Popkultur-Glosse
Amerikaner in Europa: Warum funktioniert das bei «Ted Lasso» und geht bei «Emily in Paris» in die Hose?

Diese Woche lief die letzte Folge von «Ted Lasso», eine Fussball-Serie, die mich regelmässig gleichzeitig zum Lachen und zum Heulen brachte, während ich wie ein Affe in die Hände geklatscht habe. Im Gegensatz zu «Emily in Paris», einer Serie, die ich inbrünstig verabscheue, obwohl es auch um Amerikaner in Europa geht.

Nadja Zeindler
Nadja Zeindler
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Ein süsser Abschied ohne bitteren Nachgeschmack: «Ted Lasso» endet nach drei Staffeln.

Ein süsser Abschied ohne bitteren Nachgeschmack: «Ted Lasso» endet nach drei Staffeln.

Bild: Keystone

Es gibt Serien, die dramatisch sind, actionreich oder zum Totlachen. Und dann gibt es «Ted Lasso». Eine Serie über einen Amerikaner, der eine englische Fussballmannschaft trainiert, obwohl er (zunächst) keine Ahnung von Fussball hat. Und es ist das Wohltuendste, dass ich jemals gesehen habe! «Ted Lasso» ist auch dramatisch, manchmal actionreich und absolut zum Totlachen – und doch ganz eigen. Zum Beispiel werden sämtliche Liebesdramen und alle Streitereien gelöst, weil Menschen tatsächlich miteinander reden. Gesunde Kommunikation! Halleluja!

Das heisst nicht, dass die Serie nur voller Happy-Tralala ist. Es gibt ein paar sehr schwierige Themen und Momente, die herzzerreissend sind. Wenn Ted seiner Frau sagt, dass sie sich nicht mehr krampfhaft um ihre Ehe bemühen muss, und er bereit ist, sie loszulassen. Oder wenn er unter Panikattacken leidet.

Dann gibt es Momente, in denen Freundschaften zelebriert werden – zwischen Männern, zwischen Frauen und zwischen Männern und Frauen – und zumindest ich vor lauter Freude Rotz und Wasser geheult habe. Denn «Ted Lasso» ist tatsächlich eine «gesunde» Serie. Oder sie war es. Denn nun ist sie nach drei Staffeln zu Ende.

So fing alles an: Der Trailer zur ersten Staffel von «Ted Lasso».

Video: Youtube

Nicht viele Serien wagen es, wirklich einen Schlussstrich zu ziehen, und prügeln stattdessen eine Staffel nach der anderen vor sich hin, bis nur noch ein bitterer Nachgeschmack bleibt. Auch «Ted Lasso» war in der dritten Staffel nicht mehr ganz das Gleiche. Darum bin ich froh, dass sie nun vorbei ist und ich sie in bester Erinnerung behalten kann. Oder sie gleich noch mal durchsuchte.

Anders als «Emily in Paris». Und ja, ich habe schon ein paar Mal über diesen – meiner Meinung nach – grössten Brunz der Streaming-Geschichte gemotzt. Dabei gibt es zwischen ihnen sehr viele Gemeinsamkeiten. Also warum funktioniert das bei Ted, aber geht bei Emily gewaltig in die Hose?

Beide Shows hatten ihren Start mitten in der Pandemie. Ted und Emily sind beides Amerikaner, die nach Europa kommen und keine Ahnung von ihrem neuen Zuhause, von den Menschen oder von ihrem Job haben. Und beide sind super optimistisch, was mich als geborene Pessimistin wahnsinnig machen müsste. Das tut es aber nur bei Emily.

Und damit wären wir beim Problem: Emily ist perfekt. Obwohl sie eine grauenhafte Person ist, die Freunde und Kollegen ausnutzt und glaubt, die Welt – oder zumindest Paris – hat auf sie gewartet. Aber in der Serie kann Emily alles und jeder liebt sie. Wer es nicht tut, ist böse. Sie muss sich nie anpassen, denn früher oder später entwickelt sich alles zu ihren Gunsten. Nicht, weil sie dazulernt, sondern einfach so. Abgesehen davon ist ihre Version von Paris genauso, wie es sich jemand vorstellt, der noch nie da war.

Eine Serie, die mich wahnsinnig macht: «Emily in Paris».

Eine Serie, die mich wahnsinnig macht: «Emily in Paris».

Bild: Keystone

Dagegen ist Ted nicht perfekt. Er muss sich durchsetzen, er wird vor allem am Anfang konstant unterschätzt und seine Mannschaft verliert auch mal ein wichtiges Spiel. Bösewichte sind auch nicht einfach böse. Und das Wichtigste: Ted will seine Mitmenschen verstehen und kennen lernen. Er ist neugierig und versteht, dass sich nicht immer alles nur um ihn dreht.

Apropos: Bei Emily dreht sich alles nur um sie. Das glaubt sie nicht nur, die Serie ist auch so. Die Nebendarsteller sind praktisch nur Zimmerpflanzen zur Deko.

«Ted Lasso» ist dagegen ein Ensemble und die Nebendarsteller haben alle eigene Geschichten. Brummbär Roy muss damit klarkommen, dass seine besten Tage als Spieler hinter ihm liegen, Rebecca muss ihr Leben als Besitzerin einer Fussballmannschaft und ihr eigenes Liebesleben managen und Jamie muss vom arroganten Fussballstar mit schwierigen Familienverhältnissen zu einem Teammenschen werden. Manchmal käme die Serie fast ohne Ted aus. Aber nur fast. Genau darum geht er mir auch nicht dermassen auf den Sack wie Emily. Abgesehen davon, dass «Emily in Paris» einfach nur dumm ist. Und da ist leider noch kein Ende in Sicht.

Also ein Hoch auf «Ted Lasso»! Eine fabelhafte Serie mit wahnsinnig viel Herz, bei der ich am Ende zwar immer noch keine Ahnung von Fussball habe, aber dafür was fürs Leben gelernt habe. Zum Beispiel: «Sei ein Goldfisch!» Das soll quasi bedeuten, dass man die Vergangenheit nach zehn Sekunden gleich wieder vergessen und nach vorne schauen soll. Das tun Goldfische zwar nicht, wie mittlerweile bewiesen ist, aber hey, «Ted Lasso» ist wie gesagt nicht perfekt. Und doch die perfekte Serie.