Die Kunst von Tania Pérez Córdova widmet sich der Seele von Objekten. Hokuspokus? Ganz im Gegenteil!
Haben Objekte eine Seele? Ist ein gusseiserner Topf mit Patina ein anderes Objekt als sein neuer Kumpan, frisch ab Produktion? Ein echtes Goldkettchen was anderes als eine billige Kopie? Eine antike Skulptur anders als ein zeitgenössisches Denkmal? Haben die einen was erlebt, die anderen nicht?
Und wenn ja: was? Wovon sind sie gezeichnet, was tragen sie mit?
Tania Pérez Córdova ist hier, um es herauszufinden. Die mexikanische Künstlerin nimmt Objekte und schreibt ihnen eine Seele ein. Was erst einmal sehr abstrakt klingt, wird im Oberlichtsaal der Kunsthalle Basel aufs Schönste veranschaulicht. Fürs erste sind da die Schattenobjekte: In der Mitte des Raumes liegen auf einem weissen Stoff ausgebreitet Gegenstände, die die Künstlerin erst eingeschmolzen und dann wieder in ihre alte Form gebracht hat. Dinge wie der kohlengraue Gusseisentopf oder trübe Wasserkrug sind nur noch Andeutungen ihrer selbst, sie sehen mitgenommen aus, wie Schatten der perfekten Wesen, die sie einmal waren. Das erinnert an die berühmte Theorie aus dem Film «21 Grams»: Im Moment wo ein Mensch stirbt, wird er 21 Gramm leichter. Ist es die Seele, die ihn verlässt?
Jeder, der schon einmal einen Verstorbenen gesehen hat, weiss auch, dass Tote ganz anders aussehen als ihre lebenden Vorgänger. Wie der Schatten des perfekten Lebewesens, das sie einmal waren. Pérez Córdova beschäftigt sich mit diesem Verlust, indem sie Vergänglichkeit verdinglicht.
Eine Seele darstellen kann man aber auch, indem man das Wesen eines Objekts infrage stellt. Im Trügerischen liegt das Lebendige, in der Dissonanz die Vitalität. Im Raum hängen mehr als neun Meter aneinandergehängter Goldkettchen – eines davon ist echt. Zumindest, wenn man dem Verkäufer glauben soll, von dem es Pérez Córdova an einem Markt in Mexiko-Stadt gekauft hat. Die anderen hat sie am selben Ort erstanden, für den Preis von Modeschmuck.
Welches ist denn jetzt «the real thing» und welche tun nur so? Und tun sie wirklich so oder attestieren wir ihnen ein Verhalten, das sie gar nicht an den Tag legen können? Schliesslich sind es doch einfach Objekte. Oder? Und zum Dritten wären da noch die Geschichten. Ein Objekt lebt durch seine Patina; die Hände, durch die es gegangen ist; die Erinnerungen, die an ihm hängen. Die Geschichten, die ihm anhaften. Darin ist Pérez Córdova besonders gut. Im Raum hinter dem Saal hat sie die Wände mit einer Mischung aus Schiesspulver, Kosmetik und Vulkanasche aus ihrer Heimat bestrichen. Die Story dahinter? Sie lächelt. Na, gerade eben die Möglichkeit einer Story.
Im antiken Ägypten seien bestehende Sphinx-Statuen in jeder Ära wiederverwendet und verändert worden, erzählt sie. Ein neuer Pharao passte jeweils die Gesichtszüge der Statue des früheren Pharaos seinen eigenen an. «Die Statuen entzogen sich der Zeit, die Pharaonen aber versuchten sie immer wieder dingfest zu machen, in dem sie sie mit ihren Geschichten beluden.» Und das Resultat davon? «Nennen wir Vergangenheit.»
Tania Pérez Córdova «Daylength of a Room», Kunsthalle Basel, bis 6. Januar.