Kulturveranstaltungen
Gibt es echten und unechten Applaus?

Im Theater und der Oper verrät der Applaus einiges – über das Stück und das Publikum.

Mathias Balzer
Drucken
Es ist geschafft - grosser Applaus

Es ist geschafft - grosser Applaus

Limmattaler Zeitung

Im Theater und der Oper ist der Applaus ein zuverlässiger Gradmesser für die Wirkung einer Aufführung. Dabei gibt es feinste Abstufungen, die dem geübten Ohr einiges über die Spannung und Befindlichkeit im Publikum verraten. Da gibt es den unmittelbar nach dem letzten Wort einsetzenden Applaus, der rasch, aber kurz anschwillt. Er zeigt an, dass das Publikum das Gesehene eher wegklatschen als loben möchte.

Ein klar negatives Verdikt ist der kurze, verhaltene, versandende Applaus. Das ist aber eine eher seltene Variante. Für mindestens zwei «Vorhänge» reicht es in den allermeisten Fällen. Das Theaterpublikum ist höflich, und verdankt die Bemühung der Schauspielerinnen und Schauspieler immer, auch wenn das Stück misslungen ist.

Aber auch der Applaus kann misslingen. Das ist dann der Fall, wenn der Eindruck entsteht, dass das Publikum sich vor allem selbst gerne klatschen hört, die Akteure sich jedoch schon etwas ermüdet an die Rampe schleppen.

Applaus als Fake oder als fadengerade Brandung

Zeitweilig wird der Applaus auch gefaket. Meist durch Theaterkollegen und Angehörige, die als Claqueure agieren. Das sind diejenigen, die anfangen zu stampfen. Die andere Unsitte, oft in Italien gesehen, ist die, Musik beim Applaus einzuspielen. Das fördert den Herdentrieb (siehe Artikel oben).

Der echte, wirklich gute Applaus setzt erst nach kurzem Schweigen ein. Die Pause markiert Betroffenheit. Dann steigt das Klatschen zu einer Brandung an, die lange anhält, ohne Stampfen, vielleicht aber stehend. Eine Respektbezeugung, ungeheuchelt, fadengerade.

Für all diese Varianten braucht es jedoch Publikum. Wie sich der Applaus unter Covid-19-Distanzregeln entwickeln wird, wissen wir noch nicht. Halten Sie sich jedoch auch jetzt an die wichtigste Regel: Nichtklatschen braucht zwar Mut, gehört jedoch zum Theater – wie die Wahrheit.

Theaterpremieren in Basel
Theater Basel: «Draussen vor der Tür». Dienstag, 9. Juni. Roxy Birsfelden: «Book is a Book is a Book». Dienstag, 9. Juni. Kaserne Basel: «Kaserne Lokal». Freitag, 12. und Samstag, 13. Juni.