Die Trump-Regierung hat die Konfliktparteien im Jemen-Krieg aufgefordert, innerhalb von 30 Tagen eine Waffenruhe einzurichten. Der Fall Khashoggi dient dabei als Gelegenheit, Druck auf die Saudis auszuüben.
Dreieinhalb Jahre nach Beginn des Krieges im Jemen haben die USA einen offenbar ernsthaften Versuch zu dessen Beendigung gestartet. In einer konzertierten Aktion riefen der amerikanische Verteidigungsminister James Mattis und US-Aussenminister Mike Pompeo die Konfliktparteien zu einem Waffenstillstand innerhalb von 30 Tagen auf. Anschliessend sollten «substanzielle» Friedensverhandlungen unter der Leitung des UNO-Sondergesandten Martin Griffiths in einem neutralen Land, vermutlich in Schweden, beginnen.
Man wolle «alle Parteien», also die Huthis sowie die von Saudi-Arabien geführte Koalition, am Verhandlungstisch sehen, sagte Mattis, der von den proiranischen Rebellen die Einstellung ihrer Drohnen- und Raketenangriffe auf Ziele in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten forderte. Im Gegenzug müsse auch die saudische Luftwaffe ihre häufig wahllosen Bombardements im Jemen unverzüglich stoppen.
Es ist sicherlich kein Zufall, dass die Trump-Administration gerade jetzt den Versuch zur Beendigung des Blutvergiessens im Jemen gestartet hat. Der Druck des amerikanischen Kongresses, noch vor den Zwischenwahlen kommende Woche im Jemen aktiv zu werden, nimmt ständig zu.
Zudem bietet die weltweite Empörung über die Ermordung von Jamal Khashoggi durch staatliche saudische Killer der US-Diplomatie eine hervorragende Gelegenheit, Druck auf den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman auszuüben. Gestern bestätigte die türkische Staatsanwaltschaft, dass Khashoggi erwürgt und sein Leichnam danach «in Stücke zerteilt» worden ist.
Kronprinz bin Salman hatte in seiner Funktion als Verteidigungsminister im März 2015 den Krieg im Jemen begonnen. Binnen weniger Wochen, versprach er damals, würden im Rahmen der Operation «Sturm der Entschlossenheit» die Kriegsziele, also die Wiedereinsetzung der von den Huthis aus Sanaa vertriebenen jemenitischen Regierung, erreicht werden. Tatsächlich verursachte der Krieg nach UNO-Erkenntnissen die schlimmste humanitäre Katastrophe weltweit. 28 000 Menschen wurden getötet. Rund 10 000 von ihnen waren Zivilisten. Mehr als die Hälfte der 27 Millionen Einwohner sind durch den brutalen Bürgerkrieg von Hunger bedroht. Sie können nur deshalb überleben, weil internationale Hilfsorganisationen die Menschen mit Lebensmitteln und Medikamenten versorgen. Die meiste Nothilfe erreicht das ärmste Land Arabiens über den Rotmeer-Hafen von Hodeida, der gegenwärtig heftig umkämpft, aber wohl noch immer offen ist.
Weder die Huthis noch die Regierungen in Riad und Abu Dhabi haben auf das Ultimatum der Amerikaner bisher reagiert. Die Saudis hatten zunächst auf eine Kapitulation der Huthis gesetzt und dann versucht, den Krieg militärisch zu entscheiden. Nun müssen sie sich, falls alle Konfliktparteien einem Waffenstillstand zustimmen, gemeinsam mit den schiitischen Rebellen an einen Verhandlungstisch setzen, der nicht in Saudi-Arabien, sondern vermutlich in Schweden aufgestellt werden wird.
Sollten die Saudis sich sträuben, ihre Luftangriffe im Jemen zu beenden, verfügen die Amerikaner noch über andere Mittel, den Bombenkrieg zu stoppen: Fast jedes saudische Kampfflugzeug, das zu Angriffsflügen im Jemen aufsteigt, wird in der Luft von US-Flugzeugen mit Treibstoff versorgt. Damit sind die USA indirekt an dem Bombenkrieg beteiligt, der durch eine Einstellung dieser «technischen Hilfe» sofort beendet werden könnte.