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Carla Bruni hat mit ihrem Leben als Première Dame abgeschlossen. Nun widmet sie sich wieder der Musik und singt erstmals auf Englisch. Ehemann Nicolas Sarkozy gefällts.
Ein diskretes, von aussen unscheinbares, doch innen sehr edles Hotel in einer Seitenstrasse der Champs-Élysées. Carla Bruni, die am 23. Dezember 50 Jahre alt wird, empfängt hier, um über ihr neues Album «French Touch» zu sprechen, auf dem sie bekannte Songs neu interpretiert. Es ist auch das erste in englischer Sprache. Vor dem Gespräch war darum gebeten worden, dass man Carla Bruni, die seit neun Jahren mit dem ehemaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy verheiratet ist, nicht zu politischen Themen zu befragen. Ganz lässt sich das nicht vermeiden, wird aber weitgehend respektiert. Bruni trägt schlichte blaue Bluse zu blauer Jeans, hat das Haar offen und pafft bisweilen genüsslich an einer E-Zigarette.
Ja, sehr sogar. Ich möchte dieses Leben als Madame le président nicht zurückhaben. Auch für meinen Mann ist es gut, fantastisch sogar. Er lebt jetzt ein neues Leben. Wir beide waren noch nie so glücklich wie aktuell. Wir leben richtig volle, spannende Leben. Die Zeit im Élysée-Palast war schön und eine grosse Ehre. Aber ich bin froh, dass wir nicht wieder dort einziehen mussten. Sehr froh sogar. Mit dem Lebensabschnitt habe ich abgeschlossen.
Von «wiedertreffen» kann keine Rede sein. Ich kenne ihn gar nicht. Das ist eine uralte Geschichte, ich kann gar nicht mehr rekonstruieren, wo die damals entstanden ist. Vielleicht hat er es selbst erzählt. Trump hat ja gerne diese Scherzanrufe gemacht, wo er sich bei der Presse als jemand anderes ausgab und dann irgendwelche Geschichten über Trump, also über sich selbst, erfunden hat. Ich bin ja nicht die einzige Frau, mit der er sich quasi selbst eine Affäre angedichtet hat. Madonna, Kim Basinger und viele andere haben das auch erleben müssen.
Ich muss zugeben: Für Politik interessiere ich mich nicht. Ich interessiere mich nur für meinen Mann. Bevor ich Nicolas kennen lernte, war mir Politik komplett egal. Ich habe auch nie gewählt. Das sollte ich jetzt bestimmt nicht sagen, aber es ist halt die Wahrheit. Ich lebte immer in einer Blase, wie so viele Künstlerinnen und Künstler. Manche von uns sind sehr militant, aber ich war das nie. Und jetzt, da mein Mann raus ist aus der Politik, bin ich auch wieder raus.
Vielen, vielen Dank. Ja, das ist meine Jazz-Interpretation dieses Liedes.
(lächelt) Mein Produzent David Foster kam nach einem Konzert in Los Angeles zu mir und meinte: «Das ist immer so französisch, willst Du nicht einmal was auf Englisch singen?» Aber ich kann in englischer Sprache nicht schreiben, das habe ich oft genug versucht. Mein Englisch reicht dazu leider nicht, ich habe wohl nicht genug Bücher auf Englisch gelesen, sondern immer nur Magazine. Dann schlug er vor, ein Cover-Album zu machen.
Nein, nein. Hat er nicht. Ich habe all diese Songs auch nicht ausgewählt, weil ich eine persönliche Geschichte mit ihnen und ihren Komponisten oder Interpreten verbinde. Ich habe diese Lieder ausgesucht, weil ich sie so gern singe und spiele.
