Dietikon
Kulturelle Nutzung der Zehntenscheune infrage gestellt

Die Stadt soll sich in Bezug auf die Zehntenscheune mehrere Optionen offenlassen, fordern Dietiker Parlamentarier.

Gabriele Heigl und Bettina Hamilton-Irvine
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Fabienne Eisenring

Lange und intensiv wurde darüber gestritten, ob der «Alte Bären» auf dem Dietiker Kronenareal, der heute moderne Wohnungen beherbergt, dereinst kulturell genutzt werden soll. Schon seit sehr vielen Jahren war jedoch unbestritten: Die Zehntenscheune, die sich direkt daneben befindet, soll nach ihrer Sanierung zu einem kulturellen Treffpunkt werden. Doch nun stellt eine Gruppe von Dietiker Parlamentariern auch das infrage: Fast die komplette SVP-Fraktion, aber auch drei Gemeinderäte der SP, bitten den Stadtrat, Alternativen für die Nutzung des historischen Gebäudes aufzuzeigen.

Man rechtfertige den Ausbau der Zehntenscheune mit dem Bedarf kleinerer Vereine nach Veranstaltungsorten, die nicht so gross wie die Stadthalle seien, schreibt Postulant Markus Erni (SVP). Er bezweifelt jedoch, ob dieser wirklich vorhanden ist. Schliesslich «gibt es auch noch die Kirchgemeindehäuser der katholischen und reformierten Kirche, den Gemeinderatssaal sowie Musikzimmer und Aulen in den Schulhäusern», schreibt er in seiner Begründung. «Dazu finden auch Veranstaltungen in Turnhallen statt.» Er fragt nach der Nische, die ein zusätzlicher in der Zehntenscheune zu schaffender Kulturraum füllen könnte.

Drei Häuser für Kultur

Stadtkeller
Das Profil des Kellers als Veranstaltungsort für Kleinkunst soll geschärft, die Nischenkultur stärker gefördert werden. Eignet sich auch als Bühne für Nachwuchskünstler.
Plätze: 50
Träger: Stadt
Bereits in Betrieb


Gleis 21
In dem ehemaligen Atelier 23 hinter dem Bahnhof soll Kulturschaffenden Raum für die Arbeit an ihren Projekten, aber auch für Vernetzung und Begegnung zur Verfügung stehen.
Plätze: bis zu 150
Träger: Verein Gleis 21
Voraussichtliche Eröffnung: Frühjahr 2018

Zehntenscheune 
Soll ein «Haus der Bevölkerung» werden. Unter anderem für Vereins- und politische Anlässe, Konzerte und Volkshochschul-Angebote.
Plätze: 120-180 (geplant)
Träger: Stadt
Eröffnung: Frühestens Ende 2019

Ein kultureller «Leuchtturm»

Die Zehntenscheune spielt eine zentrale Rolle im Kulturraumkonzept der Stadt. Bei einer Evaluierung zum städtischen Kulturraumangebot im Jahr 2015 wurde festgestellt, dass der Bedarf an kulturell nutzbaren Räumen grösser ist als das Angebot. «Es fehlen Ateliers für Kunst- und Kulturschaffende, aber auch ein Saal, der von der breiten Bevölkerung genutzt werden kann», sagte Stadtpräsident Otto Müller im März 2016, als er das neue Raumkonzept für die Kultur vorstellte. Von drei kulturellen «Leuchttürmen» war die Rede, die «mit spezifischen Schwerpunkten über Dietikon und gar über die Region ausstrahlen sollen». Laut der städtischen Kulturbeauftragten Irene Brioschi sollen sie sich mit ihren unterschiedlichen Ausrichtungen ergänzen, nicht konkurrenzieren, und auch andere Veranstaltungsorte in der Stadt nicht verdrängen.

Gemeint sind der Stadtkeller, das «Gleis 21» an der Buchsackerstrasse 21 und eben die Zehntenscheune. Erste Priorität räumt der Stadtrat dem Projekt Zehntenscheune ein. Sie soll zum «Haus der Bevölkerung» werden und möglichst vielfältig genutzt werden, etwa für Vereinsanlässe, politische Podien, Konzerte der Musikschule, Veranstaltungen des Seniorenrats oder der Volkshochschule. Bestuhlt soll die Scheune 120 bis 180 Besuchern Platz bieten. Da der Umbau über zwei Millionen Franken kosten wird, hat die Stimmbevölkerung bei dem Projekt das letzte Wort. Anfang 2017 rechnete der Stadtrat damit, dass das 2018 stattfinden kann. Eröffnung könnte frühestens Ende 2019 gefeiert werden.

«Das ist zu riskant»

Erni betont auf Anfrage, die Idee, die Zehntenscheune auch anders zu nutzen, sei nicht neu: «Es wurde auch schon früher darüber diskutiert.» Für ihn sei aber jetzt, wo bald der Architekturwettbewerb für den Umbau ausgeschrieben werde, ein guter Moment, um zu intervenieren. Denn jetzt könne man noch Einfluss auf die Planung nehmen, während es bald zu spät sein werde. Wichtig sei ihm vor allem, dass man der Bevölkerung eine Auswahl biete. «Ich finde es zu riskant, wenn man nun alles auf die Karte Kultur setzt, statt sich noch andere Optionen offenzulassen», sagt Erni. Denn so bestehe die Gefahr, dass das Stimmvolk bei einer Abstimmung den Kredit ablehne und man mit leeren Händen dastehe. Trotzdem habe die Stadt seit dem Erwerb der Zehntenscheune zusammen mit weiteren Kronen-Liegenschaften ausser einer kulturellen Nutzung keine andere Möglichkeit in Betracht gezogen.

Der SVP-Gemeinderat fordert vom Stadtrat, dass dieser für die Urnenabstimmung eine zweite Nutzungsvariante aufzeigt. Im Postulat explizit aufgeführt wird die Möglichkeit, das Ortsmuseum in die Zehntenscheune zu verlegen.