In wenigen Tage schon sollen Ungeimpfte gebüsst werden – doch der Widerstand gegen die Impfpflicht wächst zusehends. Das hat mit der Omikron-Welle zu tun, aber auch mit der Umsetzbarkeit.
Geht alles nach dem Plan der Regierung in Wien, dann bilden die kommenden Tage den Endspurt in einem Gesetzesvorhaben, das Österreich politisch prägt wie kein anderes: die Impfpflicht. An diesem Montag endete die Begutachtung, am 17. Januar soll das Gesetz im parlamentarischen Gesundheitsausschuss beschlossen werden. Am 21. Januar dann im Plenum. Es eilt. Denn, so lautet die politische Zielsetzung: Bereits am 15. Februar sollen alle ungeimpften Personen in Österreich einen Brief mit dem Aufruf erhalten, sich impfen zu lassen.
Nun aber werden immer mehr Zweifel an der Sinnhaftigkeit wie auch an der Umsetzbarkeit des Gesetzes laut.
Man müsse die Impfpflicht nach der Omikron-Welle «wahrscheinlich neu bewerten», so der Epidemiologe Gerald Gartlehner von der Donau-Uni Krems zuletzt. Das sagte Gartlehner nicht etwa gegenüber dem Privatsender Servus-TV, der als mediale Speerspitze des Verschwörer-Lagers gilt, sondern im öffentlich-rechtlichen ORF. Und, so Gartlehner weiter: Man müsse davon ausgehen, dass man nach der Omikron-Welle ein Ausmass an Immunität in der Bevölkerung haben werde, «wie wir es noch nie hatten». Gartlehner ist ein Experte, der auch für staatliche Stellen beratend tätig war. Zweifler seiner Sichtweise sehen diese Handhabe indes als gefährliches Pokerspiel.
Bereits in den Weihnachtsferien hat die Omikron-Welle an Fahrt aufgenommen. Die Inzidenz liegt nach einem Tiefpunkt am 26. Dezember des Vorjahres (164) mittlerweile wieder bei 617. Am Montag öffneten die Schulen – womit mit einem weiteren deutlichen Anstieg der Zahlen gerechnet wurde.
Zugleich nimmt die Debatte um die Impfpflicht massiv an Schärfe zu. Woche für Woche gehen Gegner der Massnahme zu Zehntausenden in Wien und den grossen Städten des Landes auf die Strasse. In Wien kam es dabei am Samstag zu Zusammenstössen .
Aussagen wie die Gartlehners sind dabei Wasser auf den Mühlen der Massnahmen-Gegner. Vor allem die FPÖ versucht die Proteststimmung in politische Punkte umzuwandeln. Die FPÖ hat sich die strikte Ablehnung der Impfpflicht wie auch jeglicher Corona-Massnahmen auf die Fahnen geschrieben und ruft Woche für Woche zu Protesten wie auch zum Sturz der Regierung.
Aus der Regierungsbank tönt es indes einstimmig: Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) bekräftigte aus der Quarantäne heraus, dass die Impfpflicht «ausser Frage» stehe. Nehammer war in der Vorwoche positiv auf Corona getestet worden und führt die Amtsgeschäfte derzeit aus dem Homeoffice. Und auch Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein bekräftigte:
«Die Impfpflicht kommt fix.»
Allerdings wachsen Zweifel an der administrativen Umsetzbarkeit: In einer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf äusserte die staatliche Gesundheitsdaten-Gesellschaft ELGA die Ansicht, dass eine Umsetzung frühestens im April möglich sei. Zudem gebe es zahlreiche Unmöglichkeiten bei der Verknüpfung von Daten, wie in dem Gesetz vorgesehen. Etwa, was die Erfassung von Impfbefreiungen angehe, oder auch die Erfassung von Personen, die in Österreich keine Sozialversicherungsnummer haben.
Zweifel gibt es zudem auf der Ebene der Bezirke und Kommunen, was die Abwicklung des zu erwartenden Volumens der durch die Impfpflicht anfallenden Strafen angeht.