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2023 sollen endlich die Arbeiten für die Doppelspur bei Grellingen beginnen. Ganz zufrieden kann man in der Region trotzdem nicht sein.
Zugreisende aus dem Laufental warten seit Jahrzehnten auf den Ausbau der Bahnlinie. Bis heute verfügt die Strecke zwischen Aesch und Delémont grösstenteils über ein Gleis. Das soll sich nun endlich ändern: Läuft es nach Plan, entsteht bis Ende 2025 im Gebiet Duggingen und Grellingen ein zweites Gleis. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum weitreichenden Projekt und erklären, weshalb die Freude dennoch getrübt ist.
Die Juralinie, auf welcher der eingleisige Abschnitt liegt, ist eine wichtige Verbindungsstrecke zwischen der Deutschschweiz und der Romandie. Die Bedeutung des Doppelspur-Ausbaus wurde schon früh erkannt. Bereits 1987 stimmte das Schweizer Volk an der Urne für das Eisenbahnprojekt Bahn 2000, in dem der Ausbau enthalten war. Aus verschiedenen Gründen wurde der Bau des zweiten Gleises jedoch immer wieder hinausgeschoben. Anfang 2020 mussten die SBB mitteilen, dass die Fertigstellung nicht wie geplant im Jahr 2023, sondern erst 2025 erfolgen soll. Dagegen gab es Widerstand aus der Region: Der Solothurner Nationalrat Christian Imark (SVP) und die Baselbieter Nationalrätin Daniela Schneeberger (FDP) reichten Interpellationen ein, in der sie ihren Unmut über die erneute Verschiebung zum Ausdruck brachten.
Das bestehende Kreuzungsgleis wird in Grellingen um einen Kilometer Richtung Chessiloch und zwei Kilometer Richtung Duggingen verlängert. Zudem kommt es zu umfangreichen Massnahmen zur Verbreiterung und Absicherung des Trassees. In Duggingen entsteht ein Aussenperron mit behindertengerechtem Bahnzugang, in Grellingen wird der Bahnübergang Bahnweg aufgehoben. Die SBB schlossen das Vorprojekt im Jahr 2017 ab. Bis Anfang 2021 erarbeiten sie das Bau- und Auflageprojekt. Dieses wird anschliessend das Plangenehmigungsverfahren durchlaufen. Dazu gehört auch eine öffentliche Auflage in den betroffenen Gemeinden. Der Doppelspur-Ausbau ist Teil des Ausbauschritts 2035 der Bahninfrastruktur des Bundes und geniesst dort oberste Priorität. Als Besteller bei den SBB fungiert das Bundesamt für Verkehr. Gemäss aktuellem Stand beginnen die Bauarbeiten Anfang 2023. die Inbetriebnahme der Doppelspur soll Ende 2025 sein. Die Kosten für das Projekt betragen gemäss Schätzung 102,2 Millionen Franken.
«Das Projekt schafft im Laufental die nötigen Voraussetzungen für die zusätzliche schnelle Verbindung Biel-Delémont-Laufen-Basel», erklärt SBB-Mediensprecher Martin Meier. Während derzeit stündlich nur ein Schnellzug zwischen Basel und Biel verkehrt, soll auf dieser Strecke künftig ein Halbstundentakt herrschen. Einmal pro Stunde wird es zudem möglich sein, ohne Umsteigen von Basel nach Genf zu reisen. Eine solche Direktverbindung gibt es seit einigen Jahren nicht mehr.
Während der Bauzeit wird es zu einer fünfmonatigen Totalsperre kommen. Von wo bis wo die Strecke gesperrt ist, könne je nach Zugkategorie variieren, sagt Meier von den SBB. «Die Bauarbeiten sind leider nicht ohne einschneidende Auswirkungen auf den Bahnverkehr möglich.» Man prüfe noch, wie die Sperre optimal genutzt werden könne, um möglichst viele Arbeiten in diesem Zeitfenster auszuführen. Die SBB seien sich bewusst, dass diese Totalsperre den Reisenden viel Geduld abverlangen werde. Sie bitten darum um Verständnis und hoffen, dass der Nutzen der Bundesinvestitionen die Reisenden und die Region dennoch für das eine oder andere entschädige.
In einem Schreiben an den Baselbieter Regierungsrat äusserte sich die Promotion Laufental kürzlich sehr kritisch zum geplanten Schritt. Die Verantwortlichen der Laufentaler Wirtschaftsförderung schrieben an die Regierung: «Die mehrmonatige Totalsperrung der Strecke empfinden wir als rücksichtslos und sind nicht gewillt, diese hinzunehmen.» Die Antwort des Regierungsrats liegt bereits vor. Der Baselbieter Regierungspräsident Isaac Reber (Grüne) schreibt dazu: «Die Unannehmlichkeiten für die Kundinnen und Kunden sind so gering wie möglich zu halten.» Falls sich eine Totalsperrung aber als notwendig erweise, solle diese nicht ausgeschlossen werden.
Davon ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht auszugehen. Weitere Doppelspurstrecken seien für den Halbstundentakt zwischen Basel und Biel auf dieser Linie nicht nötig – und sollen darum auch nicht auf Vorrat gebaut werden, sagt Michael Müller, Mediensprecher beim Bundesamt für Verkehr. Ein grosser Teil der Strecke zwischen Aesch und Delsberg wird also auch nach der Realisierung der Doppelspur im Gebiet Duggingen und Grellingen nur einspurig befahrbar sein. Damit bleibt die Juralinie eine Seltenheit in der Schweiz. Gemäss SBB-Sprecher Meier gäbe es auf Fernverkehrs- und Güterverkehrslinien in der Schweiz lediglich «noch einzelne einspurig betriebene Abschnitte».