Bauernfasnacht
Diesmal blieb das Hutzgüri in Rothenfluh irgendwie handzahm

Der Heische-Clan wurde bei seinem diesjährigen Streifzug durch das Oberbaselbieter Dorf ziemlich wohlwollend empfangen. Gleichzeitig schien es fast so, als wolle das Hutzgüri sein Raubritter-Image abstreifen.

Otto Graf
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Das Hutzgüri macht heuer wieder Rothenfluh unsicher. Bei Kuckis Töffladen spielt es kurz mit dem Gedanken, auf einen fahrbaren Untersatz umzusatteln.

Das Hutzgüri macht heuer wieder Rothenfluh unsicher. Bei Kuckis Töffladen spielt es kurz mit dem Gedanken, auf einen fahrbaren Untersatz umzusatteln.

Juri Junkov

Was ist los mit dem Hutzgüri? Leidet es an Long-Covid? Oder will es sein Image als streitbarer Raubritter ablegen? Jedenfalls fiel der nächtliche Streifzug durch die Gassen des Fleckens unter der Roten Flue heuer ziemlich zahm aus. Grössere Flur- und Gebäudeschäden richtete die Clique auf ihrem dreistündigen Streifzug nicht an.

Ebenso wenig wurden Katzen gestreckt oder Dächer abgedeckt, wie es im Heischespruch angedroht wird, sollten sich die auserwählten Eingeborenen den Anordnungen des Hutzgüris widersetzen. Drei Tage vor dem Überfall hatten es drei Frauen und fünf Mannen schriftlich, Geräuktes, Hochprozentiges und dergleichen in gehörigen Portionen bereitzustellen und den Clan ja nicht mit leeren Händen zu empfangen.

Wer den Clan nicht mit üppig Speis und Trank empfängt, hat fürwahr nichts mehr zu lachen. Hier schien man dieses Risiko nicht eingehen zu wollen.

Wer den Clan nicht mit üppig Speis und Trank empfängt, hat fürwahr nichts mehr zu lachen. Hier schien man dieses Risiko nicht eingehen zu wollen.

Juri Junkov

Zudem stand auch noch in der Zeitung, was die Betroffenen zu tun und zu unterlassen hätten, um üblen Folgen zu entgehen. Item, alle Angesprochenen empfingen das Hutzgüri mit dem Schärmuuser, dem Bott und den beiden Eierwyybli im Schlepptau mit einer reich gedeckten Tafel.

Beim neuen Mehrfamilienhaus von Michelis, so der Dorfname, spielte das Hutzgüri mit dem Gedanken, seine Höhle, das Oberloch an der Roten Flue, gegen Logis im Dorf einzutauschen, verwarf aber den Gedanken gleich wieder. Beim Motorradgeschäft von Kucki stachen dem illustren Quintett vor allem die grossen Töffs in die Augen. Sogar die Eierwyybli träumten davon, sich im Seitenwagen ins Oberloch chauffieren zu lassen.

Noch scheint dem lokalen Nachwuchs das heimische Fasnachts-Brauchtum nicht so ganz geheuer zu sein.

Noch scheint dem lokalen Nachwuchs das heimische Fasnachts-Brauchtum nicht so ganz geheuer zu sein.

Juri Junkov

Im Sumpfgebiet Dübach flutet der gleichnamige Bach immer wieder ganze Strassenzüge. Leider, stellte der Bott fest, liege bei Salome Blaser, die ihre Brötchen scheint’s mit dem Füttern der Raubtiere im Zolli verdient, das vorgeschriebene Rettungsboot noch nicht vor Anker. Immerhin, sagte der Sprecher der Bande weiter, lägen auf dem Balkon notfalls zwei Schwimmflügeli bereit, sollte die nächste Flutwelle des Dübachs heranrauschen.

Die Steuerakten hat es doch nicht fortgespült

Wen der Schauder nicht befiel, durfte sich

Wen der Schauder nicht befiel, durfte sich

Juri Junkov

Weiter oben, wo sich kein Dübach austoben kann, füllte im letzten Juni nach dem Starkregen ein Hangrutsch das ganze Untergeschoss der Residenz von Ratsherr Nicolas Jeffries. Indes zweifelte der Hutzgüri-Clan, ob es sich wirklich so zugetragen hatte. «Es handelte sich, sagen wir einmal, um eine zufällige Verknüpfung unglücklicher Umstände», erklärte der Bott und wiederholte die uralte Forderung nach einer geteerten Strasse hinauf ins Oberloch.

«Alle Steuererklärungen, die das Juni-Hochwasser aus den Katakomben der Gemeindeverwaltung bachab gespült hat, haben der Dübach und die Ergolz wieder an Land gespült», eröffnete Verwaltungsangestellte Daniela Hasler ihren Steuerkunden, die insgeheim gehofft hatten, der Fiskus würde sie verschonen.

Noch ein letztes Gruppenbild mit Hutzgüri, dem Schärmuuser, dem Bott und den beiden Eierwyybli. Die Zeit bis zum nächsten Jahr wird der Clan dank Öpfelschnaps-Booster problemlos überstehen.

Noch ein letztes Gruppenbild mit Hutzgüri, dem Schärmuuser, dem Bott und den beiden Eierwyybli. Die Zeit bis zum nächsten Jahr wird der Clan dank Öpfelschnaps-Booster problemlos überstehen.

Juri Junkov

Die Corona-Pandemie habe man gut gemeistert, meinte der Bott und präzisierte: «Wir boostern jeden Tag mit Burgermeister und Öpfelschnaps.» Das Leiterwägeli und die Hutten der Eierwyyblivoll mit Fressalien und Tranksame voll beladen, entschwand der Trupp mit Getöse in die dunkle Hornignacht.