Osama bin Ladens Ex-Bodyguard wird begeistert im Land empfangen. Al Kaida könnte wieder zu einer festen Grösse werden.
Die Freude war gross, als Amin al-Haq am Montagnachmittag in seiner afghanischen Heimatprovinz Nangarhar eintraf: Dutzende drängten sich vor dem von Taliban-Milizionären bewachten Geländewagen und warteten darauf, bis der vollbärtige Al-Kaida-Funktionär huldvoll lächelnd das Seitenfenster herunterliess, um sich die Hand küssen zu lassen.
Fast 20 Jahre lang hatte der ausgebildete Urologe im benachbarten Pakistan verbracht. Zuvor war der 61 Jahre alte Afghane für die persönliche Sicherheit des ehemaligen Al-Kaida-Anführers Osama bin Laden verantwortlich gewesen.
Es war Amin al-Haq, der den von den USA gejagten Terrorchef nach den Anschlägen von 2001 in den Höhlen von Tora Bora in Sicherheit gebracht hatte. Von dort wurde bin Laden dann von seinem Sicherheitskoordinator weiter nach Pakistan geschleust, wo er völlig unbehelligt noch neun weitere Jahre lebte, ehe er von US-Spezialeinheiten in der Stadt Abbottabad aufgespürt und getötet wurde.
Al-Haq sass zu diesem Zeitpunkt in einem Gefängnis in der nordwestpakistanischen Stadt Peshawar, aus dem er nach dem Tod von Osama bin Laden entlassen wurde. Man habe ihm keine Straftaten nachweisen können, hiess es in der fadenscheinigen Begründung der pakistanischen Justiz.
Tatsächlich stand al-Haq nicht nur auf der Fahndungsliste der USA. Auch die Vereinten Nationen hatten Sanktionen gegen ihn verhängt. Er habe sich an der Finanzierung, Planung und Vorbereitung von Handlungen zur Unterstützung von Al Kaida beteiligt.
Jetzt ist Amin al-Haq wieder dort, wo Al Kaida Ende der 90er Jahre begann, die Anschläge vom 11. September vorzubereiten. Dass seine triumphale Rückkehr mit dem endgültigen Abzug der US-Armee zusammenfällt, ist kein Zufall, sondern eine politische Botschaft: Mit den Taliban ist auch Al Kaida zurück am Hindukusch. Neben ul-Haq wurde auch anderen hochrangigen Funktionären der Terrororganisation die «Heimkehr» nach Afghanistan gestattet.
Trainingslager für ausländische Kaida-Aktivisten wie vor 2001 werde es unter der Herrschaft der Taliban nicht mehr geben, sagte der Terrorismusexperte Wassim Nasr dem «Spiegel». Terroristen könnten heute auch ohne ein solches Training Anschläge in Europa verüben. Al Kaida würde aber die neue Situation nach dem US-Abzug aus Afghanistan nutzen, um die eigenen Reihen zu stärken.
Laut Nasr wisse man gegenwärtig noch nicht genau, wie konziliant sich die neue Taliban-Regierung gegenüber Dschihadisten verhalten werde. Die triumphale Rückkehr von bin Ladens Sicherheitskoordinator könnte jedoch darauf hindeuten, dass Al-Kaida-Funktionäre zukünftig wieder jene Freizügigkeit geniessen wie vor dem 11. September in Afghanistan.