Brisante Unterlagen im Fall Page

War ein Berater von Donald Trump ein Agent des Kremls? Ja, behauptete das FBI im Herbst 2016. Nun wurden Akten veröffentlicht, die diese Behauptung stützen sollen.

Renzo Ruf, Washington
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Unternehmer und Berater Carter Page. (Bild: J. Scott Applewhite/AP; Washington, 2. November 2017)

Unternehmer und Berater Carter Page. (Bild: J. Scott Applewhite/AP; Washington, 2. November 2017)

Der amerikanische Präsident Donald Trump hat sich heute darüber empört, dass er und sein Stab im Wahlkampf 2016 «illegal» ausspioniert worden seien Dies, weil seine Opponenten versucht hätten, der demokratischen Konkurrentin Hillary Clinton zu helfen.

Anlass für diesen Zornesausbruch (auf dem Kurznachrichtendienst Twitter): umfangreiche Gerichtsakten, die tags zuvor auf Antrag der «New York Times» durch das hinter verschlossenen Türen wirkende Sicherheitsgericht Fisc (Foreign Intelligence Surveillance Court) in Washington veröffentlicht worden waren.

412 Seiten Material

Aus den 412 Aktenseiten geht einerseits hervor, dass der Trump-Berater Carter Page im Oktober 2016 in der Tat in Verdacht stand, ein Agent des russischen Staates zu sein. Der Geschäftsmann soll mit dem Kreml konspiriert haben, behaupteten die amerikanischen Ermittlungsbehörden. Deshalb war er das Ziel eines Lauschangriffs der Bundespolizei FBI, bewilligt durch das Fisc. Andererseits steht in diesen Akten auch, dass ein Teil der Informationen, die vom FBI gegen Page gesammelt worden waren, auf dem umstrittenen «Dossier» des britischen Ex-Agenten Christopher Steele beruhte.

Letzter Punkt ist wichtig, weil Trump-Alliierte bisher behaupteten, das FBI habe die Rolle, die Steele gespielt habe, in den Gerichtsakten falsch dargestellt. So behauptete Devin Nunes, der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, die Bundespolizei habe unterschlagen, dass Steeles Arbeit von Opponenten Trumps finanziert worden sei. Die entsprechende Behauptung stellte der republikanische Parlamentarier zu Jahresbeginn in einem Memorandum auf, das unter dem Namen «Nunes Memo» für eine Kontroverse sorgte. Nun lässt sich in den (stark geschwärzten) Gerichtsakten nachlesen, dass Nunes nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte.

Ausführlich legte das FBI dem Fisc nämlich dar, dass die von Steele gefundenen Informationen im Wahlkampf verwendet werden könnten, um «Kandidat 1» (Donald Trump) zu diskreditieren. Weil die Bundespolizei aber bereits früher mit Steele zusammengearbeitet hatte (zum Beispiel während der Ermittlungen gegen den Weltfussballverband Fifa), sagte das FBI dem Gericht, der ehemalige britische Geheimagent sei vertrauenswürdig. Es trifft aber zu, dass die Bundespolizei dem Fisc nicht verriet, dass Steeles Arbeit indirekt mit Geld aus den Kassen der Demokratischen Partei finanziert wurde.

Immer noch keine Anklage

Erstaunlich ist, dass das Justiz­ministerium entschied, die Gerichtsakten nun publik zu machen. Normalerweise bleibt einer breiten Öffentlichkeit verborgen, gegen wen das Fisc einen Lauschangriff genehmigt. Selbst die Identität der jeweils zuständigen Bundesrichter ist normalerweise ein Geheimnis. Im Fall Carter Page waren es vier republikanische Richter, die seine Überwachung genehmigten.

Aussergewöhnlich ist zudem, dass die Ermittlungsbehörden auch fast zwei Jahre nach der Genehmigung des Lauschangriffes auf Carter Page keine Anklage gegen den Energieunternehmer erhoben haben – wiewohl das FBI während der fast zwölf Monate dauernden Überwachung umfangreiches Material gesammelt hatte. Page selbst wies die Vorwürfe heute auf dem Nachrichtensender CNN als «lächerlich» zurück. Nie sei er ein Agent einer ausländischen Macht gewesen, sagte der 47-Jährige.