In Dietikon und Schlieren wohnen seit Februar 2022 über 250 Schutzsuchende aus der Ukraine. Warum ein Grossteil davon Mühe bei der Jobsuche hat, erklären die beiden Sozialvorstände Philipp Müller (FDP) und Songül Viridén (GLP).
Der Schutzstatus S ermöglicht es Geflüchteten aus der Ukraine, eine Arbeitsstelle anzutreten, um für den eigenen Lebensunterhalt zu sorgen. Eine Umfrage zeigt, wie dies bislang in Dietikon und Schlieren gelang. «Nach unseren Informationen leben in Dietikon 27 Personen mit Schutzstatus S, die finanziell unabhängig sind», sagt Sozialvorstand Philipp Müller (FDP). Diese arbeiten oder werden von privater Seite unterstützt. Folglich sind rund 21 Prozent der insgesamt 129 Personen mit Schutzstatus S in Dietikon nicht auf Sozialhilfe angewiesen. Diese Zahlen bestätigen eine Umfrage der Berner Fachhochschule. Diese zeigte, dass in der Schweiz 15 Prozent der Schutzsuchenden aus der Ukraine einer Arbeit nachgehen.
Im Gegensatz zu den üblichen Verfahren im Asylwesen dürfen die in der Schweiz lebenden rund 73’000 Menschen mit Schutzstatus S ab dem ersten Tag nach Erhalt des Status erwerbstätig sein. Aktuell machen davon jedoch nur 15 Prozent Gebrauch, wie eine Befragung der Berner Fachhochschule im Auftrag des Staatssekretariats für Migration (SEM) zeigt. Die meisten Ukrainerinnen und Ukrainer sind laut der Studie gut ausgebildet und würden gerne mehr arbeiten. So gaben rund 70 Prozent der rund 2000 Befragten an, einen Hochschulabschluss zu haben. Bei den 15 Prozent, die bereits erwerbstätig sind, beträgt das durchschnittliche Pensum 70 Prozent und der durchschnittliche Monatslohn 4500 Franken. Drei Viertel der Befragten gaben an, dass sie gerne mehr arbeiten würden. Der Grund, warum dies oftmals nicht klappt, liegt gemäss den Befragten grösstenteils an fehlenden Sprachkenntnissen. Weitere Hindernisse liegen laut den Schutzsuchenden in der Kinderbetreuung, der fehlenden fachlichen Qualifikation sowie einem zu langen Arbeitsweg. (liz)
Nachdem es in den ersten Monaten darum gegangen sei, dass sich die Leute im Alltag zurechtfinden, solle ihnen nun mittels Deutschkursen der Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht werden. «Sobald die Personen ‹fit› für den Arbeitsmarkt sind, können sie bei der Stadt Dietikon die gleichen Angebote wie Sozialhilfebeziehende nutzen», sagt Müller. So erhalten sie beispielsweise Einzelcoachings, bei denen auch Bewerbungsdossiers angelegt werden.
Beim Bewerben stossen die Ukrainer auf einige Hürden. Viele Frauen sind mit Kindern geflüchtet, die sie betreuen müssen. Auch die Sprache ist eine Barriere. So reden laut Müller viele Englisch, aber nur wenige Deutsch. Zudem liege eine grosse Unsicherheit in der Luft. Denn obwohl der Schutzstatus S bis März 2024 verlängert wurde, wissen viele Ukrainerinnen nicht, wie es weitergeht. Das sei für alle Beteiligten schwierig: «Auch Arbeitgebende müssen sich mit dieser unklaren Zukunft der Mitarbeitenden auseinandersetzen», sagt Müller.
Ein Plus sei dafür die gute Ausbildung. «Im Vergleich mit Flüchtlingen aus anderen Regionen kann durchaus gesagt werden, dass das Ausbildungsniveau höher ist», so der Dietiker Sozialvorstand. Es sei auch auffällig, dass die Geflüchteten einen guten Bezug zur digitalen Welt haben. So können sie sich leichter vernetzen und informieren.
In Schlieren haben zwölf Personen aus der Ukraine Arbeit gefunden oder leben in einem Haushalt mit jemandem, der sie finanziell unterstützt. Bei aktuell 124 Geflüchteten sind das rund zehn Prozent. Sozialvorständin Songül Viridén (GLP) gibt jedoch zu bedenken, dass man diese Zahl nicht isoliert betrachten könne. «Ein Teil der Geflüchteten sind Kinder, Mütter von Kleinkindern oder alte Menschen, die überhaupt nicht oder nicht so leicht in den Arbeitsmarkt einsteigen können», sagt sie. Dies müsse man bei der Berechnung berücksichtigen.
Sie sei zufrieden, dass sich immerhin zwölf Personen von den Unterstützungsleistungen gelöst haben. «Ich bin froh für jeden, der eine Stelle findet», sagt Viridén. Das sei keineswegs selbstverständlich oder einfach. «Alle Flüchtlinge werden angehalten, Integrationsmassnahmen zu besuchen und eine Arbeitsstelle zu suchen», so Viridén. Dabei stünden die städtischen Integrationsangebote im Bereich Gesellschaft, beispielsweise der Neuzuzügeranlass, auch den ukrainischen Flüchtlingen offen.
Wie Flüchtlinge aus anderen Ländern haben auch die Ukrainerinnen und Ukrainer Zugang zu den kantonalen Integrationsangeboten. «Diese werden intensiv genutzt», sagt Viridén. Insgesamt habe die Stadt Schlieren, die vor allem für die Unterbringung der Flüchtlinge zuständig ist, da die Asylorganisation Zürich die Betreuung übernimmt, bislang kaum negative Erfahrungen mit geflüchteten Ukrainern gemacht. «Auch mit den Gastfamilien läuft es gut», sagt Viridén.