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Zwölf Diensttage am Stück und lange unbezahlte Pausen zwischen Einsätzen: Gewerkschafter fahren Postautos an den Karren.
Steigt man in der Region derzeit in ein Postauto, ist die Gefahr gross, dort auf einen müden Fahrer zu treffen. Wie Dokumente belegen, ist die Arbeitsbelastung von Chauffeuren momentan extrem hoch.
Der «Schweiz am Wochenende» wurden Dienstpläne aus dem Laufental und dem Thierstein zugespielt. Die Pläne zeigen Zustände auf, die man durchaus als prekär bezeichnen könnte. Im aktuellen Monat ist es keine Seltenheit, dass die Chauffeure zwölf Tage hintereinander ohne einen einzigen Ruhetag im Postauto sitzen müssen. Teilweise folgen sogar zwei solcher Monster-Einsätze aufeinander, zwischen denen lediglich zwei Ruhetage liegen.
An gewissen Tagen sind die Fahrer zwar rund siebeneinhalb Stunden im Dienst, werden aber nur für einen geringen Teil davon effektiv bezahlt. Grund dafür sind stundenlange unbezahlte Pausen zwischen den Einsätzen. So tritt in einem konkreten Fall ein Fahrer morgens um 5.47 Uhr seinen Dienst an und fährt dann bis um 7.13 Uhr. Anschliessend hat er eine fünfstündige unbezahlte Pause bis um 12.13 Uhr. Danach steht er nochmals eine Stunde im Einsatz bis um 13.13 Uhr, woraufhin sein Arbeitstag beendet ist.
Zuständig für arbeitsrechtliche Anliegen des Postauto-Personals ist die Gewerkschaft Syndicom. Sheila Winkler, Zentralsekretärin Sektor Logistik, sagt zu den zwölf aufeinanderfolgenden Arbeitstagen: «Das ist eine skandalöse Diensteinteilung, die in meinen Augen mit einer mangelhaften Planung und Personalengpässen zusammenhängt.» Sie betont jedoch, dass solche Einsätze legal seien und verweist auf das Arbeitszeitgesetz für Angestellte in Unternehmen des öffentlichen Verkehrs. In Artikel 20 der Verordnung heisst es dort: «Nach einem Ruhetag dürfen höchstens 13 Tage ohne Ruhetag folgen.»
Mit den Diensten in diesem Juli bewegt sich Postauto nahe an der Grenze des Erlaubten. Für die Syndicom-Zentralsekretärin ist deshalb klar: «Das Unternehmen macht zwar nichts Illegales, diese Einsätze sind aber nicht im Sinne des Gesundheitsschutzes.» Zu den stundenlangen unbezahlten Pausen zwischen den Einsätzen meint Sheila Winkler: «Gerade für Vollzeit-Arbeitende sind solche Dienste problematisch.» So hätten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zwar eine lange Präsenzzeit, kämen aber oftmals nicht auf die festgeschriebene Sollarbeitszeit von sieben Stunden pro Tag.
Gleichzeitig nimmt Winkler den Transportbetrieb auch ein wenig aus der Schusslinie: «Ein grosses Problem sind die Besteller der Postauto-Linien, in diesem Fall die Kantone Baselland und Solothurn.» Oftmals würden sich die Besteller nicht ausreichend mit den Leistungserbringern absprechen, sodass es zu Diskrepanzen zwischen den bestellten Fahrten und dem zur Verfügung stehenden Fahrpersonal komme. Die Leidtragenden seien letztlich die Chauffeure.
Mit den Dienstplänen konfrontiert, stellt Postauto klar: «Die Sicherheit der Fahrgäste und des Fahrpersonals ist uns sehr wichtig. Wenn sich ein Fahrer nicht fit fühlt, muss er sich nicht ans Steuer setzen», schreibt Mediensprecher Urs Bloch auf Anfrage. Wenn immer möglich, wolle man solche langen Arbeitsphasen verhindern.
Anlässlich von Fahrerversammlungen habe sich eine Mehrheit des Fahrerteams für den vorliegenden Dienstplan entschieden. Mit dieser Wahl einher ginge der Entscheid der Chauffeure für mehr zusammenhängende Arbeitstage am Stück. In der derzeitigen Sommerferienzeit lasse sich dies, damit möglichst viele Ferienwünsche von Fahrern mit Familie erfüllt werden könnten, kaum vermeiden.