Am Wochenende wetzten die beiden Staatslenker noch einmal ihre Krallen. Biden schickte eine Warnung an Putin.
Sein letztes Zusammentreffen mit einem amerikanischen Präsidenten dürfte Wladimir Putin in bester Erinnerung geblieben sein. Im Juli 2018 wickelte der Kreml-Chef in Helsinki Donald Trump nach allen Regeln der Kunst um den Finger und brachte den US-Präsidenten dazu, sich vor der versammelten Weltpresse zum Clown zu machen. Wenige Tage, nachdem das US-Justizministerium zwölf Russen wegen Wahleinmischung angeklagt hatte und die US-Geheimdienste eindeutige Beweise für die russischen Manipulationsversuche vorlegten, sagte Trump:
«Präsident Putin hat mir gesagt, Russland habe das nicht gemacht. Er hat das sehr überzeugend abgestritten. Wieso sollte ich ihm nicht glauben?»
Auf einen derartigen diplomatischen Triumph darf sich Putin beim bevorstehenden Gipfeltreffen mit Trumps Nachfolger Joe Biden am Mittwoch in Genf nicht einstellen. Im Gegenteil. Beide Präsidenten haben in den vergangenen Tagen noch einmal ihre Krallen gewetzt und klargemacht, dass man die Samthandschuhe gar nicht erst zum «Summit» in die Schweiz mitnehme. Biden hat bei einem Auftritt vor US-Soldaten auf dem Militärflugplatz im englischen Mildenhall noch einmal kämpferisch betont: «Ich werde Herrn Putin wissen lassen, was er wissen muss.» Im März bezeichnete Biden den russischen Präsidenten als «Killer».
Putin seinerseits verglich Biden in einem Interview mit dem Fernsehsender NBC mit seinem Vorgänger und sagte:
«Präsident Trump ist ein ausserordentlicher, talentierter Mensch, der nicht aus dem politischen Etablissement kam. Präsident Biden ist radikal anders als er: ein Karrieremensch, der sein ganzes Leben in der Politik zugebracht hat.»
Das habe Vor- und Nachteile. Ein Vorteil: «Impulsive Entscheidungen wird es aus dem Weissen Haus vorerst keine mehr geben.»
Die Beziehungen zu den USA seien an einem Tiefpunkt angelangt, betonte Putin. Und Biden gab ihm am Sonntagabend bei einem Auftritt nach dem Abschluss des G7-Treffens recht: «Ich werde Putin sagen, was ich von ihm verlange, damit sich die Beziehungen verbessern können. Solange er sich nicht an internationale Normen hält, wird das jedenfalls nicht passieren.» (sas)