Es musste Schlimmstes befürchtet werden: Auf der Comeback-Tour von Whitney Houston mussten Konzerte abgesagt werden, andere wurden zum Desaster. Das Konzert im Hallenstadion Zürich begann ordentlich. Doch die 46-Jährige hat ihre Strahlkraft verloren.
Stefan Künzli
Eingepackt in einen vierköpfigen Chor wurde die 46-jährige Sängerin gut getragen. Die fülliger gewordene Houston wirkte aber sehr ungelenk. Auch die erste grosse Prüfung mit der Ballade «I Look To You» gelang ihr ansprechend.
Ihre Stimme ist nach den Jahren im Drogensumpf merklich tiefer geworden. Leicht heiser und immer etwas belegt. Zuweilen erinnerte sie sogar an Tina Turner. Im mittleren Bereich hat ihre Stimme sogar an Charakter und Reiz gewonnen. Whitneys grosse Hypothek ist ihre Vergangenheit, die Erinnerung an die wunderschöne, elegante Frau, die singen und virtuos schmettern konnte wie keine andere. Hin und wieder lässt sie diese grossen Zeiten anklingen, doch es lässt sich nicht verbergen, dass sie körperlich und stimmlich angeschlagen ist.
Sie ringt nach Luft. Schwitzt, muss sich pudern und schon nach gut dreissig Minuten muss sie eine längere Pause machen. Aber vor allem: Die ganz grosse Strahlkraft ist vorbei. Wo früher nach der Steigerung noch eine weitere Steigerung folgte, kommt nichts mehr. Das Publikum will eine Whitney Houston schmettern hören. Doch dem weicht sie aus. So geraten Songs wie «Greatest Love Of All» und «I Will Always Love You» zu Zitterpartien für Publikum und Star. Schafft sie die Höhe? Oder fast? Oder gar nicht? Man hätte Whitney nach ihrem langen Leiden ein grosses Comeback so sehr gegönnt. Doch ihre Stimme hat einfach zu sehr gelitten. Das Konzert in Zürich ist nicht zum Desaster geworden wie an anderen Orten. Doch Whitney Houston ist definitiv eine andere geworden.