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Eigentlich will die Baselbieter Regierung die ZPK/ZAK-Affäre abschliessen. Doch die Angelegenheit ist noch lange nicht ausgestanden und hinterlässt viele offene Fragen.
Die Forderung steht seit Dezember 2015. Weil die ZAK, das paritätische Kontrollorgan für die Bekämpfung von Schwarzarbeit im Kanton Baselland, ihre Verpflichtung im Jahr 2014 deutlich verfehlte, soll der Verein von den 650'000 Franken ausbezahlter Subvention 380'000 Franken zurückzahlen.
Diese Woche hat die Baselbieter Regierung ihrer eigenen Forderung das Fundament entzogen. Sie genehmigte den ZAK-Jahresabschluss 2016, der nach einem beschlossenen Systemwechsel gleichzeitig die Schlussbilanz des Vereins darstellt. Aufgrund eines Jahresverlusts und der Rückzahlung von Verbindlichkeiten bleibt der ZAK gerade noch ein Restvermögen von 2'217.76 Franken. Die Forderung des Kantons wird damit mangels Aktiven obsolet.
Rückstellungen hat die ZAK keine gemacht. Die Revisionsgesellschaft BDO bezeichnet die hängige Forderung des Kantons zwar als «wesentliche Unsicherheit», verlangte aber keine Berücksichtigung in der Rechnung. Sie übernimmt damit die Haltung der ZAK. Diese geht unbeirrt davon aus, 2014 sehr wohl den Leistungsauftrag des Kantons erfüllt zu haben und schon rechtlich zu keiner Rückzahlung verpflichtet werden könne.
Es ist nicht die einzige Ungereimtheit, die sich in den beiden Vorlagen zu den Jahresberichten von ZAK und ZPK finden, die dem Landrat diese Woche zur Gutheissung vorgelegt wurden. Doch offenkundig will Volkswirtschaftsdirektor Thomas Weber (SVP) einen Schlussstrich ziehen unter die zweijährigen Querelen um die gemeinsamen Baustellenkontrollen von Wirtschaftskammer und Gewerkschaften.
• Bereits am Donnerstag berichtete die bz, dass 2016 auch die ZPK, das Kontrollorgan zur Einhaltung der Gesamtarbeitsverträge, ihren Leistungsauftrag nur zu einem Drittel erfüllt habe. Statt den geforderten 330 habe die ZPK nur gerade 109 Kontrollen durchgeführt. Rückforderungen leitet die Regierung daraus aber keine ab. Sie beugt sich damit der Haltung der ZPK, die argumentiert, auch diesen Auftrag erfüllt zu haben, da nach neuem Bundesrecht eine weitergefasste Zählmöglichkeit zulässig sei.
• Der Kanton geht nach einem schweizweiten Vergleich davon aus, dass eine Betriebskontrolle im Schnitt 1000 Franken kostet. Dennoch akzeptiert er, dass die ZAK auch 2016 Kontrollkosten von über 3000 Franken pro erledigtem Fall verrechnet.
Selbst wenn der Landrat die Schwamm-drüber-Maxime des Regierungsrates decken wird, bleibt die Affäre unerledigt. Noch immer ermittelt nämlich die Baselbieter Staatsanwaltschaft.
Sie geht dem Vorwurf nach, die ZAK habe zwischen 2010 und 2014 vom Kanton zu hohe Subventionen abgeholt und die mit der operativen Abwicklung der Kontrollen beauftragte AMS AG habe der ZAK überhöhte Rechnungen gestellt. Die AMS AG ist eine Tochterfirma der Familienausgleichskasse Gefak, die wiederum zur Wirtschaftskammer Baselland gehört.
Grundlage für die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ist ein forensischer Bericht der Wirtschaftsprüfer KPMG, der im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) erstellt wurde. Das 50-seitige Gutachten unter dem Codenamen «Tahan» wird als hochvertrauliches Schreiben unter Verschluss gehalten. Ein Jahr nach Fertigstellung hat es mittlerweile jedoch eine so breite Verbreitung gefunden, dass es auch der «Schweiz am Wochenende» vorliegt. Die darin festgehaltenen Geschäftspraktiken zeigen, wie freihändig im hochsubventionierten Bereich die AMS die Buchhaltungen von ZPK und ZAK geführt hat.
• Betriebskosten wurden aufgrund von Pauschalen verrechnet und nach Opportunität auf die ZPK- und ZAK-Abschlüsse verteilt. Für die gleiche Fahrzeugsflotte wurde mal mehr, mal weniger verrechnet. Als Medien und Politik sich kritisch mit dem Geschäftsgebaren beschäftigten, halbierte sich der Mietaufwand für die ZAK-Büros plötzlich von 33 600 (2010) auf 15 652 Franken (2014).
• An Lohnkosten wurden der ZAK zwischen 2010 und 2014 insgesamt 96 630 Franken mehr verrechnet, als den bei der AMS beschäftigten Mitarbeitern tatsächlich ausbezahlt worden ist. Eine Systematik ist allerdings nicht zu erkennen; für zwei Jahre wurde zu wenig, für drei Jahre deutlich zu viel verrechnet.
• Den Eindruck nachträglich fabrizierter Lohntabellen ergibt sich aus der Tatsache, dass gemäss KPMG im Jahr 2011 ein Mitarbeiter während 827 Stunden gearbeitet habe, obwohl er in dieser Zeit in der Rekrutenschule war. Mit einem anderen Mitarbeiter wurde eine Aufhebungsvereinbarung geschlossen, diese Kosten jedoch als 712 Arbeitsstunden pauschal der ZAK verrechnet. Die gesamthaft damit ausgewiesene Lohnsumme betrug 84 070 Franken. Wenig glaubhaft scheinen der KPMG zudem Arbeitsrapporte, die eine Tagesarbeitszeit von bis zu 18,5 Stunden ausweisen.
Inwiefern der Kanton durch die ZAK sowie die ZAK durch die AMS geschädigt worden ist, lässt der KPMG-Bericht offen. Eine strafrechtliche Abklärung obliegt der Staatsanwaltschaft beziehungsweise dem Gericht. Verkompliziert werden die Ermittlungen dadurch, dass die AMS angeblich nicht nur zu viel, sondern auch zu wenig abgerechnet habe. Gemäss KPMG-Bericht macht die AMS unverrechnete Leistungen in Höhe zwischen 109 600 und 219 200 Franken geltend. Für viele Transaktionen war die ZAK beziehungsweise die AMS entweder nicht in der Lage oder Willens, Originalbelege vorzuweisen.
Der Bericht zeigt auch, wie am Jahresabschluss 2014 geschraubt wurde. So waren Aufwandpositionen in Höhe von 44 324 Franken bereits eingebucht, wurden für den publizierten Abschluss aber wieder aus der Rechnung genommen. Darunter sind nachträgliche Steuerforderungen, die von der AMS auf die ZAK hätten überwälzt werden sollen. Aber auch 24 761 Franken, die der ZAK in Rechnung gestellt wurden für «Beratungen, Networking, administrative Ausgaben und Einführung neuer Gesetze».
Wann die Staatsanwaltschaft mit ihren Ermittlungen zu einem Resultat kommt, ist derzeit unbekannt. Rasch wird es kaum gehen. Im November will die Spitze der Staatsanwaltschaft zuerst vom Landrat wiedergewählt werden.