Carla Bruni (49) ist Sängerin, Songschreiberin und Ex-Model. Die gebürtige Italienerin nahm 2008 die französische Staatsbürgerschaft an und heiratete den damaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, mit dem sie auch die fünfjährige Tochter Giulia hat. Brunis Sohn Aurélien (16) entstammt der Beziehung mit dem Philosophen Raphael Enthoven. Zusammen mit dem berühmten Produzenten David Foster (Céline Dion, Michael Bublé) hat Bruni «French Touch» veröffentlicht. Es ist das erste Album seit vier Jahren. Dort interpretiert sie Klassiker aus Pop und Rock auf ihre eigene Weise. Das Album erreichte in der Schweiz Platz 19, in Frankreich Platz 11. (sk)
Carla Bruni: French Touch (Barclay).
(lacht) Oui, Mut und gedankenlose Verrücktheit. Was ja so ziemlich dasselbe ist. Ich denke oft nicht viel nach über meine Entscheidungen, ich mache vieles aus einem Gefühl heraus. Denn wenn du alles erst durchdenkst, abwägst, bist du nicht frei.
Sie ist sehr wichtig. Das Wichtigste? Non. Aber das Leben ist so kurz, und dann sterben wir, und es ist vorbei. Wenn du immer Regeln aufstellst oder dich Regeln unterwirfst, tu dies nicht, mach jenes, lass das bloss sein – ach, warum denn? Weil die anderen Leute über dich reden, dich beurteilen könnten? Mir egal. Ich urteile grundsätzlich auch nicht über andere Menschen und schaue auf niemanden herab. Deshalb hoffe ich, dass es umgekehrt auch so ist. Jeder soll selbst entscheiden, wie er sein Leben lebt.
Stimmt. Hinter dem Album steckt keine Logik. Die einzige Gemeinsamkeit, der einzige rote Faden, ist: Die Lieder so zu interpretieren, als wären sie meine eigenen.
Ich bin überzeugter von meiner Stimme als früher. Ich habe wirklich viel an meinem Gesang gearbeitet und gefeilt und die Stimme trainiert wie einen Muskel. Das Komponieren von Musik kannst du nicht lernen, das Singen aber schon. Und so fühle ich mich alles in allem viel sicherer und wohler auf der Bühne als früher.
Nein, verschwunden ist die Angst nicht. Aber ich weiss heute besser, was ich kann. Früher musste ich gegen die Angst immer Bier trinken (lacht), bevor ich mich auf die Bühne traute. Jetzt brauche ich das nicht mehr.
Nein, nein, nicht betrunken. Nur ein Bier! Heute trinke ich lieber nach dem Konzert.
Hey, hey. Wir haben eine sehr weiche Version gemacht, auch im Original ist der Song für The Clash ja schon recht soft. Ich liebe The Clash. Ich weiss, es ist verrückt, die zu covern, aber ich liebe diesen Song nun einmal. Und ich muss sagen: Bei der Nummer brauche ich doch wieder ein Bier auf der Bühne. Der ist kaum singbar, ohne ein bisschen einen sitzen zu haben. Und wenn du dir das im Original anguckst, schon gar nicht (singt laut los und lacht). Da denke ich schon: «Was haben die genommen, und kann ich das auch bitte haben?»
Nein, nein. Das heisst eigentlich nur, dass ich einen französischen Akzent habe. Wenn du amerikanische und englische Songs coverst, kriegst du den Akzent nicht raus. Ich arbeitete mit einer Sprachexpertin zusammen, damit der Akzent nicht zu stark wird, ich wollte diese Lieder ja nicht ruinieren. Sie fand meinen Akzent sehr gut verständlich und meinte, ich solle mich nicht zwingen, ihn zu unterdrücken, denn sonst höre sich das künstlich an.
Seltsamerweise gar nicht. Wenn ich singe, klingt das immer leicht französisch. Warum auch immer. Ich finde jedenfalls die Kombination echt cool. Ich bin dieses Mädchen aus dem Herzen Europas, aus Latein-Europa sozusagen, das englische und amerikanische Klassiker singt.
Ja, so kann man das sehen. Das Album ist mein Beitrag zur Globalisierung (lacht).
Ich habe bestimmt fünfzig Konzerte in Frankreich und zehn in Europa gespielt, dann war ich in Israel, Russland, Nord- und Südamerika. Na, und ich bin laaangsam. Ich schreibe nicht sehr schnell. Ach, und die Zeit vergeht ja sowieso schrecklich schnell.
