Alles bestens beim Lörracher Rapper Viko63 und seinem Basler Produzenten Penglord. Am Wochenende hat das als Meme-Phänomen verschriene Duo sein neues «Bootleg Tape» veröffentlicht und sich zweimal von den Jungen und Schönen in der ausverkauften Kaserne feiern lassen.
Der Basler mit dem aktuell grössten Hype kommt aus Lörrach: Rapper Viko63 hat Millionen von Spotify-Aufrufen und das Gesicht eines verschallerten Engels. Damit nuschelt er auf Beats, die der Basler Penglord produziert. Die beiden Kumpel sind jung und tragen Sonnenbrillen in dunklen Räumen. 100 Prozent Vibe sind der Schlüssel.
Sommer 2021. Viktor Krohm, wie Viko63 bürgerlich heisst, macht sein Abitur in Lörrach und veröffentlicht zusammen mit Penglord den Song «Mucho Gusto». Der Beat lädt zum Kopfnicken ein, Viko erzählt darauf von einem Mädchen, für das er sich interessiert: «Sie findet Wein mucho gusto / doch er muss süss sein, also hol’ ich ihr Lambrusco». Viko holt ihr auch Bordeaux und Weisswein und wird am Ende des Songs für seinen Eifer belohnt.
Der Text ist albern, platt und eingängig: ein Ohrwurm. Im Video dazu performt Viko den Song in rotem Lacoste-Sweater, links das Rotweinglas, rechts die Zigarette: eine Ikone. Im Herbst 2021 fluten «Mucho Gusto»-Memes das deutschsprachige Internet, Einzelne verkleiden sich an Halloween mit Lacoste-Pullover und Lambrusco-Glas als Viko63.
Viko als «Meme-Rapper» mit raschem Ablaufdatum abzutun, ist allerdings zu einfach, schon damals. Ein Blick auf die Diskografie vor «Mucho Gusto» zeigt, dass der Song kein Zufall ist, sondern einer dezidierten Ästhetik folgt, irgendwo zwischen Feiern, Ulk, Herz- und Weltschmerz. Meistens aber Ulk. Auf die Memes angesprochen, kurz nachdem «Mucho Gusto» viral geht, sagt Viko: «Ich find’s eher lustig. Wir bieten das Produkt und die Leute können damit machen, was sie wollen. Das, was dann beim Zuhörer passiert, oder beim Zuschauer, ist mir im Prinzip ziemlich egal. Ich weiss, was ich mache.»
Es sind keine Umwälzungen der Pop-Kultur, die Viko und Penglord vornehmen. Das müssen sie auch nicht. Es reicht, dass die beiden ein bekanntes Song-Rezept weiter perfektionieren, das auch «Mucho Gusto» befolgt: Man nehme einen guten Beat, House oder Techno. Man schreibe Zeilen, die schlichten Hedonismus schildern, eingängig formuliert. Man serviere die Zeilen lässig auf dem Beat und ergänze – optional – mit einem Musikvideo, aufwendige Mache, billiger Look. Man folge den Gesetzen der Aufmerksamkeitsökonomie, begrenze den Song auf höchstens drei Minuten und eröffne ihn mit der Hook, also dem Refrain.
2018 bringen Viko und Penglord erste gemeinsame Projekte heraus. Diese orientieren sich stark am deutschsprachigen Cloud Rap der späten 2010er-Jahre – Anleihen bei Musikern wie dem Österreicher Yung Hurn oder dem Deutschen Rin sind unüberhörbar.
Schauplatz ist bei Viko und Penglord allerdings weder Berlin noch Wien, sondern Basel, seltener Lörrach. In den Songs erzählt Viko, wie er mit dem Velo an den Rhein radelt oder am Barfi auf seinen Dealer wartet. In den Musikvideos, meist von Viko selbst produziert, blödeln er und Entourage in Kleinbasler Brockis oder schleichen um den verschneiten Zolli.
Am letzten Wochenende haben Viko und Penglord ihre neue EP «Bootleg Tape» in der Kaserne mit zwei ausverkauften Konzerten gefeiert. Das atemlose «Bootleg Tape» folgt auf die nachdenklichere EP «Strada d’Amore» (2022) und schillert hübsch im Stroboskoplicht. In der Kaserne wird endgültig klar: Der «Meme-Rapper» ist keiner. «Mucho Gusto» ist nur einer von vielen Hits und wird irgendwann in der Set-Mitte gespielt; ohne grössere Aufregung, als neben Gras und Schweiss nicht eh schon in der Luft liegt. Auch die Menge ist jung und schön, sie kennt die Zeilen fast aller Songs. Viko sagt: «Heimspiel gewonnen.»
Übrigens glitzert derselbe Viko, der sich in der Kaserne für die Zeilen «kein Schickimicki / Basel City Techno Schuppen» zujubeln lässt, seit Anfang Jahr im Glamour der Modewelt: An der Mailänder Fashionweek im Januar 2022 läuft Viktor Krohm als Model für Fendi und Prada. Das liesse sich als Widerspruch werten.
Man kann aber auch konsequent finden, dass einer, der in seinen Songs virtuos Oberflächen poliert und aussieht wie Hollywood-Star Timothée Chalamet, sich von einer Model-Agentur verpflichten lässt. Dem Internet jedenfalls gefällt's.