Deutschland
Berlin und der Wohnungsbau: Ein Beispiel, wie man es nicht machen sollte

Kaum irgendwo in Europa ist der Wohnungsmarkt ähnlich ausgetrocknet wie in der deutschen Hauptstadt. Schuld daran sind Politik und Bürokratie, aber auch die Berliner selbst.

Hansjörg Friedrich Müller, Berlin
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Hier wohnten die Profiteure des Berliner Mietendeckels: Altbauten im Stadtbezirk Prenzlauer Berg.

Hier wohnten die Profiteure des Berliner Mietendeckels: Altbauten im Stadtbezirk Prenzlauer Berg.

Bild: Busà Photography/Moment RF

Es gab einmal Zeiten, da galt Berlin als Paradies für Mieter: In den Jahren nach der Wende ging die Einwohnerzahl der alten und neuen deutschen Hauptstadt zurück; Wohnungen standen leer und junge Kreative oder solche, die sich dafür hielten, strömten in die Stadt.

Seit 2004 wächst die Zahl der Berliner und irgendwann zogen die Mieten nach. 17,61 Euro beträgt der durchschnittliche Mietzins pro Quadratmeter heute; unter den deutschen Grossstädten hat sich Berlin damit auf Platz zwei hinter München vorgeschoben.

Wer meint, der Anstieg sei lediglich damit zu erklären, dass die Stadt endlich mit europäischen Metropolen gleichziehe, irrt allerdings. Neben der gestiegenen Nachfrage hat auch eine Reihe ideologisch motivierter Fehlentscheide zu den hohen Mieten beigetragen: In Berlin wird zu wenig gebaut. Schuld daran sind Bürokratie und Politik, aber auch die Wähler.

Wer hatte, dem wurde gegeben

So führte die Stadtregierung aus Sozialdemokraten, Grünen und Linkspartei 2020 einen sogenannten Mietendeckel ein: Bei Wohnungen, die vor 2014 fertiggestellt worden waren, wurde der Mietzins für fünf Jahre auf dem Stand von 2019 eingefroren. Mieten aus laufenden Verträgen, die mehr als 20 Prozent über der Obergrenze lagen, mussten gesenkt werden.

Die Ergebnisse waren teilweise absurd. So konnten sich die Bewohner teurer Altbauwohnungen über Mietnachlässe von mehreren hundert Euro freuen. Gleichzeitig wurden kaum noch ältere Wohnungen neu vermietet, sodass junge Familien auf teure Neubauwohnungen ausweichen mussten. Nach einem Jahr kassierte das deutsche Verfassungsgericht den Mietendeckel und viele Berliner mussten Tausende Euro nachzahlen.

Das Vertrauen potenzieller Investoren gewann die Stadt dadurch ebenso wenig wie durch die Volksinitiative, welche die Stimmbürger Ende 2021 annahmen: Unternehmen, die mehr als 3000 Wohnungen besitzen, sollen gegen eine Entschädigung enteignet werden.

Erlösen die Richter die Politik?

Anders als bei Volksabstimmungen in der Schweiz ist das Votum nicht bindend; auf der Frage, ob und wie es umzusetzen sei, kaut die Berliner Politik noch immer herum. Betroffen wären 240’000 Wohnungen.

Die Summe, die für die Entschädigungen aufzuwenden wäre, könnte laut Schätzungen bis zu 36 Milliarden Euro betragen. Eine solche Ausgabe wäre für die notorisch klamme Stadt kaum zu stemmen. Ein Gerichtsurteil über die Angelegenheit steht noch aus, sodass die Politik darauf hoffen kann, dass ihr der Entscheid abgenommen wird.

Vorerst bleibt die Lage für Investoren aber unsicher. Verschärft wird die Situation durch rigide Bauvorschriften und den Unwillen, innerstädtische Brachflächen zu besiedeln. Dies gilt etwa für den früheren Flughafen Tempelhof, wo auf 300 Hektaren ein neuer Stadtteil entstehen könnte. Von einer solchen Chance können die meisten Städte nur träumen, Berlin nutzt sie seit Jahren nicht. Gleichzeitig wandern Steuerzahler ins Umland ab, wo die Landschaftszersiedelung voranschreitet.

So bleibt die deutsche Hauptstadt in Sachen Wohnbau ein Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte.