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Mirjam Würth plaudert aus dem Nähkästchen. Über neue Prioritäten, alte Abenteuer und Grizzlybären.
Mirjam Würth: Fremde Welt.
Ich musste sofort daran denken, dass wir hier genau am richtigen Ort sitzen, nämlich in einer Bibliothek. Denn ich komme oft hierher, wenn ich Dinge suche, die ich zu Hause nicht habe. Das können andere Länder, andere Sprachen, neue Rezepte sein. Hier öffnet sich mir immer ein Tor zu einer fremden Welt.
Ich bin eben von Natur aus ein sehr neugieriger Mensch. Während meines Biologie-Studiums konnte ich ein halbjähriges Berufspraktikum im Nationalpark von Alaska machen. Das reichte mir aber noch nicht, sodass ich nach meinem Studium nochmals nach Alaska zurückkehrte und als Parkhüterin arbeitete.
Es war tatsächlich so abenteuerlich, wie Sie sich das jetzt wohl vorstellen. Zuerst hatte ich ziemlich Angst, dass hinter jedem Baum ein Grizzlybär steht, der nur auf mich wartet. Doch das war überhaupt nicht so, denn diese Tiere sind sehr scheu. Am Ende war ich diejenige, die auf die Suche nach den Bären ging und es dauerte lange, bis es mir gelang, einem Tier nahe zu kommen.
Bei meinem zweiten Engagement dort bekam ich den Auftrag, auf der Halbinsel im Südwesten Alaskas ein unberührtes Gebiet naturtouristisch zu erschliessen. Ich wurde dorthin geflogen und ausgesetzt. Dann begab ich mich auf Bärenpfaden auf die Suche nach geeigneten Stellen, wo man schlafen, Essen aufbewahren oder Wasser beschaffen konnte. Da war ich also tatsächlich mitten unter Bären und Wölfen.
Nein, ich ging zusammen mit meinem Partner (der stellvertretende Baselbieter Kantonsingenieur Urs Roth, Anm. d. Red.), der schon seit 35 Jahren an meiner Seite ist. Wir zwei waren auf uns allein gestellt, ohne einheimischen Guide, zelteten bei Minus 20 Grad, während die Wölfe draussen heulten. Das war ein wahnsinniges Gefühl.
Ich bin eher sehr neugierig. Kaum zurück aus Alaska, reiste ich für meine Doktorarbeit nach Panama, wo ich die Auswirkungen von CO2 auf die tropischen Regenwälder untersuchte.
Ich bin generell sehr naturverbunden, interessiere mich für Tiere und Pflanzen, und zwar durchaus hier in der Region. Aber es interessieren mich eben auch die Protozoen im Süden Afrikas oder die Vikunjas in Südamerika. Mein Hauptplatz ist aber klar das Baselbiet, wo ich mich unter anderem für den Biber eingesetzt habe.
Als 57-Jährige bin ich nun in den letzten zehn Jahren meines Berufslebens und habe mich intensiv mit meiner Zukunft befasst. Ich machte eine Standort- und Potenzialanalyse. Mein ganzes Leben habe ich eigentlich unter den Schirm der Nachhaltigkeit gestellt. Diese kann in drei Komponenten aufgeteilt werden: eine ökologische, materielle und soziale. Als Biologin und während zehn Jahren als Nachhaltigkeitsanalystin der Bank Sarasin konzentrierte ich mich bisher auf die ersten beiden Bereiche. Nun möchte ich mich sozial engagieren. Den Fokus lege ich dabei auf Integrationsarbeit.
Zum einen arbeite ich mittlerweile für das Schweizer Arbeiterhilfswerk der Region Basel. Und vor einem Jahr habe ich den Verein Freiwillige für Geflüchtete Frenkendorf Füllinsdorf gegründet, der Menschen mit Fluchthintergrund bei der Integration hier unterstützen will.
Es ist in ihren Augen vor allem eine heile Welt, ruhig und sicher. Das ist für viele eine schöne Erfahrung. Gleichzeitig ist es wichtig, dass wir ihnen erklären, wie alles funktioniert und abläuft.
Ich kann mir gut vorstellen, dass das Fremde vielen Angst macht. Schon alleine, weil wir deren Sprache nicht verstehen. Ich empfinde es aber als Bereicherung, denn es macht ein Fenster auf in eine andere Welt. Übrigens: Als ältere Frau wird mir von den Flüchtlingen oft viel Respekt entgegengebracht, weil das bei ihnen so üblich ist. Ich kann ohne Probleme mit drei afghanischen Männern alleine sein, ohne dass sie unhöflich werden. Sowieso mache ich in einem Punkt keine Kompromisse: Sie müssen sich an unsere Regeln halten.