Die Kulturszene verliert einen seiner Pioniere. Der britische Maler Lucian Freud, der mit fleischigen Aktbildern berühmt wurde, ist in London mit 88 Jahren gestorben.
Zwei der grössten figurativen Maler des 20. Jahrhunderts sind Engländer: Lucian Freud und Francis Bacon. Beide haben die Menschen erbarmungslos dargestellt, und beide haben in den Porträts immer auch das Wesen des Menschen ergründen wollen. Doch ihre Gemälde könnten unterschiedlicher nicht sein.
Bei Bacon (1909-1992) zerfliessen die Konturen und Räume, die Welt schwindelt und macht schwindlig. Freud dagegen kostete jede Falte, jedes Fettpolster unbarmherzig aus. Seine Models sucht er sich gegen alle gängigen Schönheitsideale aus - wer vom Leben, von Ausschweifungen geformt, gezeichnet oder gar lädiert ist, interessierte ihn.
International gefragt
Man kann diesen Hang als erbbedingt betrachten, war der 1922 geborene Lucian Freud doch der Enkel von Psychoanalytiker Sigmund Freud. Im Jahr der Machtübernahme der Nazis 1933 war die Familie von Wien nach Grossbritannien emigriert. Lucian Freud war seit 1939 britischer Staatsbürger. 1983 wurde er von Queen Elisabeth II. zum Companion of Honour ernannt, zehn Jahre später erfolgte seine Aufnahme in den Order of Merit.
Lucian Freud war als Maler international gefragt, seine Aktbilder, Porträts und Stillleben wurden weltweit gezeigt und gehandelt - und sie erzielten in den letzten Jahren Fabelpreise. 2008 wurde «Benefits Supervisor Sleeping», das 1995 entstand und das Aktmodell Sue Tilley zeigt, für 33,6 Millionen Dollar auf einer Auktion versteigert.
Uneheliche Kinder und Affären?
Doch Lucian Freud machte nicht nur als Maler Schlagzeilen. Er soll Dutzende uneheliche Kinder und zahllose Affären gehabt haben. Auch zuschlagen konnte der Künstler. Ein Selbstporträt mit einem blauen Auge, das er sich bei einer Schlägerei mit einem Taxifahrer eingefangen hatte, kam 2010 für mehr als 2,8 Millionen Pfund unter den Hammer.