Dietikon
Geschenke fahren neu von Dietikon aus lautlos durch die Nacht

Mit den grünen Wagen des Lieferdienstes Quickpac in Dietikon werden seit wenigen Wochen Pakete ausgeliefert. Die E-Autos fahren auch nachts in die Wohnquartiere.

Lydia Lippuner
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Grüne Autoflotte: Die 75 Elektroautos aus dem Depot in Dietikon fahren nun mit Weihnachtspäckli durch die Gegend.
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Sonja Keller ist die stellvertretende Depotleiterin.
Sortiert nach Farbe und Zahl: Christian Schneider ordnet die Päckli auf dem Rollband.
Im Schuss: An Spitzentagen beliefert Quickpac Dietikon bis zu 4000 Kunden.
Zusteller Christian Schneider bei der Arbeit vor seiner Tour.

Grüne Autoflotte: Die 75 Elektroautos aus dem Depot in Dietikon fahren nun mit Weihnachtspäckli durch die Gegend.

Sandra Ardizzone

Christian Schneider sortiert die Päckli auf dem Rollband. Ein farbiger Kleber zeigt ihm, wohin er das Paket legen muss. Der Kleber wurde kurz zuvor von einem Zusteller auf den Karton geklebt. «Das Sortiersystem nach Farben ist bereits zum Patent angemeldet», sagt Schneider. Dank der Codes soll die Päckliflut, die in Sattelschleppern anrollt, rascher sortiert werden. Einige Mitarbeitende orientieren sich dabei an den Zahlen, andere nur an den dazugehörigen Farben.

Der Post-Konkurrent mit den grünen E-Autos

Im November eröffnete Quickpac sein drittes Schweizer Logistikcenter im Dietiker Industriegebiet Silbern. Der Post-Konkurrent mit den grünen Elektro-PKWs steigt nun direkt in die Weihnachtssaison ein. Preislich soll Quickpac gut mit der Post mithalten können, wie es heisst. Denn der neue Lieferservice setzt statt auf riesige Sortiermaschinen und kostspielige Infrastruktur auf Elektronik und schlanke manuelle Prozesse.

An der Fassade des rudimentär eingerichteten Depots hängt noch das Firmenlogo der Pestalozzi AG, der Eigentümerin der Halle. Über dem Eingang verweist nur ein unscheinbares Schild auf den Lieferservice Quickpac. In der Halle stehen ein blaues Rollband und ein Bürocontainer. An der Wand hängen viereckige Farbbilder. Das Einzige, was ins Auge fällt, ist die hellgrüne Flotte Renault Kangoos, die noch am Stromkabel hängt.

5'000 Päckli am Black Friday

Seit dem Start Anfang November in Dietikon sortieren und verteilen rund 30 bis 50 Zustellerinnen und
Zusteller täglich bis zu 4000 Päckli von Onlinegiganten wie Microspot und Brack. Besonders viele Pakete sind es jeweils mittwochs und donnerstags, da die Leute Anfang Woche gern onlineshoppen. Am Black Friday verzeichnete Quickpac Dietikon einen Rekord von rund 5'000 Päckli.

«In den letzten Tagen war einiges los, doch wir können den Ansturm noch gut bewältigen», sagt Sonja Keller. Sie ist stellvertretende Leiterin des Depots in Dietikon. Die Zustellerinnen und
Zusteller arbeiten in zwei Schichten. Eine Tour erfolgt morgens, eine abends. Dank der leisen Autos können sie bis 22 Uhr in die Wohnquartiere fahren. Die Mittagstunden brauchen die Autos, um ihren Akku zu laden.

Grosszügige Kunden vergisst der Zusteller nicht

Schneider ist in den Startlöchern für seine zweite Schicht. Er habe einen schönen Job, sagt er. Denn er ist bei seinen Kunden stets willkommen: Man freue sich ja immer, wenn man ein Päckli erhalte.

In guter Erinnerung bleiben Schneider Empfänger, die ihm Trinkgeld oder etwas Süsses zugesteckt haben. «Das vergisst man nicht. Diese Adresse kann man besser behalten», sagt er lachend. Schwierig seien nicht etwa bissige Hunde oder verärgerte Nachbarn, sondern andere Verkehrsteilnehmer. «Wenn ich schnell an der Strassenseite anhalte, um ein Päckli in einen Milchkasten zu werfen, gibt es immer wieder solche, die hupen und schimpfen.»

