Blackout
Energiemangel: Was passiert in der Region Basel, wenn der Strom knapp wird?

Conrad Ammann, Chef des Baselbieter Energieversorgers Primeo, skizziert, was passiert, wenn es im Winter an Strom mangelt.

Andreas Möckli
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Stromausfall: Die Fussballspieler von Sion und Servette Genf mussten am 3. August 2020 unverrichteter Dinge vom Platz.

Stromausfall: Die Fussballspieler von Sion und Servette Genf mussten am 3. August 2020 unverrichteter Dinge vom Platz.

Salvatore Di Nolfi / Keystone

Das Wort Versorgungsengpass fällt oft. Conrad Ammann, Chef des Baselbieter Energieversorgers Primeo, macht sich Sorgen um eine Strommangellage, wie es im Jargon heisst. Damit ist er natürlich bei weitem nicht alleine. Das Thema sorgte vor allem vor dem Krieg in der Ukraine landesweit für viele Schlagzeilen, ausgelöst vom Strompreis, der im Dezember massiv gestiegen war.

Das wirkt sich natürlich auch auf die Primeo Energie (vormals Elektra Birseck Münchenstein, EBM) aus. Normalerweise würden auf den europäischen Strombörsen rund 5 Euro pro Megawattstunde bezahlt, sagte Ammann an der Jahresmedienkonferenz am Hauptsitz in Münchenstein. Im Dezember kletterten die Preise vereinzelt auf 3000 Euro. Um dafür gewappnet zu sein, erhöhte das Unternehmen etwa die flüssigen Mittel markant.

Conrad Ammann, Chef des Energieversorgers Primeo Energie.

Conrad Ammann, Chef des Energieversorgers Primeo Energie.

Kenneth Nars

Doch was passiert konkret, wenn in der Region zu wenig Strom verfügbar ist? Zunächst würden sanfte Massnahmen herangezogen, sagte Ammann auf diverse Szenarien angesprochen. So würde etwa die Bevölkerung dazu aufgerufen, den Stromverbrauch zu senken, die Heiztemperatur im eigenen Haus oder in Wohnung herunterzustellen. Industriefirmen, wenn sie dazu in der Lage sind, müssten etwa von Gas auf Öl umstellen.

Möglich seien auch konkrete Verbote, etwa mit Blick auf das Beheizen des eigenen Swimmingpools oder Infrarotstrahler im Aussenbereich. Dies sei natürlich für den Gesetzgeber schwierig umzusetzen, da dafür grossflächige Kontrollen nötig wären, sagte Ammann weiter.

Die dritte Stufe ist die sogenannte Kontingentierung. So würden grosse Stromkunden dazu aufgerufen werden, ihren Stromverbrauch deutlich zu reduzieren. Als einfaches Beispiel nannte Ammann Verkehrsbetriebe wie die BVB oder die BLT, die statt alle sieben Minuten nur noch jede Viertelstunde verkehren würden. Denkbar wäre etwa, dass grosse Hotels oder Restaurants zwei Tage pro Woche ihren Betrieb schliessen.

Worst Case: Nur morgens und abends Strom

Sollte dies nicht genügen oder Private und Firmen diesem Aufruf nicht nachkommen, drohe ein Stromausfall in Quartieren oder ganzen Gemeinden. Denkbar wäre in einem solchen Fall eine sogenannte rollierende Stromabschaltung: So würde etwa ein Quartier oder eine Gemeinde etwa nur zwischen 8 und 12 Uhr mit Energie beliefert und dann erst abends wieder.

Ammann betonte, dass dies ein Worst-Case-Szenario sei – er sei noch immer optimistisch, dass es nicht so weit komme. Doch die beschriebenen Szenarien sind nicht völlig aus der Luft gegriffen. So rief Wirtschaftsminister Guy Parmelin in einer Videobotschaft vergangenen Herbst Firmen dazu auf, sich auf mögliche Strommangellagen vorzubereiten.

Neben der Pandemie sei eine solche Situation die grösste Gefahr für die Versorgung der Schweiz, warnte Parmelin, gestützt auf eine Risikoanalyse des Bundes. Gleichzeitig betonte das Departement von Energieministerin Simonetta Sommaruga, auf absehbare Zeit sei nicht mit einem Strommangel zu rechnen, wie die Tamedia-Zeitungen berichteten.

Sollte sich in einem Winter tatsächlich ein Strommangel abzeichnen, so käme die Organisation für Stromversorgung in ausserordentlichen Lagen (Ostral) zum Zuge. Sie wird auf Geheiss des Bundes eingesetzt. Sie wäre es, welche die angesprochene Kontingentierung des Stroms vorbereiten würde. Chef der Ostral ist Lukas Küng, der gleichzeitig in der Geschäftsleitung der Primeo Energie sitzt.

Gutes Geschäftsjahr: Umsatz um 37 Prozent gesteigert

Trotz der Turbulenzen im vierten Quartal 2021 zeigt sich Primeo-Chef Ammann zuversichtlich für das laufende Jahr. Zumindest der Blick zurück stützt diesen Optimismus. Das Unternehmen steigerte den Umsatz um 37 Prozent auf 1,1 Milliarden Franken. Das markante Plus ist neben den höheren Strompreisen vor allem einer Partnerschaft mit den Elektrizitätswerken des Kantons Zürich (EKZ) zu verdanken. Primeo und die EKZ haben auf Anfang 2021 ihren Energievertrieb zusammengeschlossen.

Deutlich gestiegen ist auch der Betriebsgewinn (Ebit) – und zwar um 40 Prozent auf 72 Millionen Franken. Nach Abzug der Zinsen und Steuern bleibt ein Reingewinn von 39 Millionen Franken, ein Anstieg um 45 Prozent. Ammann kommentierte die Zahlen so: «Wir sind ein wenig stolz, dass wir mit der Konzentration auf vier Bereiche ein stabiles Haus gebaut haben, das auch in schwierigen Zeiten trägt.»

Mit den vier Bereichen sind neben dem Elektrizitäts- und Netzgeschäft die Sparten Wärme und Erneuerbare Energien. Das Unternehmen beschäftigt 617 Mitarbeitende, davon rund 400 in Münchenstein.