Nachts. Ich brauche die Einsamkeit um mich herum. Ich muss allein sein, um zu schreiben. Die Ruhe ist auch sehr wichtig. Deshalb setze ich mich hin, wenn alle anderen schreiben.
Ach, das ist einfach nur ... total ärgerlich. Als Meilenstein kann ich das nicht ansehen, für mich gibt es da jetzt nichts zu bejubeln. Mir zeigt diese Zahl vielmehr, wie schnell das Leben vorbeigeht. Wir leben, wir sterben, es ist so unaufhaltsam. Wir müssen das den jungen Leuten sagen.
Absolut. Ich hatte sehr viel Glück im Leben. Sehr viel Spass, sehr viele Möglichkeiten und immer die Wahl. Ich habe mir alles, was ich mache, selbst ausgesucht ... (überlegt) ... ich muss noch mal auf die 50 zurückkommen, das klang vielleicht etwas zu negativ vorhin. Die meisten von uns werden ja recht alt, was ein Segen ist. Ich habe kürzlich noch mal Balzac gelesen, «Die Frau von 30 Jahren», die ist alt, wie eine Grossmutter, fertig mit der Welt. Und das ist nicht einmal 200 Jahre her.
Oh, ja, das ist auch richtig. Reife ist nichts für mich. Bei mir im Musikstudio sieht es aus wie im Zimmer einer 13-Jährigen. Mein Sohn lacht sich jedes Mal kaputt, wenn er reinkommt.
Aurélien will im Moment Paläontologe werden. Das ist jemand, der nach alten Steinen und Fossilen gräbt und Dinosaurier entdeckt. Das ist seine grosse Leidenschaft. Er hat sogar einen Youtube-Kanal, der sich ganz der Paläontologie verschrieben hat, mit 30 000 Abonnenten. Nicht schlecht, was? Wohlgemerkt: Niemand weiss, dass mein Sohn dahintersteckt. Also, der Junge liebt die Wissenschaft.
Seit ich verheiratet bin, habe ich meine Meinung geändert.
Ja. Komplett. Habe alles über Bord geworfen und meine Ansichten in vielen Dingen komplett revidiert. Können Sie sich das vorstellen? Mit 40 Jahren!
Ich hatte jemanden kennen gelernt. Und plötzlich geriet alles ins Wanken, nichts war mehr so wie zuvor. Mit der Liebe ist es doch so: Du stellst dir vor, wie es sein wird, du denkst, ach, die Liebe, was wird die schon ändern. Und dann: Triffst du jemanden. Und hast die Liebe vor Augen. Da kommst du dann nicht mehr weit mit all deinen schönen Theorien. Denn auf einmal merkst du, dass die Realität nichts mit deinen Vorstellungen und Ansichten über die Liebe gemeinsam hat. Und so war es, als ich meinen Mann kennen lernte. Ich meine: Heiraten! War für mich nie infrage gekommen. Und jetzt bin ich seit fast zehn Jahren eine Ehefrau.
... dann zählt nicht mehr, was du früher gedacht hast. So ist das Leben. Es besteht eben – bei aller Freiheit – auch aus Veränderungen und Anpassungen. Insofern ist «Stand By Your Man» ein Song, den ich heute mit grösserer Überzeugung singen kann als vielleicht vor zwanzig Jahren.
Aber ja. Seine beiden Lieblingslieder von meinem Album aber sind «Enjoy The Silence», und, an erster Stelle, der Abba-Song. «The Winner Takes It All». Dort geht es um die Liebe. Und es geht um Macht. Die Macht der Liebe und die Macht der Gefühle.
Jaaa, ich weiss. Das ist ein Song über Entfremdung. Tja. Es ist, wie es ist. Das ist sein Lieblingslied. Immer, wenn wir Besuch haben, dann kommt er und meint «Spiel das doch mal, spiel das doch mal».