Nach zwei defizitären Pandemiejahren wollte der Basler Regisseur Giacun Caduff sein Cinema Drive-in in Pratteln eigentlich absagen. Seine Nichte überzeugte ihn vom Gegenteil.
Ihr Streit um die Fernbedienung katapultiert zwei einsame amerikanische Teenager – gespielt von Reese Witherspoon und Tobey Maguire – in die schwarz-weisse Welt einer Sitcom. Der Mut zur Veränderung und das liberale Gedankengut, mit dem die rebellische Jennifer und ihr angepasster Bruder David die Bewohner des restriktiven «Pleasantville» färben, seien ansteckend, prophezeit Giacun Caduff, der Veranstalter des Prattler Autokinos Cinema Drive-In.
Neu aufgestellt, zeigt das etablierte Format auf dem Areal der Sieber Transport AG erstmals filmische Höhepunkte aus einer Dekade. An drei Wochenenden bringt das «90er-Jahre-Special» zehn Klassiker auf die Grossleinwand. Dabei hätte das Autokino in diesem Jahr beinahe pausiert.
Inmitten der Pandemie habe Mitbegründer Marc Hermann beschlossen, weniger operativ tätig zu sein, berichtet der Basler Filmemacher Caduff und fügt an: «Das hat sich schon länger abgezeichnet.» Nach Hermanns Rücktritt und zwei defizitären Pandemiejahren hat Caduff kurz vor Weihnachten 2021 beschlossen, auf die 13. Ausgabe zu verzichten, erzählt er.
«Meine Nichte löste die Kehrtwende aus», betont der 43-Jährige. Für die neunjährige Filmliebhaberin seien unter dem Weihnachtsbaum Rollschuhe gelegen. «Sie hat mir verkündet, dass sie ein halbes Jahr üben werde, um bei uns mitzuarbeiten», erinnert sich Caduff, der kurzerhand beschloss, den Event innerhalb von sechs Monaten zu organisieren.
Mit frischem Elan, einem ehemaligen Rollergirl und Caduffs Jugendfreund im Team sei das Cinema Drive-In daraufhin «neu geboren», erzählt der Kulturschaffende. «Sogar das Kino Oris in Liestal hat uns mit Lizenzen und Projektion geholfen», schwärmt er und betont: Während der Pandemie habe sich gezeigt, wer in der Kulturszene aktiv zu sein vermag.
Zwar gebe es für VIPs neu Malertape aufs Auto und die Burger auch an der Buvette statt nur ans Autofenster – im Kern bleibe sich die diesjährige Ausgabe jedoch treu. Punkto Filmauswahl gehe man in diesem Jahr neue Wege. «Klassisches Storytelling und grosse Stars», fasst Caduff zusammen.
Das Konzept scheint aufzugehen – die Actionkomödie «Rush Hour», die zur Premiere gezeigt wird, ist bereits ausverkauft. Mit Ridley Scotts Roadmovie «Thelma & Louise», «12 Monkeys» mit Bruce Willis und dem «Schweigen der Lämmer» setzt Caduff auf viel Kult und grosse Namen. «Jonathan Demmes Horrorfilm wirkt gerade wegen der langen Szenen eindrücklich», betont Caduff.
Seinen Lieblingsfilm aus den 90ern kann Caduff allerdings nicht zeigen. «‹Donnie Darko› war unser Film», erzählt er von seiner bewegten Zeit inmitten der amerikanischen Filmszene der 90er und bedauert: Dessen Rechte seien nicht aufzutreiben. Je älter die Filme, desto schwerer die Beschaffung. Die Studiobetreiber seien bemüht, neue Geschäftsmodelle zu pushen.
Seine Kunden schätzen den Gemeinschaftsfaktor beim Kinobesuch nach wie vor und seien mittlerweile Stammkunden, meint Caduff. Er freut sich, dass man trotz des finanziellen Faktors ein familiäres Projekt geblieben sei.
Wie persönlich das Autokino geblieben ist, zeigt auch ein Blick aufs Programm des dritten Veranstaltungswochenendes. Dieses sei der Freundschaft zu einem New Yorker Bekannten, der seinen Flug in die Schweiz 20 Jahre lang aufschob und schliesslich während der Pandemie stornieren musste, gewidmet.
«Good Will Hunting» – ein Drama um Identität und versteckte Genialität, besetzt mit Ben Affleck und Matt Damon – sei dessen Lieblingsfilm, sagt Caduff, der seinen Freund gebührend empfangen will: «Er wird hoffentlich anmoderieren.»
Cinema Drive-In
Areal der Sieber Transport AG / Sprisse-Areal, Pratteln. Bis 23. Juli.
www.cinema-drive-in.ch