einen prominenteren Platz erhalten. Bisher lagen die Kunststoffnegative, in denen Webers Zauberwesen gegossen wurden, unter freiem Himmel an der Grundstückgrenze hinter dem Flügelhund-Bogen. Künftig aber sollen sie in einem Schaulager ausgestellt werden, das zwischen dem Wohnhaus und dem sogenannten Theaterplatz gebaut und mit dem Tunnelbau verbunden werden soll. In einem darunterliegenden Stockwerk bekommt der langjährige Mitarbeiter des Parks, Gjemajli «Jimmy» Kryeziu, einen festen Werkraum.
Ebenfalls unter dem Boden soll das wiederhergestellte Modell des Parks ausgestellt werden. Gemäss den Plänen des Stiftungsrats wird es die Besucher in einem eigens dafür angelegten Raum neben der Liftanlage empfangen, die Tunnel, Wassergartensaal und Raupen verbindet.
Sorge Nummer 1: Das Geld
Das tönt nach einer Menge Arbeit, die eine Menge Geld benötigt. Zwar relativiert Maier, dass etwa der Bau des unterirdischen Verbindungsstücks – er nennt es aufgrund seiner Form aus der Vogelperspektive auch «Z-Bauwerk» – wohl mit einfacheren Mitteln erstellt werden kann, als man sich das vielleicht vorstelle. Aber einen «tiefen einstelligen Millionenbetrag» wird es die Stiftung dennoch kosten.
Damit der Park im Jahr 2036 auf dem Stand ist, den die Stiftung in ihrem Langzeitplan für ihn vorsieht, werden insgesamt mindestens 30 Millionen Franken nötig sein, erklärt Cart. Es ist Geld, das erst in den Finanzierungsplänen existiert; zurzeit ist weder der Betrieb selbsttragend noch sind Rückstellungen von früher vorhanden, auch viele ehemalige Investoren sind in den letzten Jahren ausgestiegen. Die Stiftung arbeitet deshalb mit Hochdruck daran, Gönner zu gewinnen. Ein erster Erfolg steht kurz davor, spruchreif zu werden: Man habe vor wenigen Tagen die Zusage einer Stiftung erhalten, die den Park schon in der Vergangenheit unterstützt hat. Es handle sich dabei um einen «namhaften Betrag», sagt Cart. Überhaupt sei man finanzierungstechnisch «auf einem guten Weg».
Noch muss das Skulpturenpark-Team den Gürtel aber eng schnallen. «Erste Priorität haben die Löhne des Personals», sagt Cart. Die kostspieligeren Teile des Sanierungsprogramms können deshalb nur unter Vorbehalt geplant werden. Gewisse Posten des auf 3, 7, 11 und 21 Jahre angelegten Sanierungsplans wurden zudem bereits in eine spätere Phase verschoben als ursprünglich geplant – «damit tendenziell alles etwas realistischer wird», so Maier. Für die Raupen heisst das: Die Ausführung soll in etwa elf Jahren beginnen; bis «der letzte Mosaikstein gelegt ist und das letzte Lämpchen brennt», dürfte es laut Maier 2030 werden.