Neun Millionen Franken hat sich Primeo Energie das «Kosmos» kosten lassen. Das Erlebniszentrum wird vor allem auch Schulen offen stehen und trifft wegen der aktuellen Energiekrise voll den Nerv der Zeit.
Vorausschauend wollte das im Baselbiet verwurzelte Energieunternehmen Primeo Energie sein 125-Jahr-Jubiliäum feiern. Nicht der Blick auf die Firmengeschichte stand im Fokus, sondern die visionäre Weitsicht auf die Themen Klima und Energie. Vor ein paar Jahren begann die Planung. «Das war noch vor Greta Thunberg und den Streiks für Friday for Future», sagte Conrad Amman, Geschäftsführer der Primeo Energie. Leichter Regen fiel in der Münchensteiner Industriezone vom Himmel.
Dass sich der Klimawandel derart rasch zuspitzen und Europa in die aktuelle Energiekrise rutschen würde, konnte damals niemand voraussehen. «Klima und Energie haben nochmal stark an Bedeutung gewonnen», kommentierte Ammann bei der Eröffnung der Erlebniswelt. Die Entwicklungen machen die interaktive Ausstellung brandaktuell.
Das Projekt habe eine grosse Eigendynamik entwickelt, erklärte Amman vor den geladenen Gästen. Ursprünglich entstand die Idee eines temporären Ausstellungspavillons. Entstanden ist nun für das Science-Center ein Pionierbau, der zu 70 Prozent aus recycelten Materialien besteht – die Gitterfassade ist aus einem alten Masten einer Hochspannungsleitung gefertigt. «Am Anfang war ich sehr skeptisch», sagte Ammann. Heute bereue er die Entscheide keinesfalls.
Auch dass sich die Kosten dauernd in eine Richtung entwickelt hätten – nämlich nach oben – nahm Ammann mit Humor. Der Neubau und die Sanierung des ehemaligen Elektrizitätsmuseums kosteten rund neun Millionen Franken. Für den Betrieb des Kosmos rechnet Primeo mit Kosten von 1,5 Millionen Franken jährlich.
Auch die Ausstellung selbst sei von einer simplen Idee zu einer grossen Sache herangewachsen, erklärte CEO Ammann. Um die Idee des experimentellen Erlebniszentrums zu realisieren, arbeitete Primeo mit dem renommierten Szenografen Xavier Bellprat zusammen, der unter anderem an der Expo.02 beteiligt war.
Entstanden ist in den beiden Gebäuden eine Erlebniswelt, die praxisnah aufzeigt, wie das Thema Energie eng mit dem Thema Klima verknüpft ist. Das Kosmos besteht aus zwei Teilen: Im Science-Center können Besuchende Zusammenhänge an interaktiven Objekten entdecken. In den oberen Stockwerken sind Klassenzimmer eingerichtet, wo das Zentrum für Schulen verschiedene Unterrichtsformen anbietet.
Im alten Museum hat Primeo eine sinnesstarke Multimediaausstellung installiert. Auf drei Stockwerken erfährt der Besuchende, wie Energie erzeugt, verwandelt und gespeichert werden kann. Im Fokus: Die erneuerbaren Energien. Die virtuelle Reise führt zur Sonne, an einen Wasserfall, in die Gondel eines Windrads, in eine Stromleitung und zuletzt läuft man über das Wolkenmeer. «Hier drin entscheiden sich die Schülerinnen und Schüler für die Naturwissenschaften», sagte Xavier Bellprat.
Wolfgang Szabó, Leiter des Kosmos, führte durch die interaktive Ausstellung im Science-Center. Auf dem Rundgang erfahren Besuchende beispielsweise auf spielerische Weise, wie der Albedoeffekt die Klimaerwärmung ankurbelt: Verschwinden Schnee und Eis, wird die Sonnenstrahlung nicht mehr reflektiert, die Wärme wird absorbiert. Allein im Sommer 2022 verloren die Schweizer Gletscher über 6 Prozent ihres Eisvolumens.
«Vielleicht haben wir im Klimawandel schon fünf nach Zwölf. Darum brauchen wir Orte wie diesen, wo die Menschen lernen, Zusammenhänge zu verstehen», sagte Szabó.
Das Erlebniszentrum der Primeo war im Winter in die Kritik geraten, weil die Baselbieter Regierung eine halbe Million aus dem Swisslos-Fonds beisteuerte. Der Kanton rechtfertigte den Beitrag daraufhin und verwies auf den Pioniercharakter des Projekts. Mit den Vorstössen konfrontiert, sagt Szabó: «Unser Auftrag ist wirklich die Bildung, das ist kein Werbe-Blabla.» Den Klimawandel gelte es zu stoppen. «Unsere Währung ist Wissen.»
Auch Regierungsrätin Monica Gschwind strich den Mehrwert für die Gesellschaft hervor. Der Kanton habe das Projekt «sehr gerne unterstützt», sagte die Bildungsdirektorin. Am Samstag weiht Primeo das Kosmos mit einer grossen Feier ein. Der Regelbetrieb beginnt nach einer Testphase ab Januar.