Fahrstil und Wetter spielen eine grosse Rolle

Privat fährt Schneider einen benzinbetriebenen Automaten. Anfangs musste er sich deshalb einen neuen Fahrstil angewöhnen. «Bei Elektroautos sollte man nicht so viel bremsen, sondern mehr rollen lassen und rekuperieren, also Energie zurückgewinnen», sagt Schneider. Er fahre nun auch privat vorausschauender. «Nur lädt sich leider bei meinem Auto das Benzin nicht auf», sagt er.

Für E-Autos ist aber nicht nur der Fahrstil entscheidend, sondern auch das Wetter spiele eine Rolle. Bei kalten Temperaturen halte der Akku weniger lange, das müsse man auch einplanen, sagt Keller.

Unbekannte Adressen abends mit der Taschenlampe suchen

Das Quickpac-Depot in Dietikon beliefert das Gebiet vom Aargau über das Limmattal und Zürich bis nach Zug, die Zustellgebiete werden zurzeit laufend ausgebaut. Schneider fährt mit seinem Elektroauto meist in den Mutschellen und nach Affoltern am Albis. Vor kurzem sei er zum ersten Mal in Birmensdorf gewesen, erzählt er. «Zum Glück war ich in der Morgenschicht da, so konnte ich mich besser orientieren.» Abends müsse er unbekannte Adressen mit der Taschenlampe suchen. Das sei besonders in neuen Überbauungen eine Herausforderung.

Es bringt uns nichts, wenn der Zusteller das Päckli irgendwo schnell hinwirft.

(Quelle: Sonja Keller, Stellvertretende Leiterin Quickpac-Depot Dietikon)

Die Zusteller orientieren sich mit Google Maps auf den Strassen. Zudem weiss die Schichtleitung immer, wo die Autos sind. «Wir kontaktieren die Zustellerinnen und Zusteller, wenn wir sehen, dass sie eine längere Pause an einem Ort machen», sagt Keller. Das komme zum Beispiel vor, wenn Mitarbeitende eine Adresse suchen.

Doch obwohl Geschwindigkeit ein wichtiger Wert für die Zustellung der Weihnachtsgeschenke sei, so zählen auch andere Parameter wie Verlässlichkeit und Genauigkeit. «Es bringt uns nichts, wenn der Zusteller, das Päckli irgendwo schnell hinwirft», sagt Keller. Ob per E-Auto oder nicht, der Kunde wolle die Lieferung so schnell und ganz wie möglich erhalten.

Am Rollband weiss man nicht, welche Route man fährt

Sorgfalt soll sich auch beim Sortieren zeigen: Damit niemand die eigene Lieferung besser als die der anderen sortiert, wissen die Männer am Rollband nicht, welche Route sie fahren werden. Sie scannen die Pakete mit Fingerscannern, kleben Etiketten darauf und schichten sie in Gitterwagen.

Nach einer Weile ist das Rollband leer. Der Päcklinachschub fehlt. Der dieselbetriebene LKW steckt im Gubrist im Stau. Sobald die Lieferung dann da ist, sortieren die Männer die letzte Ladung. Es ist bald 17 Uhr, sie wollen nun so schnell wie möglich auf ihre Tour gehen. Schneider scheint noch ebenso entspannt wie vor zwei Stunden. «Ich habe 43 Päckli, die kann ich gut verteilen bis um 22 Uhr. Das ist kein Thema.»

Sparsam fahren und nicht zu viel bremsen

Schneider nimmt sein Gitter mit den Paketen und schiebt es zur Autoflotte. Auf dem Handy findet er nun seine Auslieferroute und die Nummer seines Fahrzeugs. Doch Schneiders Auto ist nicht am Platz. Er muss einen Ersatzwagen nehmen. Seine einzige Sorge: «Er ist nicht voll geladen», sagt er mit Blick auf die Akkuanzeige.

Schneider weiss aufgrund seiner Routenplanung, dass er 78 Kilometer fahren muss, das Auto hat Strom für rund 116 Kilometer. Er bespricht sich mit seiner Vorgesetzten. «Es sollte gehen, ich muss einfach sparsam fahren. Nicht zu viel bremsen», sagt er und lacht wieder. Dabei lädt er die Päckli der Reihe nach in den Kangoo.

Derweil machen sich bereits die ersten Zusteller mit ihren Autos auf den Weg. Der Schichtleiter klärt mit jedem die letzten Fragen und entlässt sie mit einem «Gute Fahrt» in den Abend. Beinahe geräuschlos reihen sich die Autos in die stockende Verkehrskolonne ein.