Recherchen der bz zeigen, dass die vom Kanton geplanten und vor gut einem Jahr angekündigten neuen Proberäume für Orchester mittlerweile auf der Kippe stehen. Noch immer sind bauliche Fragen offen. Und es ist ebenfalls unklar, ob das Projekt überhaupt kostendeckend betrieben werden kann. Doch: Sollte das Vorhaben nicht umsetzbar sein, hätte der Kanton Millionen in den Sand gesetzt.
«Aus heutiger Sicht sind wir sehr froh, haben wir auf unser eigenes Projekt gesetzt», sagt Felix Heri von der Basel Sinfonietta. Ähnlich äussert sich Marcel Falk vom Kammerorchester Basel. Dabei hatte es vor rund einem Jahr noch so gut geklungen: Die Basler Regierung hatte mitgeteilt, dass sie für 5,86 Millionen Franken die Christi-Kirche am Picassoplatz gekauft hat.
Die Liegenschaft solle zu Orchesterproberäumen umgebaut werden. Denn daran besteht in Basel grosser Mangel, der sich mit dem Umbau des Stadtcasinos noch zugespitzt hat. Der Kanton wollte deshalb vorwärtsmachen. Nach dem nötigen Umbau des Kirchengebäudes sollten Proberäume bereits im vergangenen Frühling bezugsbereit sein. Den Betrieb sollte das Sinfonieorchester Basel übernehmen. Doch passiert ist seither nichts.
Das Projekt verzögert sich um mindestens zwei Jahre. Frühestens Ende 2018 dürfte es bereit sein. Die Verzögerungen hätten bauliche Gründe, erklärt Barbara Neidhart. «Die Nutzungsanforderungen und der bauliche Umgang mit dem eingetragenen Denkmal haben sich als komplexer herausgestellt als ursprünglich angenommen», sagt die Sprecherin von Immobilien Basel-Stadt. Noch werde das Projekt zusammen mit der Denkmalpflege erarbeitet. Auch das Präsidialdepartement stellt klar, dass der Kanton weiter an seinen Plänen festhält.
Doch es gibt nicht nur bauliche Probleme. So steht der Betrieb der Proberäume weiterhin auf tönernen Füssen – trotz einer Absichtserklärung. Denn das Sinfonieorchester Basel (SOB) ist sich alles andere als sicher, ob es das Projekt wird kostendeckend betreiben können. «Wir sind mit dem Kanton noch nicht auf dem gleichen Nenner, was die erforderlichen Mieteinnahmen angeht», sagt SOB-Geschäftsleiter Franziskus Theurillat. Der Kanton habe hier klar zu hohe Vorstellungen. «Wir wollen nicht in die gleiche Klemme geraten wie das Kunstmuseum.»
Die Schwierigkeit: Um die geplanten Proberäume kostendeckend betreiben zu können, braucht es genügend Nutzer, die sich die Mieten leisten können. Sowohl das Kammerorchester Basel als auch Basel Sinfonietta sind aber frühzeitig abgesprungen, Sie haben sich für ein eigenes Projekt entschieden: Die ehemalige Don-Bosco-Kirche im Breite-Quartier soll ebenfalls zu Proberäumen umgebaut werden. Die Finanzierung stehe. In einem Jahr soll das Projekt bereit sein. «Beim kantonalen Projekt waren uns schlicht zu viele Fragen offen», sagt Kammerorchester-Chef Falk. «Das Don-Bosco-Projekt wird für uns eine Riesenerleichterung», ergänzt Sinfonietta Geschäftsführer Heri. Denn das Raumproblem habe sich mittlerweile zugespitzt.
Mittlerweile scheint auch dem Kanton nicht mehr ganz wohl zu sein. Wie mehrere Quellen bestätigen, habe Sonja Kuhn von bz-Recherchen aufgeschreckt in der Szene Gespräche geführt. Die Leiterin der Kulturabteilung habe sich erkundigt, ob es andere Interessenten für den Betrieb der Proberäume am Picassoplatz gebe. Vom zuständigen Präsidialdepartement war dazu gestern keine Stellungnahme erhältlich. «Ich habe ebenfalls gehört, dass der Kanton die Fühler nach anderen potenziellen Betreibern ausstreckt», sagt SOB-Geschäftsleiter Theurillat. «Diese aber sollten sich bewusst sein, dass sie sich da auf keine einfache Aufgabe einlassen würden.»
Nach dem Absprung von gleich zwei grossen Orchestern wankt das kantonale Projekt. Gefallen aber ist es noch lange nicht. Sowohl das Präsidialdepartement als auch das Sinfonieorchester geben sich weiterhin zuversichtlich: «Ich bleibe guten Mutes, dass das Vorhaben letztlich wie geplant umgesetzt wird», sagt Theurillat. «Es handelt sich um ein tolles Projekt, an dem alle beteiligten Seiten weiter ein grosses Interesse haben.»
Von der grossrätlichen Bildungs- und Kulturkommission wird das Projekt hingegen mittlerweile mit Skepsis betrachtet: «Die Regierung scheint einfach mal Geld ausgegeben zu haben, bevor die nötigen Abklärungen getroffen worden sind», sagt ein Mitglied. «Es bleibt zu hoffen, dass die Millionen nicht in den Sand gesteckt worden sind.»