«No Time to Die»
Wenn nicht Viren die Menschheit bedrohen, sondern Nano-Bots: So gut ist der neue «James Bond»

«No Time to Die» ist der Abschluss der James-Bond-Reihe mit Daniel Craig in der Hauptrolle. Am Dienstagabend war Premiere, wir waren dabei. Und wir fragen uns, wurde uns gleich die neue Hauptfigur vorgestellt?

Daniel Fuchs
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«No Time to Die» ist der fünfte Bond der Reihe mit Daniel Craig in der Hauptrolle als britischer Spion.

«No Time to Die» ist der fünfte Bond der Reihe mit Daniel Craig in der Hauptrolle als britischer Spion.

Universal Pictures

Null Glamour, dafür Shoppingcenter-Feeling und statt Martini geschüttelt gab es Glacé vom Selbstbedienungskiosk: Während Facebook die Bond-Gala live aus London übertrug und die Prominenz im Rahmen des Zürcher Filmfestivals ZFF den neuen Bond-Film im Kongresshaus sah, kamen Journalisten in einem Multiplex-Kino in der Agglomeration in Spreitenbach in den Genuss des neuen Bonds.

«No Time to Die» hat zwei Jahre Verspätung, endlich, diesen Donnerstag kommt er regulär ins Kino. Es ist der fünfte Bond der Reihe mit Daniel Craig in der Hauptrolle als britischer Spion. Und der letzte. Während die Wetten schon lange auf mögliche Craig-Nachfolger für Bond schliessen, präsentiert uns «No Time to Die» gleich selbst dessen Nachfolge im britischen Geheimdienst MI 6. Dazu aber später.

Eine Verfolgungsjagd in Jesus-Kulisse, ein Titelsong von Billie Eilish

Los geht’s in bester Bond-Manier, wieder einmal Schnee, nicht in der Schweiz zwar, dafür im nicht weniger schönen Norwegen. Es ist eine Rückblende, erfahren wir. Madeleine Swan (gespielt von Léa Seydoux), die Geliebte von James Bond im letzten Agentenstreifen «Spectre» (2015), erlebt Traumatisches in ihrer Kindheit.

Madeleines Erinnerungen kommen hoch bei einem Aufenthalt mit Bond (Daniel Craig) in Matera, Süditalien, der Filmkulisse mehrerer Jesusverfilmungen. Natürlich wird aus dem Urlaub nichts, Bonds Leinenanzug wird schnell schmutzig und er muss sich mit waghalsigen Sprüngen vor seinen Häschern retten. Wir bekommen eine Verfolgungsjagd im Retrolook mit, die zu den besseren in der Geschichte der Bond-Filme gehört.

Der offizielle Kino-Trailer zu «No Time to Die»

Youtube/Universal Pictures UK

Schon sind wir mitten drin in einer spannungsgeladenen Geschichte und realisieren erst nach einer guten halben Stunde, als Billie Eilish ihren Titelsong haucht, stimmt, das war ja erst die Vorgeschichte. In sechs Jahren Bond-Pause vergisst man gerne, nach welchem Muster die Filme nach der literarischen Vorlage von Ian Fleming gestrickt sind. Lange Vorspanne und ein mit viel Getöse angekündeter Titelsong in einer aufwendigen Titelsequenz gehören zu den Markenzeichen von Bond.

Eine Wunderwaffe, die genetisch gezielt eingesetzt wird

Vieles kommt uns zwar bekannt vor, aber Spass macht es allemal: Verfolgungsjagden gibt es in den insgesamt 163 Minuten gleich mehrere sehr ansehnliche. Und wie immer schüttelt Bond seine Verfolger ab.

Doch der Reihe nach: Aus einem Labor des britischen Geheimdiensts entwenden Söldner der Organisation Spectre eine Wunderwaffe. Mit Nano-Bots sollen bestimmte Menschengruppen - DNA-Programmierung sei Dank - angegriffen werden und getötet werden können. Dass unter der Leitung des MI 6 gleich eine Massenvernichtungswaffe entstanden ist, betrübt den MI 6-Chef M (Ralph Fiennes) sehr.

Sie erinnern sich, an der Spitze von Spectre steht Blofeld, der Halbbruder von Bond (gespielt vom Allzeit-Bösewichten Christoph Waltz, der auch jetzt wieder einen tollen, wenn auch kurzen Auftritt hinlegt). In «No Time to Die» nun wird dieser abgelöst vom sehr verletzten und rachsüchtigen Lyutsifer Safin (gespielt von Rami Malik). Leider macht diese Figur nicht halb so viel Spass wie die von Blofeld.

Rami Malek als Lyutsifer Safin.

Rami Malek als Lyutsifer Safin.

Universal Pictures

Ein paar Einstellungen später, Bond geniesst den Ruhestand in der Karibik und erhält Besuch. Er muss lernen, beim MI6 hat man ihn ersetzt. Im Kreis der 00-Agentinnen und -Agenten trägt nun jemand anderes die 7. Natürlich braucht der britische Geheimdienst wieder einmal die Hilfe des unverzichtbaren Bond.

Und während Bond die Leitlinien der Spion-Handbücher, sagen wir einmal, in gewohnter Manier strapaziert oder sich darüber hinwegsetzt, folgt ihnen die Person mit dem Codenamen 007 wortgetreu. Und wir fragen uns: Servieren uns die Macher um Regisseur Cary Joji Fukunaga mit «No Time to Die» gerade Daniel Craigs Nachfolge für die Rolle als Bond? Oder ist das alles eine ironisch gemeinte Anspielung auf die Diskussionen um all die Unzulänglichkeiten, mit denen Bond charakterisiert wurde?

Verraten wollen wir hier nicht viel mehr. Bond kriegt seinen Codenamen 007 zurück, wenn auch nur vorübergehend. Wer darf sich als Nächstes 007 nennen? Nur so viel: Mit der in «No Time to Die» vorgestellten Personalie würde die Reihe der Bond-Darsteller auf einen Schlag diverser. Und das in mehrfacher Hinsicht. Ob ironisch oder ernsthaft: Die Einführung der Bond-Nachfolge beim MI 6 wird in «No Time to Die» gut gelöst.

Lashana Lynch als 007-Nachfolgerin Nomi.

Lashana Lynch als 007-Nachfolgerin Nomi.

Universal Pictures

Für die Rettung muss Bond ans Äusserste gehen - und darüber hinaus

«No Time to Die» fügt sich nahtlos in die Reihe von «Casino Royale» (2006), «A Quantum of Solace» (2008), «Skyfall» (2012) und «Spectre» (2015) ein. Wir sehen einen nachdenklicheren, verletzlicheren Bond als er in den Filmen mit den Darstellern von Sean Connery bis Pierce Brosnan gezeichnet worden war. Auch holt Bond in «No Time to Die» wieder eine alte Geschichte ein. Und diesmal, muss er lernen, kann er den Weltuntergang nur noch verhindern und seine Liebsten nur retten, indem er ans Alleräusserste geht.

Hat sich das jahrelange Warten auf Bond gelohnt? Wir finden ganz klar, ja. Der Abschluss der Reihe mit Craig in der Hauptrolle ist gut gelungen.

So feierten die Schweizer Promis die Bond-Premiere in Zürich am ZFF:

VideoUnit/CH Media