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Im Wiener Debüttatort von Regisseur Daniel Prochaska geht es emotional zu und her. Kein einfacher Fall für das Ermittlerteam Fellner / Eisner.
Wenn es draussen bitterkalt wird und sehr weihnachtet, erzählen Drehbücher beim «Tatort» Obdachlosengeschichten. Man darf sicher sein, dass unter den heimatlosen Figuren auch eine Frau mit Kind Zuflucht sucht, die – welch Zufall! – mit Maria ein paar biografische Lebensdaten teilt. Das war die letzten Jahre fast Naturgesetz. Und nicht immer schön.
Der Wiener «Tatort» «Unten» ist zum Glück kein offizieller Weihnachts-«Tatort» und gebärdet sich auch nicht so. Die Milieugeschichte, in welche die Wiener Ermittler Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) geraten, als sie den Tod eines auf der Strasse gelandeten Investigativjournalisten aufklären sollen, zeigt weder Obdachlose pauschalisiert als bebartete Alkoholiker, noch konnte seine konzentrierte Erzählweise durch einen coronabedingten Drehunterbruch Anfang Jahr zerstört werden.
Wie bei einer russischen Matrjoschkapuppe finden die Ermittler in einem banalen Mordmotiv ein neues. Doch die Motive werden, anders als bei dem russischen Kinderspielzeug, in ihrer Tragweite nicht kleiner, sondern wachsen sich monströs aus. Und die sich bald herauskristallisierenden Hauptverdächtigen sind so kalt, als habe man ihnen das Herz herausoperiert.
Die anfänglich banale Story wird zu einem Trichter, der einen in Abgründe zieht, wie das eine Netflix-Serie nicht besser könnte. Das gelungene «Tatort»-Debüt von Regisseur Daniel Prochaska ist gehüllt in eine klirrende atmosphärische Kälte, die an die Nieren geht. Wer sich darauf einlässt, ziehe sich warm an!
«Tatort» aus Wien – «Unten». ARD, Sonntag, 20.15 Uhr.